Dopingskandal
Nachdem die russische Eiskunstlaufmannschaft eine Goldmedaille gewonnen hatte, wurde die für den 7. Februar geplante Siegerehrung aus unklaren Gründen verschoben. Bald darauf berichteten „Inside The Games“ und andere Medien unter Berufung auf anonyme Quellen, dass die Verschiebung der Zeremonie angeblich auf einen positiven Dopingtest von Kamila Walijewa zurückzuführen sei.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) bestätigte die Informationen nicht und erklärte, es handele sich um Spekulationen und die Zeremonie werde wegen einiger Rechtsfragen verschoben, die noch zu klären seien.
Die Internationale Testagentur (ITA) berichtete, dass ein Test, der bei Walijewa im Dezember 2021 während der russischen Meisterschaften durchgeführt wurde, ein positives Ergebnis für Trimetazidin, eine von der WADA verbotene Substanz, zeigte. Das Labor, das diesen Test durchführte, veröffentlichte das Ergebnis am 8. Februar, mitten in den Olympischen Spielen. Die russische Anti-Doping-Agentur (RUSADA) verhängte daraufhin eine vorübergehende Sperre gegen die Athletin, die nach Einspruch ihres Teams am 9. Februar wieder aufgehoben wurde. Am nächsten Tag nahm Kamila an einem offenen Training teil.
Das IOC, die WADA und die Internationale Eislauf-Union (ISU) legten beim Sport-Schiedsgericht CAS Protest gegen die Aufhebung der Sperre ein. Am 14. Februar wies das Gericht die Einsprüche zurück und gestattete Kamila, am 15. Februar am Einzelwettbewerb teilzunehmen.
Die Preisverleihung für die Mannschaftswertung steht jedoch noch immer aus, und das IOC berät noch über eine Sperre.
Die Wahl zwischen drei Sportarten und die Arbeit an sich selbst
„Ein Mädchen mit zu viel Talent“, beschrieb Trainerin Eteri Tutberidze einmal die 15-jährige Eiskunstläuferin Kamila Walijewa. „Sie ist flexibel, sie versteht das Gleiten und sie ist sprungstark.“
Bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking stellte Kamila ihre Sprungfähigkeiten unter Beweis - sie war die erste Läuferin, die einen Salchow-Vierfachsprung bei den Olympischen Spielen zeigte. In der Kür präsentierte sie den vierfachen Salchow, einen vierfachen Toe-Loop und einen dreifachen Axel. Walijewa erhielt für ihre Leistung 178,92 Punkte und wurde Erste in der Mannschaftswertung.
Kamila wurde am 26. April 2006 in Kasan geboren. Schon als Kind war sie sehr aktiv, und so beschlossen ihre Eltern, sie Sport treiben zu lassen. Kamila machte Ballett, rhythmische Sportgymnastik und Eiskunstlauf. Als sie fünf Jahre alt war, forderte ihre Mutter sie auf, sich für eine Sportart zu entscheiden, und Walijewa entschied sich für Schlittschuhlaufen.
„Ich denke, wenn man über das Eis gleitet, seine Kür vor Publikum präsentiert, Sprünge zeigt… Das ist alles sehr spannend, aufregend. (...) Dazu kamen Schrittfolgen wie im Ballett, um meinen Lauf abwechslungsreich zu gestalten“, erzählt Walijewa.
Im Jahr 2012 zogen Kamilas Eltern nach Moskau. 2018 kam die damals 12-jährige Kamila zu einem Auswahltest für die Eiskunstlaufschmiede „Sambo-70“ von Eteri Tutberidze. Sie zeigte ein paar Drehungen und Sprünge und wurde aufgenommen.
Anfangs gehörte Kamila noch zu den schwächeren Läuferinnen, doch sie arbeitete hart an sich und zeigte immer bessere Leistungen. Hier ist sie bei den Moskauer Meisterschaften von 2015 zu sehen:
Erste Siege und der Weg zu den Olympischen Spielen
In der Saison 2019/2020, ihrer ersten gemeinsamen Saison mit Tutberidze, zeigte Kamila im Kurzprogramm eine Interpretation von Pablo Picassos Gemälde „Mädchen auf der Kugel“. Picassos Enkelin Diana wurde darauf aufmerksam und gratulierte begeistert. Mit diesem Programm gewann Kamila auch den Junioren-Grand-Prix in Frankreich (wo sie die vierte Junioren-Eiskunstläuferin in der Geschichte wurde, die über 200 Punkte erzielte) und anschließend die Junioren-Weltmeisterschaften.
In der folgenden Saison versuchte sich Kamila in der Kür am „Bolero" im Erwachseneneiskunstlauf, allerdings nur in Russland. Wegen der Pandemie wurden in diesem Jahr alle Juniorenmeisterschaften abgesagt, aber der russische Eiskunstlaufverband machte eine Ausnahme für Kamila, die als Erwachsene antreten durfte. Ihr größter Erfolg in dieser Saison war die Goldmedaille beim russischen Pokal.
Im Jahr 2021 präsentierte die Athletin außerdem ein neues Programm zur Musik von Kirill Richter, „In Memoriam“. Sie widmete es allen Menschen, die verstorben sind, insbesondere ihrer Großmutter.
„Es ist eine Geschichte über einen Schmetterling. Ich verfolge ihn das ganze Programm über, fange ihn ein, aber am Ende lasse ich ihn wieder los. Kirill Richter sagte, dass diese Musik eine Erinnerung an die Toten ist, und ich widme dieses Programm meiner Großmutter, die 2019 gestorben ist", sagte Walijewa.
Mit „In Memoriam“ und „Bolero“ gewann die Athletin Gold beim internationalen Turnier Skate Canada, Gold bei der russischen Meisterschaft und wurde zur Hauptanwärterin für die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Peking. Im Januar 2022 gewann Kamila die Europameisterschaft und stellte einen Weltrekord im Kurzprogramm auf (90,45). Die Rekorde für die Kür (185,29) und die Gesamtpunktzahl (272,71) stammen übrigens ebenfalls von ihr und wurden beim Rostelecom Cup im November 2021 aufgestellt.
Bei den Olympischen Spielen 2022 stellte Kamila bei „In Memoriam“ den olympischen Rekord für Punkte auf. Sie war auch die erste Eiskunstläuferin, die bei den Spielen einen Vierfachsprung absolvierte.
Ihre Hobbys und das Geheimnis des Erfolgs
Walijewa wird als einzigartige Eiskunstläuferin bezeichnet, die sich durch ihre Elastizität und Sprungkraft auszeichnet. In einem Interview sagte Kamila, dass das Geheimnis ihres Erfolges darin liegt, dass sie ihr Programm jeden Tag wiederholt und ihre Trainerin Eteri Tutberidze ein wichtiger Baustein des Erfolges ist.
„Sie ist bei jedem Training mit mir, sie kennt jede Drehung des Kopfes, jede Bewegung der Hand, es scheint mir, dass sie sogar weiß, wann ich atme, wie ich mich fühle, wenn ich ein bestimmtes Element ausführe. Und ich bin nicht mehr ich. Ich bin sie. Eteri fühlt und versteht jede Übung und hilft mir dabei“, schwärmt Walijewa.
Als Ausgleich zum Training malt Kamila. Außerdem träumt sie davon, Auto zu fahren. Aufgrund ihres Alters kann die 15-jährige Eisläuferin in Russland noch keinen Führerschein machen, also fährt sie erst einmal Go-Kart. Außerdem kümmert sie sich um ihren Spitz, Lewa.
Was ihre Zukunftspläne angeht, träumt Kamila immer noch davon, Psychologin zu werden und eine weitere Goldmedaille bei den Olympischen Spielen zu gewinnen.
„Das ist so ein Kindheitstraum, ich habe meiner Mutter wahrscheinlich schon gesagt, seit ich drei Jahre alt war: ‚Ich will Olympiasiegerin werden!‘ Und jetzt ist er wahr geworden. Und von nun an werde ich daran arbeiten, einen weiteren Traum von mir wahr werden zu lassen", sagt Walijewa.