Die Russischen Eisenbahnen haben angekündigt, dass bis Ende 2027 eine neue Trasse für Hochgeschwindigkeitszüge zwischen St. Petersburg und Moskau in Betrieb genommen werden soll. Die versprochene Reisezeit beträgt 2,5 Stunden (2 Stunden 15 Minuten Nettozeit ohne Zwischenstopps). Das entspräche gegenwärtig einem absoluten Zeitrekord für die Reise zwischen den beiden Hauptstädten. Wie lange dauerte bisher die Fahrt von der Stadt an der Newa in die Stadt an der Moskwa?
Im Jahr 1703 gründete Peter der Große St. Petersburg und machte es zur Hauptstadt Russlands. Die Stadt entwickelte sich rasch und wurde immer bevölkerungsreicher, aber viele Adelsfamilien lebten immer noch in Moskau, und dort befanden sich auch die wichtigsten orthodoxen Kathedralen, in denen die Zaren gekrönt und begraben wurden. Kurz gesagt: Peter hatte für die nächsten Jahrhunderte das Reisen von St. Petersburg nach Moskau zur Pflicht werden lassen.
Alexander Orlowski. Reise in einer Kibitka (Kutsche mit Zelt). Litographie, 19. Jahrhundert
Public domainIm 18. Jahrhundert dauerte die Reise im Durchschnitt viereinhalb bis sechs Tage. Die Fahrtzeit war stark von den Wetterbedingungen abhängig. Der schnellste Weg war das Fahren im Schlitten auf Eis und Schnee im Winter. Die Rekordhalterin für die Strecke von St. Petersburg nach Moskau war im 18. Jahrhundert Elisaweta Petrowna. In der Winterkutsche (siehe Foto unten) brauchte sie nur drei Tage (und Pferde), um zu ihrer Krönung im Jahr 1742 zu gelangen. Sie und ihr Gefolge ritten nur tagsüber und ruhten sich nachts aus.
Elisabeths Schlitten.
Moskauer Kreml-MuseenBei Schneematsch im Frühjahr oder im Herbst war die Straße mit unpassierbarem Schlamm bedeckt und nahm den Reisenden viel mehr Zeit und Energie ab. „Sechs Tage lang schleppte ich mich auf einer widerwärtigen Straße und kam halbtot in St. Petersburg an“, schrieb Alexander Puschkin in seinem Essay Reise von Moskau nach St. Petersburg.
Insgesamt reiste der Dichter mehr als 20 Mal zwischen den beiden Städten hin und her – zunächst in einer billigen Kalesche und Wechselpferden (die man an Poststationen gegen seine eigenen Pferde erschöpften Gäule eintauschen konnte), dann in seinem eigenen bequemen Wagen.
Mit einem Dreispänner war es möglich, schnell ans Ziel zu gelangen - er hatte eine Geschwindigkeit von 45-50 km/h. Allerdings hatten nicht alle Reisenden genug Geld für einen Dreispänner, und es wurden eher zwei- oder einspännige Kutschen gewählt.
Nikolai Swertschkow. Ein Landbesitzer auf der Straße. 1855.
Russische MuseumIm Jahr 1820 gab es einen „öffentlichen Verkehr“ – Postkutschen mit 4-12 Fahrgästen fuhren nach einem Fahrplan und die Reise dauerte etwa viereinhalb Tage.
Im Jahr 1834 wurde zwischen den Städten eine "glatte Landstraße" gebaut, d. h. ein Teil der Straße wurde mit Steinen gepflastert und ein Teil mit Schotter bedeckt. Puschkin beschloss, es auszuprobieren und fuhr unglaublich schnell - in vier Tagen!
In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einem technischen Durchbruch. 1842 unterzeichnete Nikolaus I. einen Erlass zum Bau einer Eisenbahnlinie zwischen Moskau und Sankt Petersburg. Die allererste Eisenbahn in Russland war bereits gebaut worden und verband St. Petersburg und Zarskoje Selo. Ab 1851 fuhren regelmäßig Züge nach Moskau, und die Fahrt dauerte 21 Stunden und 45Minuten. Nach dem Tod von Nikolaus wurde die Strecke in Nikolajewskaja und in der Sowjetzeit in Oktjabrskaja umbenannt – der Name, den sie bis heute trägt.
Die Eisenbahn in Twer, Anfang des 20. Jahrhunderts.
Public domainEs ist kein Zufall, dass Leo Tolstoi in den 1870er Jahren seinen Roman Anna Karenina schrieb, in dem die Eisenbahn ein wichtiges Element der Erzählung ist.
Zu Zeiten der Sowjetunion wurde die Bedeutung der Eisenbahn voll erkannt, und man begann, an der Verkürzung der Fahrzeiten zu arbeiten. In den 1920er Jahren fuhren Personenzüge durchschnittlich 15 Stunden. Im Jahr 1920 schaffte ein experimenteller Elektrozug die Strecke in 12 Stunden, und 1931 benötigte der erste sowjetische Schnellzug Krasnaja Strela rekordverdächtige 10 Stunden.
ER200.
MrStepanovka (CC BY 3.0)In den 1960er Jahren wurden elektrische Züge zur Norm und anstelle von Dampflokomotiven konnten Elektroloks Geschwindigkeiten von 130 km/h erreichen, statt der üblichen 70 km/h.
Im Jahr 1984 benötigte der elektrische Hochgeschwindigkeitszug ER-200 von Leningrad nach Moskau 5 Stunden und 20 Minuten, später 4 Stunden und 59 Minuten. Er konnte eine Geschwindigkeit von 200 km/h erreichen. Allerdings gab es nur zwei dieser Züge, die dreimal wöchentlich verkehrten und ziemlich viel Geld kosteten – sie waren also nicht weit verbreitet. Die Sowjetbürger zogen es vor, in normalen Zügen zu reisen. Im Jahr 2009 trat die ER-200 ihre letzte Fahrt an und machte Platz für die Hochgeschwindigkeits-Express Sapsan.
Sapsan-Hochgeschwindigkeitszüge.
Peter Kowaljow/TASSEin Flugzeug legt die Strecke zwischen Moskau und St. Petersburg in 1 Stunde 30Minuten zurück. Aber man sollte bedenken, dass man immer noch zum und vom Flughafen gelangen und rechtzeitig vor dem Flug da sein muss. Viele Menschen wählen deshalb lieber den Landweg, zumal man mit mehr als 30 Zügen pro Tag auf der Strecke seine Reise flexibler planen kann.
Der „Schnell“-Zug benötigt zwischen 7 und 10 Stunden. Meistens hängt die Fahrzeit von der Anzahl der Haltestellen ab. Die durchschnittliche Reisezeit ist in dem populären Lied Von St. Petersburg nach Moskau von Maxim Leonidow aus dem Jahr 1995 verewigt, in dem die folgenden Zeilen vorkommen: Nur acht Stunden ohne Schlaf/ Von St. Petersburg nach Moskau.
Heute braucht zum Beispiel der sowjetische Krasnaja Strela (dt.: Roter Pfeil) die gleichen 8 Stunden.
Es gibt auch mehrere Schnellzüge – der Newskij-Express zum Beispiel hat eine Fahrzeit von 4 Stunden und 4 Minuten. Der elektrische Hochgeschwindigkeitszug Lastochka (dt.: Schwalbe) benötigt 5,5-6,5 Stunden.
Der schnellste Zug, der Sapsan, benötigt derzeit 3 Stunden und 50 Minuten.
Straßenschilder auf der Autobahn M-11 Moskau-St. Petersburg in der Region Moskau.
Michail Tereschtschenko/TASSViele Jahre lang wurde die Strecke nicht nur von Zügen, sondern auch auf der alten zaristischen Straße von Pferden und später von Autos zurückgelegt. Im Jahr 1958 wurde sie vollständig asphaltiert und zur Fernverkehrsstraße M10. Die Strecke von 684 km kann in 10 Stunden zurückgelegt werden. Der größte Teil der Straße führt durch bewohnte Gebiete, in denen Geschwindigkeitsbegrenzungen von 40-60 km/h gelten.
Im Jahr 2019 wurde die 669 km lange Mautstraße M11 Newa eröffnet. Die durchschnittliche Fahrzeit auf dieser Autobahn beträgt etwa 5 Stunden bei einer Geschwindigkeit von 150 km/h. Ein kleines Teilstück in der Nähe von Twer ist jedoch noch in Bau – diese Strecke muss durch bewohntes Gebiet geführt werden.
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