Wie eine der nördlichsten Eisenbahnen der Welt funktioniert

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ANNA SOROKINA
Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es eine so nördliche Passagiereisenbahn wie die Norilsker Eisenbahn. Wohin fährt sie und warum wurde sie gebaut?

Die Einwohner von Norilsk bezeichnen alle anderen Regionen Russlands als Festland und vergleichen sich selbst mit einer Insel. Tatsache ist, dass diese Industriestadt auf dem 69. Breitengrad keine Landverbindung zu anderen besiedelten Gebieten des Landes hat. Aber die größte Überraschung für die Gäste der Stadt ist die Eisenbahn, die sich auf den ersten Blick nicht von anderen in Russland unterscheidet. 

Die Eisenbahn für das Norilsker Kombinat

Um eine ganze Stadt inmitten der Waldtundra zu errichten, mussten zunächst Baumaterialien, Rohstoffe und Treibstoff hierher gebracht werden. Die einzige Möglichkeit, große Ladungen anzuliefern, war der Wasserweg über den Fluss Jenissej. Zu diesem Zweck wurde 1935 in der Stadt Dudinka, 90 Kilometer von Norilsk entfernt, ein Hafen gebaut.

Da der Transport von Gütern über die Karasee sehr viel Zeit in Anspruch nehmen würde, entschied man sich fast sofort für den Bau einer Eisenbahnstrecke. Wie Norilsk und der Hafen in Dudinka wurde auch sie von NorilLag-Häftlingen gebaut.

1937, als die Strecke in Betrieb genommen wurde, war die Bahnlinie schmalspurig. Bei gutem Wetter legte der Zug die Strecke vom Hafen zu den Fabriken in 10-12 Stunden zurück (im Durchschnitt an einem Tag, denn gutes Wetter war nicht häufig). Schneeverwehungen wurden, wenn sie nicht rechtzeitig geräumt werden konnten, höher als ein Mensch. Deshalb wurden entlang der Bahngleise spezielle Holzzäune aufgestellt. Sie wurden nach dem Ingenieur, der sie entworfen hatte, Potapow-Schilde genannt.

Einige Jahre später stellte die Norilsker Eisenbahn auf die übliche russische Breitspur um, was es ermöglichte, die Geschwindigkeit der Züge zu erhöhen. Außerdem war geplant, sie mit einer anderen Eisenbahnstrecke zu verbinden.

Die Große Nordbahn

Eines der letzten großen Bauprojekte, das von Joseph Stalin geplant, aber nie realisiert wurde, war die Transpolare Eisenbahn. Spezialisten hatten seit Ende der 1920er Jahre an dem Projekt gearbeitet, wobei die Idee bereits unter dem Zaren entstanden war. Die Eisenbahn sollte durch die Städte Tschum (Republik Komi), Salechard, Nadym, Nowyj Urengoj (Jamal) und Igarka am Jenissej (Gebiet Krasnojarsk) führen – insgesamt 1.300 km entlang arktischer Flüsse und Sümpfe.

Später sollte die Eisenbahn die Barentssee und das Ochotskische Meer verbinden, also buchstäblich alle wichtigen Polargebiete Russlands. Dieses Projekt wurde Große Nordbahn genannt.

Zum Zeitpunkt des unmittelbaren Baubeginns der Transpolareisenbahn im Jahr 1947 war die Norilsker Eisenbahn bereits in Betrieb. Die Strecke von Dudinka nach Igarka war weniger als 300 Kilometer lang, und es gab Pläne, die beiden Linien zu verbinden. Aber nach Stalins Tod 1953 wurde das Projekt der Transpolaren Eisenbahn beerdigt, und die Norilsker Eisenbahn blieb eine „Inselbahn“.

Ein Bahnhof, von dem aus man nirgendwo hinfahren kann

Um den Besuchern von Norilsk klar zu machen, dass sie in die schönste Stadt der Polarregion kommen, wurde in den frühen 1950er Jahren ein Bahnhof im Stil des Stalin-Klassizismus errichtet.

Heute beherbergt der Bahnhof die Eisenbahnabteilung der Polar-Filiale von Nornickel, und im ehemaligen Wartesaal im Erdgeschoss ist seit 2011 ein Museum untergebracht. Züge, Lokomotiven, S-Bahnen und sogar zwei selbstfahrende Wagen, die auf diesen Polar-Schienen fuhren, sind draußen ausgestellt. Im Inneren trifft man auf Säulen mit Stuckverzierung, schwere Türen und breite Fenster.

Der Bahnhof wurde praktisch nie für seinen eigentlichen Zweck genutzt. Doch die Stadt selbst wuchs und wurde aktiv ausgebaut. Die Eisenbahnstrecke wurde elektrifiziert und 1961 wurde der Personenverkehr eröffnet. Der am weitesten entfernte Punkt war die Stadt Dudinka.

Wie die Einheimischen erzählen, brauchte der Zug dorthin sehr lange, etwa vier Stunden. Und obwohl es mit dem Auto doppelt so schnell ging, war der Zugverkehr sehr gefragt. Damals hatten nur wenige Menschen ein Auto und die Straße war oft mit Schnee bedeckt, während die Räumung des Gleisbetts Priorität hatte.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR wurde der Personenverkehr schrittweise reduziert – er war teuer und unrentabel. Ja, und die Straßen wurden besser geräumt. Der letzte Personenzug kam 1998 nach Dudinka.

Lkw-Verkehr im Permafrost

Gegenwärtig wird die Norilsker Eisenbahn nur für den Güterverkehr zwischen den Unternehmen des Werks und dem Hafen von Dudinka genutzt. Ohne sie ist es unmöglich, den Betrieb der Anlagen das ganze Jahr über zu gewährleisten.

Zusammen mit den Nebenstrecken beträgt die Länge dieser Bahn 333 Kilometer. Die Güterzüge verkehren jeden Tag und bei jedem Wetter.

Es ist eine Herausforderung, die Eisenbahn in Norilsk in einem normalen Betriebszustand zu halten. Es muss ständig kontrolliert werden, dass sich das Gleis aufgrund des Permafrosts nicht „auseinanderdriften“, die Spurbreite muss auf der gesamten Länge 1524 mm betragen. Heute hilft ihnen dabei natürlich eine spezielle Gleisausrüstung.

Nirgendwo sonst auf der Welt am 69. Breitengrad gab und gibt es eine solche Bahn. Nördlich von Norilsk fährt nur die Eisenbahn auf der Halbinsel Jamal, die zur Karasee führt. Sie wurde 2010 eröffnet und dient der Erschließung des Gasfeldes.

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