„Na gut, kommen Sie rein, wenn Sie schon mal da sind“, scheint der gepflegte schwarze Kater mit den weißen Pfoten zu sagen und zeigt sein Reich: lange Kellergänge mit warmen Heizungsrohren und winzigen Fenstern zum Innenhof. Kater Luschka und seine vielen Kollegen arbeiten in der Eremitage. Sie haben eine sehr wichtige Aufgabe: Sie müssen Mäuse und Ratten aus dem Winterpalast fernhalten, da sonst die Wertgegenstände des Museums Schaden nehmen könnten.
Luschka
Anna SorokinaEinmal im Jahr öffnet die Eremitage ihre Keller und lädt die Bevölkerung ein, die hier lebenden Katzen kennenzulernen. Dies findet am Tag der Eremitage-Katze – Ende Mai oder Anfang Juni – statt.
Die Katzen sind hier bereits seit den Zeiten von Zarin Elisabeth Petrowna im Dienst. Im Jahr 1745 ließ sie die dreißig größten und „jagderfahrendsten“ Katzen aus Kasan nach St. Petersburg bringen. Sie bewachten die Keller während der Invasion Napoleons, während der Revolutionen und unter dem Sowjetregime. Eine Zeit lang wurden Chemikalien gegen Ratten eingesetzt, aber nur die Katzen waren der Aufgabe wirklich gewachsen.
Während der Belagerung von Leningrad verschwanden die Katzen aus der Stadt und die alten Häuser wurden von Ratten belagert. Nicht nur die Meisterwerke der Eremitage waren in Gefahr, sondern auch das Leben der Menschen, da Ratten die Lebensmittel fraßen und gefährliche Krankheiten übertrugen.
Die Behörden appellierten an die Einwohner des Hinterlandes, Leningrad bei der Wiederherstellung der Katzenpopulation zu helfen. Die größten „Sammelstellen“ befanden sich in Jaroslawl und Tjumen: Fünftausend sibirische Katzen kamen 1943 per Zug nach Leningrad. Wahrscheinlich sind die Katzen in der Eremitage die Nachkommen dieser Sibirier. Und die Museumsmitarbeiter berichten stolz, dass hier noch nie Ratten gesehen wurden – allein der Geruch der zahlreichen Katzen schreckt sie ab.
Es ist schwer zu ermitteln, wie viele Katzen heute hier ihren Dienst tun, denn sie sitzen nicht an einem Ort, sondern inspizieren ständig die Keller (deren Gänge etwa 20 km lang sind) oder halten „Besprechungen“ im Innenhof ab, zu dem nur sie und das technische Personal Zugang haben.
Michail Piotrowskij, der Direktor des Museums, berichtete vor einigen Jahren, dass er eine „Obergrenze“ von fünfzig Katzen festgelegt habe und dass der „Überschuss“ in gute Hände abgegeben werde. Die Museumsmitarbeiter sind sich jedoch sicher, dass es wesentlich mehr Katzen gibt, denn einige von ihnen kommen nur, um einen Snack zu sich zu nehmen (in fast jeder Ecke stehen Schüsseln mit Trockenfutter) und dann wieder ihren Geschäften nachzugehen. „Wenn eine Katze von der Straße zu uns kommt, jagen wir sie nicht weg“, sagen die Mitarbeiter.
„Wir kennen alle ansässigen Eremitage-Katzen vom Sehen her“, erklärt man uns im Keller, „und einige ,Mitarbeiterʻ kennt man auch mit Namen. Der große schwarz-weiße Kater Mawrik unterbricht ein Arbeitstreffen mit der gefleckten Charlotte und dem schneeweißen Makar auf der Treppe, sobald er seinen Namen hört. „Was für ein guter Hauskater?!", streichelt ihn eine Museumsmitarbeiterin. „Nicht wahr, Mawrik?“
Die von den Katzen bewohnten Keller befinden sich unter dem gesamtem Winterpalast. Die meisten Kellergänge gehören zum „Arbeitsbereich“, in dem die Katzen frei herumlaufen können und sich selbst überlassen sind, während die anderen dem Katzenhaus vorbehalten sind. „Hier werden unsere Katzen behandelt oder auf Diät gesetzt. So wurde zum Beispiel Geneva spezielles Futter verschrieben und damit sie kein Futter von anderen annimmt, haben wir sie hier untergebracht.“
Bevor sie in den Keller kam, lebte die gestreifte Geneva mit der ähnlich gestreiften Warja bei einer Mitarbeiterin der Eremitage, aber als das Frauchen starb, konnten die Verwandten mit den Katzen nichts anfangen. Für solche Tiere, so sagt man uns im Museum, versucht man schnell ein neues Zuhause zu finden, weil sie an Menschen gewöhnt sind.
Charlotte
Anna SorokinaBevor sie abgegeben werden, werden sie geimpft, und wenn sie älter als sieben Monate sind, kastriert. Einige der Katzen, die keinen Besitzer gefunden haben, ziehen vom Keller in das Katzencafé Republik der Katzen in der Nähe des Museums um. Gegründet wurde es 2011 von Anna Kondratiewa, Tierärztin an der Eremitage.
Anna Kondratiewa
Alexander Galperin/SputnikDie Republik der Katzen hat auch ihren eigenen Feiertag – den Tag der Kater und Katzenin St. Petersburg, der unmittelbar nach dem Tag der Eremitage-Katze gefeiert wird. Für einen ganzen Tag verwandelt sich der Konnogwardejskij-Boulevard (dt.: Gardekavallerie- Boulevard) in den KOTOgwardejskij-Boulevard (dt.: GardeKATER-Boulevard) und ist voll mit Katzen verschiedener Rassen. Er wird zum Treffpunkt für Hauskatzen und deren Besitzer, für professionelle Züchter, die ihre seltenen Rassen ausstellen, und für freiwillige Helfer, die dafür sorgen, dass Katzen und Menschen zueinander finden.
Im Katzencafé Republik der Katzen
Alexander Galperin/SputnikDer Kater Dymók ist ein ganz gewöhnlicher grauer Streuner, der einst sein Frauchen und sein Herrchen, die Künstlerin Anna und deren Freund, gefunden hat und jetzt friedlich an einem Geschirr läuft und sogar mit ihnen in den Urlaub fährt. „Er reist sehr gerne, ihm gefallen neue Erfahrungen. Wie bei den Menschen gibt es Katzen, die gerne in Gesellschaft sind und andere, die lieber zu Hause sitzen und fernsehen“, sagen sie.
Dymók
Anna Sorokina„Die Ideen für die Veranstaltung kam Dmitrij Schagin von der Künstlergruppe Mitki (deren Mitglieder für ihr Matrosenoutfit bekannt sind) im Jahre 2005“, erklärt Olga Titowitsch, Pressesprecherin der Republik der Katzen. „Katzen sind Symbole für Gemütlichkeit und Freundlichkeit. Sie sind gestreift und auch die Mitki sind gestreift, also kommen die Gäste in gestreiften Hemden zum Fest. Als die Republik der Katzen eröffnet wurde, nahmen wir die Tradition auf und begannen, jedes Jahr ein großes Stadtfest zu veranstalten. Wir glauben, dass Katzen Sportler, Geschäftsleute und kreative Menschen – einfach alle – zusammenbringen.“
Simba
Anna SorokinaBei der Veranstaltung selbst verschenkt die Republik der Katzen keine Katzen, sondern fordert die Menschen auf, sich bewusst für ihre Haustiere zu entscheiden. „Katzen brauchen einen Menschen, und ein Mensch braucht eine Katze, und wir sind eine Art Partnervermittlung“, erklärt Olga. „Denn wenn man einer Katze hilft, weiß man nicht, wem man mehr hilft – der Katze oder sich selbst.“
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