Wir stellen vor: Inna Deriglasowa - Russlands Meisterfechterin (FOTOS)

Alexei Filippow/Sputnik
Sie trainierte im achten Monat schwanger noch mit dem Degen, nahm dreimal an Olympia teil und war dabei jedes Mal erfolgreich. Wir haben uns mit einer der vielleicht engagiertesten Sportlerinnen Russlands näher beschäftigt.

„Ich bin sehr enttäuscht, das können Sie sich nicht vorstellen. Ich hatte während des Kampfes keine Zeit, über irgendetwas nachzudenken, ich habe einfach um jeden Punkt gekämpft... Ich habe sie bisher immer geschlagen", sagte die Fechtolympiasiegerin von 2016, die 31-jährige Inna Deriglasowa, am 25. Juli, nachdem sie bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio Silber gewonnen hatte.

Russlands Inna Deriglasowa steht auf dem Florett-Podium der Frauen der Fecht-Weltmeisterschaft 2013 2013 in der Syma-Halle in Budapest, 10. August 2013.

Im Finale unterlag sie der Amerikanerin Lee Kiefer mit 13:15 Punkten. Ihre Enttäuschung ist verständlich: Als sechsfache Weltmeisterin, vierfache Europameisterin und Medaillengewinnerin bei drei Olympischen Spielen nimmt sie eine Niederlage nicht auf die leichte Schulter.

Bei den Spielen lief sie zum Marsch des Imperiums aus Star Wars auf.

Von Anfang an war Innas Rivalin in der Offensive. Mehrmals glich Deriglasowa aus, bevor sie sich schließlich der Amerikanerin geschlagen geben musste.

Inna wurde am 10. März 1990 in der kleinen Stadt Kurtschatow in der Region Kursk (474 km von Moskau entfernt) geboren. Als das Mädchen acht Jahre alt wurde, bekam ihre Schule Besuch von der bekannten Trainerin Lidia Safiullina, die auf der Suche nach zukünftigen Spitzensportlern war.

Inna Deriglasowa im Einzel-Football der Frauen bei der russischen Fechtmeisterschaft in Nowosibirsk.

„Ich stand vor der Wahl. Ich mochte rhythmische Sportgymnastik und Eiskunstlauf sehr. Vom Fechten hatte ich keine Ahnung und konnte es mir auch nicht vorstellen, aber so hat sich alles ergeben... Ich bin sogar zu meiner Mutter gegangen und habe gefragt: ‚Kann ich bitte mit dem Fechten anfangen?' Sie war sehr überrascht und sagte mir, dass dieser Sport vor allem für Jungen geeignet sei, für ‚Musketiere' und so weiter. Aber ich war interessiert und meldete mich für den Kurs an", erinnert sich Inna.

Anfangs waren Inna und ihre Freundin einfach nur neugierig und schwänzten sogar gelegentlich den Unterricht, aber schon bald erhielt das Mädchen ihren ersten echten Degen und nahm an Wettkämpfen auf Stadtebene teil. Nachdem sie ihre ersten Wettkampfsiege errungen hatte, wurde Deriglasowa klar, dass sie sich in diesen Sport verliebt hatte.  

Bereits im Alter von 12 Jahren nahm sie es mit erfahreneren 16-jährigen Fechterinnen auf.  In der 10. Klasse kämpfte Inna bereits gegen Kadetten. Ihren schulischen Leistungen tat das nicht gut. Statt der üblichen Zweien bekam Sie nur noch Dreien.

Olympiasiegerin im Florettfechten Inna Deriglasowa am Flughafen Scheremetjewo.

Dennoch schrieb sich Inna nach ihrem Schulabschluss an der Südwestlichen Staatlichen Universität in Kursk ein und begann ein Jurastudium. Es lief nicht alles glatt, aber Inna ist dankbar für die strengen akademischen Standards, für die diese Institution bekannt ist.

Mit 18 Jahren heiratete Inna und brachte im folgenden Jahr ihre Tochter zur Welt. Nach eigenen Angaben setzte sie ihr Training auch während der Schwangerschaft fort.

„Mir war klar, dass der Sport mit der Zeit nur noch schwieriger werden würde. Ich hatte keine Ahnung, ob ich überhaupt zurückkehren könnte, aber mein Trainer trainierte mit mir sogar während der Schwangerschaft - er gab mir Unterricht, während ich im achten Monat schwanger auf einem Stuhl saß. Natürlich ist es schwierig, nach einer Schwangerschaft wieder einzusteigen, aber mein wirklich junges Alter machte es möglich", sagt sie.

2010 schaffte es die Sportlerin in die Nationalmannschaft. Und nach weniger als zwei Monaten belegte sie den zweiten Platz bei den russischen Meisterschaften. Kurze Zeit später holte die junge Mutter eine Einzel- und eine Mannschafts-Bronzemedaille bei der EM, wobei sie im Halbfinale gegen die Italienerin Valentina Vezzali verlor. Im Jahr 2011 gewann Deriglasowa ihr erstes Mannschaftsgold bei den Weltmeisterschaften.

Zwei Jahre später nahm sie an den Olympischen Spielen 2012 in London teil und gewann Silber im Mannschaftswettbewerb. 2016 holte sie in Rio de Janeiro Gold im Einzel - die einzige andere Russin, der dieses Kunststück jemals gelang, war Jelena Belowa im Jahr 1968.

Der russische Präsident Wladimir Putin und die Olympiasiegerin im Säbelfechten Inna Deriglasowa, Trägerin des Freundschaftsordens, bei der Verleihung der Mitglieder der russischen Olympiamannschaft - Gewinner und Medaillengewinner der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro im Kreml.

„Im Kampf gewinnt immer der Mut... Ich glaube nicht, dass ich als Olympiasiegerin an meine Grenzen gestoßen bin. Es gibt fünfmalige Olympiasieger. Es gibt weitaus größere Erfolge, die wir anstreben können", kommentierte sie ihren Sieg. Die meiste Zeit der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Tokio verbrachte Inna in ihrer Heimatstadt Kurtschatow, wo sie heute lebt.

„Für mich bedeutet Erholung Arbeit und Training. Auch hier trainiere ich die ganze Woche über zweimal am Tag, außer am Samstag, aber die Intensität ist hier zu Hause viel leichter zu ertragen", sagt sie.

Deriglasowa ließ sich 2019 von ihrem Mann scheiden, behielt aber das Sorgerecht für ihre Tochter Diana, die sie mit Hilfe ihrer Mutter großzieht. Diana ist ebenfalls eine begeisterte Fechterin und Tänzerin.

In ihrer Freizeit hört Inna gerne romantische Musik, liest und fährt Wasserscooter.

Am Ende und als krönender Abschluss gewann Deriglasowa bei den Olympischen Spielen in Tokio doch noch Gold – mit der Florett-Mannschaft der Frauen. Über die Olympischen Spiele 2024 in Paris hat sie noch nicht nachgedacht.

„Ich werde mich jetzt ein paar Monate lang erholen und dann entscheiden. Ich würde gerne weiter an Wettkämpfen teilnehmen. Und ich möchte dabei erfolgreich sein. Aber dafür brauche ich enorme Ressourcen an Willenskraft und Gesundheit. Also, wir werden sehen", sagte Inna nach ihren Wettkämpfen in Tokio.

 

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