Antworten aus dem Volk: Was halten die Russen von Donald Trump?

Alexander Kislow
Ein US-amerikanischer Schriftsteller geht den in den USA weit verbreiteten Verschwörungstheorien nach, die besagen, dass Russland bei der Wahl von Donald Trump die Hände im Spiel gehabt habe. Was sagen eigentlich die Russen dazu?

Wenn ich einen Heimatbesuch in den Staaten mache, wollen meine Landsleute vor allem eines von mir wissen: „Was denken die Russen über Trump?” „Sie halten ihn für einen Witz”, antworte ich ihnen. Dann sagen sie meist: „Die Russen sind schuld daran, dass er Präsident geworden ist.”

Die Russen nähern sich dem Thema Trump anders. Wenn sie mitbekommen, dass ich Amerikaner bin, dann setzen sie mir gegenüber ein Gesicht auf, wie ein Lehrer beim Elternsprechtag. Dann fragen sie mich: „Und warum hast Du Trump gewählt?”

Sie fragen nicht, warum wir, die Amerikaner, Trump gewählt haben. Nein, es scheint, als unterstellten sie mir, ganz alleine 300 Millionen Stimmen gesammelt zu haben und damit diesen Typen ins Weiße Haus gebracht zu haben.

Als mir wieder einmal ein Freund aus Sankt Petersburg diese Frage gestellt hat, habe ich ihn gefragt: „Warum betont ihr die Frage immer so, als habe ich höchstpersönlich für Trumps Wahlsieg gesorgt. Wenn ich in den USA bin, machen sie euch Russen dafür verantwortlich.”

Darüber konnte er nur lachen und sagte: „Ihr redet immer so viel über freie Wahlen und Demokratie, da sollten die Amerikaner auch die Verantwortung übernehmen. In vielen Teilen der Welt hat man gar keine Wahl. Trumps Wahl hat bei mir den Eindruck hinterlassen, dass die Mehrheit der US-Wähler ungebildet und rechtsgerichtet ist.”

Als ich mir diese Antwort nochmal durch den Kopf gehen ließ, fiel mir kein Grund ein, warum er nicht so denken sollte. Auf der Welt haben viele Menschen nicht die Möglichkeit, sich ihren Führer auszusuchen. Und es ist eine anerkannte Tatsache, dass Politik ein Spiel der Reichen und Mächtigen ist. Indem immer wieder betont wird, dass in den USA ein jeder das Recht habe zur Wahl zu gehen (obwohl es sich ja tatsächlich um eine repräsentative Demokratie handelt), müssen die Amerikaner auch für das Ergebnis solcher Wahlen die Verantwortung übernehmen. Stattdessen wälzen sie die Schuld auf die Russen ab. Ich habe mich unter Russen umgehört und gefragt, was sie davon halten. Fast immer bekam mein Gegenüber erst einmal einen Lachanfall. Zu den häufigsten Antworten, die ich zu hören bekam, gehörten diese hier:

„Trump ist den Russen egal”, meist gefolgt von: „Er ist ein Witz.”

Einer fasste es wie folgt zusammen: „Wir Russen betrachten Trump eher unter humoristischen Gesichtspunkten: es ist nur eine weitere Sache, über die wir uns lustig machen können und ein weiteres Zeichen dafür, dass die Amerikaner dabei sind, als Nation zu scheitern und ihr Präsident hilft ihnen dabei.”  Dann habe ich ihn gefragt. „Ok, aber viele behaupten, dass Trump mit Russland zusammengearbeitet habe und finden, dass er Putin zu nahe steht. Was denkt ihr darüber?” Er zuckte mit den Schultern und sagte: „Trump ist ein Clown. Er ist lustiger als Putin. Trump ist wie Will Smith im Film ‚Men in Black’, während Putin sein grimmiger und ernster Freund ist.”

Als Amerikaner bin ich der Ansicht, dass es, welche Rolle auch immer Russland bei Trumps Machtübernahme gespielt haben mag, sie ihn nicht zum Sexisten, Rassisten und Größenwahnsinnigen gemacht haben. Doch alles, was die Amerikaner wissen wollen ist: „Hat Trump mit Russland zusammengearbeitet?” Als wäre dies der einzige Nagel zum Sarg dieses Kapitels der amerikanischen Geschichte.  

Antworten, die Leser gegeben haben:

Psychologe, 46 Jahre:

"Die Menschen denken einfacher, sie lesen weniger und denken weniger nach. Sie informieren sich lieber in Massenmedien und finden dort einfache populistische Lösungen."

Ein anderer Leser erwähnte die Ergebnisse einer Umfrage, die von einer Universität durchgeführt wurde:

3 000 Russen im Alter von 18 bis 60 Jahren (1 674 Männer und 1 326 Frauen) wurden im September 2016 befragt. Unter anderem kam dabei heraus, dass weniger als die Hälfte der Russen in Trump einen Verbündeten sehen. Bei einer erneuten Umfrage zwei Jahre später waren es sogar nur noch 17 Prozent. Ähnlich wie viele Amerikaner zum Zeitpunkt der US-Wahlen kannte eine Mehrheit der Umfrageteilnehmer Trump vor allem als Geschäftsmann.

Hier sind die Ergebnisse der letzten Umfrage:

  • Donald Trump ist unser Verbündeter  (17%)
  • Donald Trump ist unser geopolitischer Gegner (32%)
  • Donald Trump hat kein Interesse an einer Veränderung in den Beziehungen zwischen Russland und den USA
  • Es ist schwer, die Situation einzuschätzen (23 Prozent)

Jegor, Geschäftsmann, 32 Jahre:

"Da ich immer versuche, das Gute im Menschen zu sehen, glaube ich, dass viele, die Trump gewählt haben, ihn nicht in allen Aspekten unterstützen. Er erschien nur als ein Weg, das Establishment zu brüskieren und war außerdem ein deutliches Signal an die andere Seite der Wählerschaft, dass Sozialismus auf amerikanischem Boden inakzeptabel ist. Er ist ein trauriger Beweis für die weltweite Tendenz, dass sich Demokratie nicht gegen billigen Populismus behaupten kann."

Julia, Architekturstudentin, 20 Jahre:

"Trump wird in den Massenmedien als nicht ernstzunehmender politischer Charakter dargestellt. Er wird als ein belustigender, wütender, reicher Kerl mit einem schlechten Friseur porträtiert. Niemand kennt oder spricht über seine politische Agenda oder spricht aus, was an seiner Präsidentschaft so schlecht ist. Was die Russen wissen ist, dass die Amerikaner ihren Präsidenten nicht besonders mögen. Den Russen gefällt es, dass Trump gewählt wurde. Sie vergleichen ihn mit Putin. Er ist ein autoritärer weißer Mann, der vom Rest der Welt gehasst wird. Einige glauben, dass Putin die Wahl beeinflusst hat."

Benjamin Davis ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, der in Russland lebt. Er spricht viel mit Russen, um deren Meinung zu den verschiedensten Themen herauszufinden, von ernsthaft bis völlig sinnlos.

>>> Bildergalerie: Wenn Trump in Russland leben würde

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