Wundern Sie sich nicht, wenn Ihnen im winterlichen Moskau Menschen begegnen, die trotz der frostigen Temperaturen nur ein T-Shirt tragen. Wir erklären ihnen, was dahintersteckt.
Ich liebe Experimente. Der September 2018 erwies sich als ziemlich warm. Dann kam der Kälteeinbruch und ich habe mich gefragt, was wohl passiert, wenn ich einfach weiterhin nur ein T-Shirt tragen würde.
Mein Körper passte sich der Kälte schnell an. Auch bei -1 °C fühlte es sich nicht so schlecht an. Eines Tages ging ich bei -10 °C nur mit T-Shirt bekleidet nach draußen … „Du frierst. Zieh Dir etwas an!“, schrie der Körper.
Nun gilt es, diese Überlebensmechanismen außer Kraft zu setzen und nicht der Versuchung zu erliegen, sich aufzuwärmen. Die Leute hielten mich für verrückt. Eine Frau nahm mich bei der Hand und wollte mir warme Kleidung besorgen.
Beim ersten Mal war ich ungefähr eine Stunde draußen und ich ging noch öfter ohne warme Kleidung in die Kälte. Etwas unwohl fühlte ich mich lediglich bei -20 °C, aber nicht genug, um deshalb Tausende von Pullovern anzuziehen.
Seit ich 19 bin, laufe ich im Winter barfuß und trage leichte Kleidung. Damals war ich auf der Suche nach mir selbst. Ich trank keinen Alkohol mehr, verließ das College und trennte mich von meiner Freundin.
Im Frühjahr war ich auf einem Festival bei Sankt Petersburg und lief dort eine Woche barfuß herum. Zurück in Moskau warf ich meine Schuhe weg.
Viele haben mich gefragt, warum, aber ich hatte keine Erklärung. Es steckte keine tiefe Überzeugung dahinter, es war mehr Neugier. Die Aufmerksamkeit hat mich außerdem angespornt, das muss ich zugeben.
Ich bin den ganzen Sommer und Herbst über barfuß gegangen. Der Winter war ein wenig kühl, also ging ich barfuß, trug aber Fleece-Overalls. Im nächsten Winter ging ich barfuß und trug nur noch eine Fleece-Hose und eine leichte Jacke. Im dritten Winter ging ich barfuß und nur noch in Shorts und T-Shirt.
Mein allererster Spaziergang erfüllte mich mit so viel positiver Energie, dass ich weitermachen wollte. Zuerst traute ich mir selbst nicht und hatte warme Kleidung und Schuhe im Rucksack. In zehn Jahren habe ich sie nicht einmal getragen!
Ab dem vierten Jahr wechselte ich zu Kleidung aus natürlichen Materialien. Die Haut passt sich den Temperaturen schneller an, wenn sie atmen kann, sodass Sie die Kälte kaum spüren.
Spaziergänge in der Kälte verändern Ihre Wahrnehmung. Sie fühlen sich allmächtig, das Gehirn arbeitet schneller. Ich lief nicht nur draußen, manchmal schlief ich auch dort und verzichtete sogar auf Essen und Trinken. Ich wurde Vegetarier und badete regelmäßig in Eislöchern.
Davon mache ich heute kaum noch etwas. Aber ich gehe immer noch gerne barfuß und trage auch bei Kälte leichte Kleidung. Das werde ich wohl auch für den Rest meines Lebens machen.
Das erste Mal lief ich in der Schule draußen mit nacktem Oberkörper herum, um mich vor meinen Freunden wichtig zu machen – fünf Minuten lang. Als Folge davon bekam ich eine Lungenentzündung und bis zu meinem 25. Lebensjahr zog ich mich danach immer warm an, manchmal zu warm. Meiner Gesundheit hat das nichts genutzt. Asthma, Bronchitis, Allergien, Nebenhöhlenentzündungen und auch Lungenentzündungen waren meine ständigen Begleiter.
Irgendwann beschloss ich, mich abzuhärten. Fünf Jahre lang praktizierte ich Wechselduschen, aber auch das reichte nicht. Im Jahr 2015 habe ich beschlossen, etwas Extremeres auszuprobieren. Also begann ich, immer weniger Kleidung zu tragen. Zuerst trug ich noch eine warme Jacke und einen Pullover, dann tauschte ich die Jacke gegen eine leichte Windjacke und später ging ich nur noch mit Pullover bekleidet nach draußen. Das war alles rein intuitiv. Ich habe nicht recherchiert, wie man sich abhärtet.
Eines Tages, es waren -20 °C, beschloss ich, nur im T-Shirt einkaufen zu gehen. Ich rannte fast dahin, meine Hände brannten vor Kälte. Es war so wunderschön, in meine warme Wohnung zurückzukommen. Dieses großartige Gefühl werde ich nie vergessen. Seitdem liebe ich es, diesen Unterschied zwischen Wärme und Kälte zu spüren.
Damals fürchtete ich, nun sofort krank zu werden, doch nichts passierte. Ich habe gemerkt, dass es mir Spaß macht, meinen Körper herauszufordern und seine Schwäche zu überwinden. Ich bin von vielen meiner früheren Krankheiten geheilt, mein Organismus ist stärker geworden.
Ich sage nicht, dass das für jeden der richtige Weg ist, das Immunsystem zu stärken. Wichtig ist in jedem Fall, dass man ihn langsam, Schritt für Schritt, geht.
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