Im Süden blüht immer etwas: Ambrosia, Sonnenblumen und deren Verwandte – von Juni bis September. Allergien trifft man hier genauso häufig an wie Touristen.
Es ist normal, dass die Menschen hier nicht wissen, wie man den Automotor mit Strom aufwärmt oder dass man morgens vor der Arbeit mit einer Schaufel das Auto aus einer Schneewehe ausgräbt – im Winter ist die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, aber an Schnee ist hier nicht zu denken. Will man einen typisch russischen Winter erleben, muss man schon in das Skigebiet Krasnaja Poljana fahren.
Von Adler bis zur Grenze zu Abchasien sind es 10 – 15 Autominuten. Busse, Züge, Marschrutkas und natürlich Taxis fahren dorthin. Die abchasische Tourismusinfrastruktur liegt in Trümmern, aber das wirkt sich nicht auf die herrliche Natur und die fast kostenlosen Früchte aus. Die Südrussen fahren deshalb regelmäßig nach Abchasien.
Die Häuser wurden schon vor langer Zeit von den Moskauern aufgekauft. Selbst eine Neubauwohnung in Küstennähe ist für die Einheimischen nicht erschwinglich – sie lassen sich in den Vororten nieder und stehen jeden Tag mit ihren Autos fast genauso im Stau wie die Moskauer bei sich zu Hause.
Oder nur sehr selten. Im Sommer arbeiten sie hart, um die Touristensaison optimal zu nutzen und etwas Geld für den Winter zu sparen. Sie baden nur dann im Meer, wenn sie Besuch aus anderen Teilen Russlands haben, um ihm Gesellschaft zu leisten. Mit der Zeit hören die Bewohner des Südens auf, dieser riesigen Pfütze überhaupt Aufmerksamkeit zu schenken. Verrückt!
2017 wurde in Sotschi eine legale Glücksspielzone eröffnet (insgesamt gibt es davon nur vier in ganz Russland), aber die meisten Einwohner Sotschis gehen – wenn überhaupt – nur deshalb dorthin, um sich anzuschauen, wie Touristen das Monatsgehalt eines Durchschnittsrussen auf innerhalb von einer Minute verspielen.
Es sind die Touristen, die die Preise in den Supermärkten und Restaurants in die Höhe treiben. Manchmal entzieht sich die Preisgestaltung jeder Logik – zum Beispiel kann Fisch, der frisch am Pier gefangen wurde, genau so viel kosten wie in einem Supermarkt im 1.600 km entfernten Moskau. Außerdem verursachen Touristen Staus, stören den Schlaf der Einheimischen in der Nacht, verstopfen die Fußwege und sind überhaupt die Quelle vieler sozialer Probleme. Wenn die Einheimischen nicht vom Tourismus abhängig wären, hätten sie schon längst eine Mauer um ihre Städte gebaut.
Es gibt Wohnungen in Sotschi, wie sie fast nirgendwo sonst in Russland zu finden sind. Es handelt sich um die so genannten Wohngaragen – eine ehemalige Garage, die zu Wohnraum umgebaut wurde. Auf diese Weise lösen die Einheimischen das Wohnungsproblem. Es gibt Wohngaragen-Siedlungen, in denen ganze Familien wohnen.
Es gibt zwei Gründe, warum die Bewohner der Urlaubsstädte nicht besonders gerne im Garten arbeiten. Erstens ist das Land zu teuer, um Tomaten und Gurken anzubauen. Und jedes unbesetzte Stück Land wird heute für den Bau von Unterkünften und deren Vermietung genutzt. Das treibt den Preis für alles in die Höhe. Daher die absurd hohen Preise für Obst und Gemüse hier.
Zweitens hat jeder Gärtner im Süden mächtige Feinde in Form zahlreicher kriechender und fliegender Kreaturen, die im Winter nicht erfrieren, sich mit Lichtgeschwindigkeit vermehren und alles verschlingen. Wenn Sie einmal anfangen, etwas anzubauen, bekommen man alles Mögliche zu Gesicht: Würmer, die die Tomaten von innen auffressen, Blattläuse, die die Blumen anknabbern, und falscher Mehltau auf den Gurken... ganz zu schweigen von den Heuschrecken!
In der Region Krasnodar leben knallharte Kosaken. Sie patrouillieren auf den Straßen, sorgen für Recht und Ordnung, bewachen öffentliche Veranstaltungen und reisen gelegentlich in andere russische Städte, um diese Aufgaben auch dort zu erfüllen. Kosakenpatrouillen gehören längst zum Alltag. Und jeder weiß, dass es besser ist, sie nicht zu verärgern. Sonst könnte man vor aller Augen ausgepeitscht werden – und das völlig legal!
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