Viele Reiseveranstalter, die Touren im Norden organisieren, haben das Schwimmen im Nordpolarmeer in ihrem Programm.
Der dem europäischen Teil Russlands am nächsten gelegene Ort, an dem man im kalten Wasser schwimmen kann, ist die Region Murmansk. Am Ufer der Barentssee, auf der Halbinsel Kola, liegt das Dorf Teriberka, das bei Touristen sehr beliebt ist. Es ist auch der einzige Ort an der Barentssee, den man mit dem Auto erreichen kann.
Xenia Tschesnokowa ist eine Reisebloggerin, die Teriberka 2019 mit ihren Kindern besucht hat. „Wir hatten nicht vor, zu schwimmen, ich mag kein kaltes Wasser oder Schwimmen im Allgemeinen. Aber die Kinder sind immer bereit, in jede Art von Wasser zu gehen. Das Wetter war schrecklich: Es war windig, düster, ich stand in zwei Daunenjacken am Ufer – und das am 26. August! Und ich habe mit ihnen gewettet, ob sie es schaffen würden, bis zu den Schultern ins Wasser zu gehen“, sagt Xenia.
Ihre Tochter Alissa erinnert sich: „Ich rannte schnell hinein und fast sofort wieder hinaus, so dass ich fast keine Zeit hatte, etwas zu spüren. Aber es war furchtbar kalt und meine Füße wurden sofort taub.“
Auch Xenias Sohn Grischa möchte die Erfahrung nicht wiederholen: „Wenn man ins Wasser geht, ist es sehr, sehr kalt. Dann gewöhnt man sich natürlich daran, aber ich würde dort nicht mehr schwimmen gehen.“
Alexej Schiruchin ist auch ein Reiseblogger. 2020 hatte er die Gelegenheit, in der Barentssee zu schwimmen.
„Wir reisten zum nördlichsten Punkt des europäischen Teils Russlands, dem Kap Nemezkij in der Region Murmansk. Es war Sommer, plus 20 Grad draußen, und das Wasser hatte nur plus 5 Grad. Aber ich sage immer: Ich bin ein einfacher Mensch – wenn ich Wasser sehe, fange ich an zu schwimmen. Zuerst war es sehr schwierig, ins Wasser zu kommen, meine Muskeln verkrampften sich, ich war atemlos, aber ich rutschte auf einem Stein aus und ging unter Wasser, so dass ich keine Zeit hatte, meine Meinung zu ändern. Und nach dem Schwimmen spürt man einen enormen Energieschub“, sagt Alexej.
Alexander Jelikow ist ein arktischer Schwimmlehrer und Reiseleiter. Er hat mehr als zehn Weltrekorde am Polarkreis aufgestellt und hat einen Blog auf Instagram. Alexander ist ein echter Morsch (dt.: Walross), der durch regelmäßiges Baden in Eislöchern seinen Körper stählt. Er praktiziert das ganze Jahr über Kältetraining.
„Ich reiste mit dem Auto von Murmansk nach Tschukotka entlang des Nördlichen Seewegs. Das denkwürdigste Bad war am Kap Tscheljuskin, dem nördlichsten Kontinentalpunkt Eurasiens. Das war im Jahr 2013, und wir waren die ersten in der Geschichte, die mit dem Auto dorthin fuhren. Wir beschlossen, schwimmen zu gehen, fanden einen Riss im Eis und räumten ihn mit Schaufeln aus abgebrochenen Eisstücken frei. Wir legten eine Stange über den Riss, an der wir uns festhalten konnten, und jeder tauchte abwechselnd hinein“, berichtet Alexander.
Der Extremreisende hatte auch die Gelegenheit, in der von einem Eisbrecher aufgebrochenen Fahrrinne zu schwimmen. „Ich hatte schon lange davon geträumt und bin in der Arktis oft Eisbrechern begegnet, aber ich hatte noch nie die Gelegenheit darin zu schwimmen. Und dann, eines Tages im Winter, versammelte sich ein ganzes Team von „Walrossen“ zusammen. Unmittelbar nachdem der Eisbrecher vorbeigefahren war, bildeten wir einen Pool in der von ihm hinterlassenen Spur“, erzählt Alexander.
„Das Gefühl, wenn man ins Wasser geht, ist atemberaubend. Es geht nur darum, Mut zu fassen. Danach ist alles gut: ein plötzlicher Rausch von Wärme und Energie. Die lebhaftesten Empfindungen sind nicht, wenn man ins Wasser geht, sondern wenn man wieder herauskommt – das Hochgefühl, das Adrenalin, die verrückten Gefühle. Wenn man diese Gefühle erlebt, möchte man natürlich an allen berühmten Orten schwimmen. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass das Wetter in der Arktis immer unwirtlich ist.“
„Selbst wenn es nicht sehr kalt ist, ist der Wind schrecklich. Wenn man aus dem Wasser kommt, friert man nicht nur, man ist buchstäblich mit Eis bedeckt und kann sich sofort Erfrierungen holen. Deshalb muss ich das Schwimmen manchmal verschieben“, erklärt Alexander.
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