So beschützen Leibwächter Wladimir Putin

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GEORGI MANAJEW
Das Sicherheitsteam des russischen Präsidenten ist hochqualifiziert und bestens ausgestattet. Wir erklären Ihnen (soweit wir es wissen) wie die Leibwächter Putin schützen.

Schon Monate bevor Wladimir Putin seine Residenzen verlässt, um in der Öffentlichkeit aufzutreten, ist sein Sicherheitsteam im Einsatz. Zunächst analysiert das Team alle möglichen Bedrohungen: kriminelle Aktivitäten, soziale Unruhen, Imagewahrnehmung und sogar die Möglichkeit von Naturkatastrophen, z. B. Erdbeben oder Überschwemmungen in der Region während der Zeit des Besuchs. 

Etwa einen Monat vor dem Besuch des Präsidenten treffen die Mitglieder des Teams vor Ort ein, um ihren Sicherheitsplan mit den örtlichen Behörden abzustimmen und die Unterkunft für den Präsidenten zu überprüfen. Reparaturen werden im Vorfeld durchgeführt, so dass während des Aufenthalts des Präsidenten keine Techniker oder Handwerker die Räumlichkeiten betreten müssen.

Die IT-Ingenieure und Techniker des Sicherheitsteams installieren Störsender, um eventuelle Funksprüche an den Aufenthaltsort des Präsidenten zu blockieren. Die vom Überwachungsteam des Präsidenten gewarteten Geräte pingen alle Smartphones und anderen Geräte in unmittelbarer Nähe des Präsidenten an, um verdächtige Aktivitäten zu kontrollieren. Für diejenigen unter Ihnen, die sich nun um den Datenschutz sorgen: Nach russischem Recht hat der Sicherheitsdienst des Präsidenten das Recht, jede Art von Abhörhardware und -software zu installieren und zu verwenden, Leibesvisitationen durchzuführen, sich Zugang zu jedem Gebäude und jeder Organisation zu verschaffen und jedes Fahrzeug zu beschlagnahmen - sofern dies für die Sicherheit des Präsidenten erforderlich ist. Die Beschlagnahme von Zivilfahrzeugen ist jedoch nur „unter extremen Bedingungen“ erlaubt, und es gibt keine offiziellen Aufzeichnungen über auch nur einen einzigen derartigen Fall. Erst nach diesen gründlichen Vorbereitungen trifft der Präsident ein, und die Sicherheitskräfte machen sich sofort an die Arbeit.  

Wen schützt der Föderale Schutzdienst?

Der Sonderdienst, der für die Sicherheit des russischen Präsidenten zuständig ist, heißt Föderaler Dienst für Bewachung der Russischen Föderation (Federalnaja sluschba ochrany oder kurz FSO). Seine Personal- und Finanzdaten sind teilweise geheim, aber halboffizielle Quellen sprechen von insgesamt über 50.000 Mitarbeitern. Warum so viele?

Neben dem Präsidenten sorgt der Föderale Schutzdienst für die Sicherheit folgender Personen: 

Für andere Amtsträger kann der Personenschutz auf besondere Anordnung des Präsidenten gewährt werden.

Wer sind Putins Leibwächter?

Innerhalb des Föderalen Sicherheitsdienstes sorgt eine spezielle Einheit für die persönliche Sicherheit des Präsidenten. Kampferfahrung aus Kriegseinsätzen muss man dafür nicht mitbringen. „Es ist unwahrscheinlich, dass der Leibwächter des Präsidenten Hinterhalte auf Bergpfaden arrangieren oder mit dem Fallschirm abspringen muss“, erklärt ein ehemaliger Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes des Präsidenten. „Kampferfahrung ist nützlich, aber sie ist in unserer Arbeit oft nicht anwendbar. Im Krieg kennt man den Gegner und kann angreifen.  Ein Leibwächter dagegen schützt die ihm anvertraute Person vor einem unsichtbaren Feind.“ 

Aus diesem Grund sind ehemalige Polizeibeamte für diese Arbeit eher weniger geeignet - sie sind für die Festnahme ausgebildet, legen den Fokus auf den Angreifer, doch  für die Leibwächter des Präsidenten muss dessen Sicherheit an erster Stelle stehen und nicht, den Täter in Gewahrsam zu nehmen.  

Der Leibwächter muss in der Lage sein, Bedrohungen vorherzusehen und abzuwehren und dies unbemerkt von anderen zu tun. Weitere Voraussetzungen: Die Bewerber müssen jünger als 35 Jahre sein, eine Größe zwischen 175 und 190 cm und ein Gewicht zwischen 75 und 90 kg vorweisen. 

Außerdem müssen sie Fremdsprachen beherrschen und sich grundsätzlich in der Politik auskennen - allein schon, um zu verstehen, wer sich dem Präsidenten nähert und wie diese Personen einzuschätzen sind.  

In diesem Video fordert das Sicherheitsteam Conor McGregor auf, seine Hand von Putins Schulter zu nehmen.

Die Wachen des Präsidenten haben eine gute Kondition. Sie sind darauf trainiert, in leichten Mänteln beträchtliche Kälte auszuhalten (dicke Overalls könnten ihre Bewegungsfreiheit einschränken) und bei Hitze nicht zu schwitzen. Einigen Berichten zufolge verwenden sie Medikamente, die die physiologischen Prozesse beeinflussen. Übrigens ist es den Leibwächtern erlaubt, Zigaretten zu rauchen - das hilft, den Stress schneller abzubauen, aber natürlich nicht während des Trainings oder der Arbeit. Die Arbeit der Leibwächter des Präsidenten ist sehr anstrengend, weshalb sie mit Erreichen des 35. Lebensjahres aus dem Dienst ausscheiden. 

So schützen die Leibwächter den Präsidenten konkret

Während der „Aktion“ (bei öffentlichen Auftritten des russischen Präsidenten) sind die Wachen locker in vier Kreisen aufgestellt. Der dem Präsidenten am nächsten gelegene Kreis sind seine persönlichen Leibwächter, bedrohlich aussehende Männer in Anzügen, mit dunkler Sonnenbrille, einem Hörer im Ohr und einem Koffer in der Hand.  

Ein weiteres Detail, das auf einen Leibwächter hindeutet, sind seine Hände - sie liegen immer vor dem Körper, die linke Hand oft halb erhoben. Dies ist eine zwingende Vorgabe - der Wachmann muss immer in einer wachen Position sein. Denn die unmittelbare Aufgabe des „ersten Kreises" ist es, den Präsidenten bei Gefahr mit seinem Körper zu schützen. 

Schauen Sie sich an, wie sie es in diesem Video aus Hannover, 2013, während des Angriffs der Femen-Protestgruppe machen:

Die Koffer, die sie bei sich tragen, sind Schutzschilde, die eingesetzt werden können, um den Präsidenten vor Kugeln zu schützen. Die Wachleute sind mit einer 9-mm-Gurza-Pistole bewaffnet, die bis zu 40 Kugeln pro Minute abfeuern kann und kugelsichere Westen aus 50 Metern Entfernung durchdringt. Wenn es jedoch zu einer Schießerei kommt, bedeutet dies, dass das Sicherheitsteam versagt hat, denn Angriffe sollten vor allem im Vorfeld verhindert werden. Ein weiterer Ausrüstungsgegenstand sind Kevlar-Schirme, die von den Wachleuten mitgeführt werden - sie sind sehr robust und können vor Projektilen schützen.

Allerdings sind nicht die Wachen des ersten Kreises die wichtigsten Leibwächter, sondern die des zweiten - im Gegensatz zum ersten Kreis sind sie in der Menge völlig unauffällig, sie sind förmlich, aber zivil gekleidet und verhalten sich diskret, sie suchen nach potenziellen Angreifern. 

Der „dritte Kreis“ umkreist die Menge und verhindert, dass sich verdächtige Personen in der Nähe des Präsidenten aufhalten. Der „vierte Kreis“ besteht aus Scharfschützen, die auf den Dächern der umliegenden Gebäude postiert sind. 

Bei Auftritten des Präsidenten auf großen öffentlichen Plätzen können zusätzliche Schutzvorrichtungen installiert werden. In diesem Video, in dem Wladimir Putin den verstorbenen Bürgermeister von St. Petersburg, Anatoliy Sobtschak, ehrt, indem er Blumen an seinem Denkmal niederlegt, sind die kugelsicheren Glasscheiben hinter dem Rücken des Präsidenten zu sehen, die für diesen Anlass installiert wurden.

Außerdem reist ein Teil der Einheit mit dem Gefolge des Präsidenten in gepanzerten Vans (extreme Fahrweise ist auch eine erforderliche Fähigkeit für die meisten der Sicherheitsleute des Präsidenten). Diese Männer sind mit AK-47, Dragunow-Scharfschützengewehren, Panzerabwehrgranatwerfern und tragbaren „Osa“-Flugabwehrraketensystemen bewaffnet. 

Im Falle von Wladimir Putin ist jedoch der Präsident selbst der wichtigste Aktivposten für seine eigene Sicherheit.  Aufgrund seiner Erfahrung im sowjetischen und russischen Geheimdienst ist Putin nach Aussage mehrerer ehemaliger Sicherheitsbeamter des Präsidenten „ein weitgehend kontrollierbarer Würdenträger". Er vertraut seinem Sicherheitsteam und befolgt dessen Anweisungen. 

Dieser Artikel stützt sich auf verschiedene Quellen, von offiziellen bis hin zu anonymen Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes des Präsidenten.