Diese Zeit im Leben, wenn wir noch fest an die Existenz von Väterchen Frost glauben, ist voller Magie. Wir haben keine Zweifel, wir wollen es einfach nicht sehen, obwohl es doch so offensichtlich ist. Der inzwischen 27-jährige Oleg erinnert sich daran, dass er nie überlegt hat, warum sein Vater nie da war, wenn Väterchen Frost auftauchte.
Georgi, 35 Jahre alt, dachte nicht im Traum daran, dass seine Mutter diejenige war, die all die Briefe an Väterchen Frost, die er aus dem Fenster geworfen hat, eingesammelt hat.
Doch irgendwann ist es soweit. Wir werden mit der bitteren Wahrheit konfrontiert: es gibt kein Väterchen Frost. So ging es auch Alexandra: „Ich war bereit. Ich wollte Väterchen Frost dabei erwischen, wie er durchs Fenster flog. Ich war sogar besorgt, weil die Häuser in unserem Block zum Teil vergitterte Fenster im Erdgeschoss hatten. Doch ich sah ihn nicht. Stattdessen sah ich meine Eltern, wie sie ganz leise die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legten.“
Das ist nicht die einzige Geschichte dieser Art. Oleg berichtet: „Als ich fünf Jahre alt war, war es mein Vater, der als Väterchen Frost verkleidet war. Ich habe nichts gemerkt. Aber einige Jahre später hatte ich einen Flashback wie in einem Hollywood-Film. Da wurde mir klar, dass alles nur eine Lüge war. An jenem Morgen trug ich ein Kostüm, das meine Mutter genäht hatte. Sie nannte es ‚mysteriöse Person‘. Es war ein Pappzylinder, ein schwarzer Umhang und eine karierte Strickjacke. Sehr schick!
Dann kam Väterchen Frost und wandte sich sofort der ‚mysteriösen Person‘ zu. Woher konnte er nur wissen, dass ich das war? Im Stillen bewunderte ich ihn für seine investigativen Fähigkeiten. Doch erst zwei Jahre später kam ich dahinter, was die Rolle meines Vaters in dieser ganzen Scharade war. Ich habe ihn verhört. Er hat schließlich alles gestanden.“
Manchmal sind es die Kinder selbst, die plötzlich in die Rolle von Väterchen Frost gedrängt werden. Der 33-jährige Gleb erinnert sich noch gut an den Tag, an dem sein Kindheitsglaube erschüttert wurde: „Meine Mutter hat mich als Väterchen Frost verkleidet, damit ich der freundlichen alten Dame nebenan ein frohes Neujahr wünsche. Da war mir alles klar. Es gab keine Zweifel mehr.“
Viele Eltern versuchen, den Glauben ihrer Kinder an Väterchen Frost lange zu erhalten. Das geht manchmal schief, wie die 25-jährige Katja erzählt: „Ich war gegen Mitternacht immer sehr misstrauisch. Ich habe das Fenster nicht aus dem Auge gelassen, durch das Väterchen Frost kommen sollte. Zugleich bemerkte ich, dass meine Eltern immer nervöser wurden. Sie wollten mich aus dem Raum mit dem Weihnachtsbaum haben. Da dämmerte es mir und ich sagte: ‚Schluss mit der Show. Ich weiß alles.‘ Doch meine Eltern machten einfach weiter und behaupteten steif und fest, es sei Väterchen Frost, der die Geschenke bringe.“
Manche Familien stellen von Beginn an klar, dass es die Gaben von den Eltern gibt. Manchmal sind es dann die Großeltern, die versuchen, für die Kinder den Zauber von Väterchen Frost aufrechtzuerhalten. So auch die Großmutter von Wassili, 31 Jahre: „Dass meine Eltern die Geschenke kauften, wusste ich von frühester Kindheit an. Doch bei Oma gab es den magischen Kühlschrank. Es war ein sehr alter Zil-Kühlschrank. In einem kleinen Fach lag immer ein Geschenk und ein Brief von Väterchen Frost für mich. Erst mit sechs Jahren wurde mir klar, dass der Kühlschrank gar nicht so magisch war. Doch meine Großmutter war auch auf diesen Moment vorbereitet. Sie hatte einen Brief hineingelegt, in dem stand, dass der Kühlschrank nun zu alt sei und seine Zauberkraft verloren hätte.“
Leider taucht Väterchen Frost inzwischen um Neujahr herum überall auf und sieht immer anders aus. Das Besondere und Einzigartige der Figur ist verloren gegangen und die Kinder sind manchmal verwirrt. Die vierjährige Tochter von Maria hat sogar ihre Mutter gefragt, ob Väterchen Frost ein Beruf sei.
Wie war es bei Ihnen? Verraten Sie uns in den Kommentaren, wie lange Sie an Väterchen Frost (oder den Weihnachtsmann) geglaubt haben? Oder haben Sie ganz andere Traditionen gelebt?
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