Der Bienenkönig: Dieser Mann begeistert auf TikTok mit Videos über Bienen

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TikTok mal anders: Keine Tänze, keine Challenges, sondern nur Summen und Brummen und Unmengen Honig.

Das Dorf Muratowo liegt 83 km von St. Petersburg entfernt. Es besteht aus 40 einfachen Holzhäusern, die im Winter von Schneeverwehungen und im Herbst und Frühling von Schlamm und Pfützen umgeben sind. Die Einheimischen nennen das dann ihre Straße.  

Im späten Frühling und Sommer wird eines dieser Häuser zu einem Albtraum für jeden, der in seiner Kindheit einmal von einer Wespe oder Biene gestochen wurde. Dann taucht der Imker Andrei Dobrosozki auf, um sich um die 30 bis 40 Bienenstöcke auf dem Grundstück seiner Tante zu kümmern.

Dobrosozki ist der beliebteste russische Imker-Blogger auf TikTok (zugegebenermaßen nicht der am härtesten umkämpfte Titel). Einige seiner Videos der gestreiften und geflügelten Insekten werden bis zu sieben Millionen Mal angesehen. 

Wir erklären, wie ein Imker zum Social Media Star wurde und warum seine Bienenvideos nicht nur den Absatz von Honig steigern, sondern sogar den Planeten retten könnten. 

Lust auf Landleben 

Andrei hat zum ersten Mal vor elf Jahren daran gedacht, aufs Land zu ziehen. Damals war er 27 Jahre alt und arbeitete als Koch in St. Petersburg. „Als Kind und Teenager ging ich jeden Sommer in das Dorf meiner Großmutter in der Ukraine. Dort habe ich gelernt, Ziegen und Kühe zu melken und mich um den Garten zu kümmern. Als ich 27 wurde, erinnerte ich mich daran, wie schön ein Leben ohne Stau und Menschenmassen sein kann“, erzählt der Blogger. 

Er beschloss, zu seiner Tante zu ziehen, einem Dorf außerhalb von St. Petersburg. Schnell erkannte er, dass er neben seiner Arbeit als Koch noch etwas hinzuverdienen musste. Dobrosozki hatte keine Lust, Kühe oder Hühner zu züchten (er ist gegen das Schlachten von Tieren). Doch der Mensch lebt auch nicht nur von Milch und Gurken. Die Lösung, dachte er, könnte die Imkerei sein, also begann er sich im Internet zu informieren. 

„Bienen produzieren ihr eigenes Essen und man muss sie nicht töten. Außerdem hatte ich nie Angst vor Bienen. Die einzige Schwierigkeit bestand darin, meine Tante zu überreden, die Bienenstöcke auf ihrem Land aufzustellen. Für sie, eine 70-jährige Frau, schien ich ein verrücktes Kind zu sein, das beschlossen hatte, Killerbienen in den Ort zu bringen“, erinnert sich der Bienenfreund. 

Wie genau er sie überredet hat, weiß Andrei nicht mehr, aber schließlich stimmte die Tante zu, obwohl sie Angst vor den summenden Tieren hatte. Was Andrei nie vergessen wird ist, dass er seine geliebte Fotoausrüstung verkaufen musste (er war begeisterter Amateurfotograf), um sich die ersten Bienenstöcke kaufen zu können.

„Wie sich herausstellte, sind Bienen ein Produkt, genau wie Smartphones oder Coca-Cola. Es gibt extra Bienenzüchter“, erklärt Andrei. Er begann mit vier Bienenstöcken, von denen drei 30.000 Bienen beherbergten und der vierte 60.000. „Das ist ein relativ kleines Starter-Set. Täglich werden 2.000 Bienen neu geboren“, weiß er. 

Beliebt durch Bienen 

Die Imkerei, sagt Andrei, sei ein ziemlich anspruchsloses Hobby. Die Hauptsache sei, rechtzeitig die Holzrahmen auszutauschen, damit die Bienen weiterarbeiten und sich vermehren können. Es ist auch wichtig, den Honig einzusammeln. 

Andrei ist wegen seiner Arbeit als Koch schließlich nicht ganz aufs Dorf gezogen. Stattdessen besucht er alle sieben bis zehn Tage die Tante und kümmert sich um sein Bienenvolk. Danach kehrt er in die Stadt zurück.

Andrei hatte mehrere Jahre lang einen Instagram-Account zum Thema Bienen, aber seine minutenlangen Videos wurden dort nicht oft angesehen. Im Januar 2020 begann er dann, kürzere Videos für TikTok zu drehen - ein soziales Netzwerk, in dem es vor ihm überhaupt keinen russischen Imker gab. „Ich habe angefangen, in klarer und einfacher Sprache über Bienen zu sprechen: wie sie leben, was sie essen, wie sie gezüchtet werden. Die Leute waren erstaunt zu sehen, wie ich in den Bienenstock griff und die Bienen anfasste. Sie fragten, ob es schmerzhaft sei, gestochen zu werden, aber für mich ist das alltäglich. Erst gestern habe ich zehn bis 15 Stiche bekommen“, erklärt Andrei, der auf TikTok sehr beliebt ist. 

Das erste Video, das es in die Empfehlungsliste schaffte und mehr als fünf Millionen Aufrufe erzielte, befasste sich mit… der Rettung von Bienen vor Läusen. „Ich habe eine Biene in ein Glas mit ätherischen Ölen gegeben. Nach ein paar Minuten war sie gesund und konnte weiterfliegen“, berichtet Andrei. 

Da verstanden seine Anhänger langsam, dass man vor Bienen keine Angst haben muss und dass sie manchmal eine helfende menschliche Hand brauchen. 

Bienen sind Nutztiere 

Dennoch ist die Beliebtheit von Andreis TikTok-Beiträgen erstaunlich. Vielleicht sind es die interessanten Informationen zu einem relativ unbekannten Thema oder Andreis fast liebevoller Umgang mit den Bienen, die er wie Haustiere behandelt und nicht wie stechende Monster.  

„Los geht's, meine kleine Schönheit, die Welt hat auf dich gewartet. Du bist so süß“, kommentiert er mit ruhiger Stimme die Geburt einer einzelnen Biene. Es sind TikTok-Videos wie dieses, die Andrei auch beim Verkauf von Honig helfen - ungefähr 20 Prozent des Umsatzes generiert er durch den Verkauf an die Nutzer des sozialen Netzwerks. 

Für andere russische Imker ist es jedoch nicht so einfach, mit Honig Geld zu verdienen. „Wir haben fast keine lokalen Produzenten, so dass ich Honig für 650 Rubel (etwa 8 Euro) pro Kilo verkaufen kann. Im Süden gibt es viel Honig, aber die einheimischen Bauern sind einfache Leute, die nicht wissen, wie man richtig verkauft. In den meisten Fällen verkaufen sie für nur 50 bis 100 Rubel pro Kilo an Wiederverkäufer in der Provinz und erreichen so nicht einmal die Gewinnzone“, berichtet Andrei.

Darüber hinaus werden in Russland viele Pflanzen, von denen Bienen angezogen werden, wie beispielsweise Raps, von einheimischen Bauern mit schädlichen Pestiziden behandelt, die nicht nur die Bienen töten. Laut Andrei fehlt es an gesetzlichen Regelungen. Ganze Bienenvölker sterben daran.  

„Bienen sind jedoch eines der wichtigsten Insekten auf dem Planeten. Sie hinterlassen Pollen auf Blüten, aus denen Äpfel, Kirschen, Erdbeeren, Sonnenblumen und andere Früchte wachsen. Wenn Sie Äpfel mögen, müssen Sie den Bienen danken“, betont er.  

In Zukunft plant Andrei, mehr über den Nutzen von Bienen zu informieren. „Mein Ziel ist es, die Menschen dazu zu bringen, Bienen als Teil der Natur zu behandeln, wie Bäume, die nicht gefällt werden dürfen, und als schützenswerte Kreaturen. Dann weiß ich, dass mein Blog nicht umsonst ist“, fasst der bienenbegeisterte Blogger zusammen.

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