Warum hat Russland in der Arktis einen Botanischen Garten angelegt?

Swetlana Serebrjanskaja, Tatiana Drugowa / PABSI
Weit im Norden Russlands, im Permafrostgebiet, liegt der Polar-Alpine Botanische Garten. Er verfügt über eine riesige Sammlung einheimischer Pflanzen, echter tropischer Bäume und Blumen. Wie überleben diese Pflanzen in dem rauen Klima?

Der älteste arktische Garten der Welt

Heute gibt es weltweit nur drei botanische Gärten, die innerhalb des Polarkreises liegen. Die beiden anderen befinden sich in Norwegen und Island, aber der russische ist der älteste. Das Polar-Alpine Botanical Garden-Institute (russische Abkürzung: PABSI), sieben Kilometer von der Stadt Kirowsk in der Region Murmansk entfernt, wurde am 26. August 1931 nach einem Projekt des Botanikers Nikolai Avrorin eröffnet. Er verbrachte viel Zeit auf wissenschaftlichen Expeditionen und sammelte Pflanzenexemplare in verschiedenen Ländern (und in den 1960er Jahren half er auch beim Aufbau eines botanischen Gartens in Jakutsk, der größten auf Permafrost gebauten Stadt). In seinen Artikeln bezeichnete er den botanischen Garten an den Hängen des Chibiny-Gebirges als den „nördlichen Vorposten der sowjetischen Botanik“. Das Hauptinteresse des Wissenschaftlers galt der Suche nach neuen nördlichen Pflanzen und der Akklimatisierung von Arten, die für diese Breitengrade ungewöhnlich sind. 

Anfänglich schien das Projekt nicht mehr als eine Spinnerei zu sein, doch Awrorin konnte überzeugen und erhielt finanzielle Mittel, um wertvolle Pflanzen aus aller Welt zu erwerben.

Die Arbeit der Botaniker ging sogar während des Großen Vaterländischen Krieges (1941-1945) weiter: Hier wurden Heilpflanzen für die Soldaten der Roten Armee angebaut; außerdem lernten die Wissenschaftler, wie man Glukose aus Flechten gewinnt, und errichteten sogar eine kleine Produktionsanlage. 

Ein von Nordwinden verdrehter Birkenstamm im Polar-Alpinen Botanischen Garten.

Ein Spaziergang in den Chibiny-Bergen

Der botanische Garten ist so angelegt, dass der Besucher sich frei auf dem Gelände bewegen und verschiedene geografische Breitengrade erforschen kann. Bei einem Spaziergang auf dem ökologischen Pfad kann man die bemerkenswerte Vielfalt an Flechten, Moosen und Blumen der Arktis betrachten - es gibt mehr als 300 Arten! Sie können auch erleben, wie die Tundra in Waldtundra und dann in Taiga übergeht: In bestimmten Höhenlagen wachsen spezielle Pflanzen. Je höher die Zone, desto seltsamer und wunderbarer sehen auch uns vertrauten Pflanzen aus mit ihren vom Wind gebogenen Baumstämmen oder Sträuchern, die sich nahezu verzweifelt an den steinigen Boden klammern, um zu überleben.

Die Route beginnt am Ufer des Flusses Wudjawrijok (in der Sprache der Samen bedeutet der Name „Fluss des Bergsees“) und führt dann entlang eines Gletschersees und eines Berghangs bis zu einer Aussichtsplattform, von der aus man einen unglaublichen Blick auf die Stadt hat.

Die Zonen „Altai“ und „Sibirien“ mit verschiedenen Kiefernarten, die eigens nach Kirowsk gebracht wurden, liegen getrennt voneinander.

Das Arboretum des Instituts, in dem alpine Arten gesammelt werden, befindet sich einige Kilometer vom Botanischen Garten entfernt in der Stadt Apatity.

Im Sommer ist das Gelände des botanischen Gartens (ca. 1,6 ha) von unglaublich schönen Blumen aus der ganzen Welt bedeckt. Die Mitarbeiter des Instituts haben die Aufgabe, Pflanzen so zu „domestizieren“, dass sie in der Arktis wachsen. „Die Bewohner der Städte in der Region Murmansk bemerken selten, dass einige der Bäume, Sträucher und Blumenbeete mit wunderschön blühenden Stauden, die sie um sich herum sehen, nicht in der Region heimisch sind", so die Wissenschaftler. „Unsere Parks, Plätze und Alleen sind ein anschauliches Ergebnis der langjährigen Arbeit von PABSI zur Begrünung der Stadt.  Fast alle Arten und Sorten, die hier schon zu Sowjetzeiten gepflanzt wurden, sind aus südlicheren Gebieten in den Botanischen Garten gekommen und haben sich über viele Jahre akklimatisiert". Darüber hinaus sind die Kirowsker Botaniker ständig auf der Suche nach neuen Pflanzenarten, vor allem in den nördlichen Breitengraden - Karelien, Sibirien, dem Ural und dem Fernen Osten. 

Auf der Suche nach den Tropen in der Arktis

Bei einem Besuch des Botanischen Gartens können Sie auch in eine authentische tropische Umgebung eintauchen - für diesen Standort exotische Pflanzen gedeihen in Gewächshäusern prächtig. Stellen Sie sich vor, welche Mühe es macht, Pflanzen in der Arktis zu kultivieren, die an warme und sonnige Bedingungen gewöhnt sind! Sie brauchen viel Tageslicht statt einer Polarnacht, einen fruchtbaren Boden statt Permafrost und ein bestimmtes Temperatur- und Feuchtigkeitsniveau.

Derzeit gibt es mehr als 700 Exemplare von Pflanzen aus warmen Ländern, die nach Klimazonen ausgepflanzt wurden: Afrika, Amerika, Mittelmeerraum und Asien. Die mexikanische Agave, die afrikanische Krummlilie, die Dattelpalme und große tropische Farne und Kakteen wachsen in Kirowsk. Und der Arabica-Kaffeebaum bringt tatsächlich Kaffeebohnen hervor!

 

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