Wladimir Putin in der Schiguli Bar in Moskau, 2012.
ReutersEine Warteschlange an der Bar in der Nähe der Anlage.
Kirill Kuchmar /TASSIm Verkaufsraum und an der Bar der Schigulewskoje-Brauerei in der Stadt Samara an der Wolga herrscht immer Hochbetrieb: Während die Kunden darauf warten, dass sie ihre Bierlieferung bekommen, schauen sie sich um oder trinken ein Glas, entweder in der Braustaube oder an der Außer-Haus-Theke. Das Bier wird über eine unterirdische Leitung in den Laden geliefert. Die Einheimischen finden, dass ein frischgezapftes Bier besonders gut schmeckt. Ein echtes Schigulewskoje-Bier ist nicht lange haltbar.
In der Bierfabrik in Samara.
Alexei Fillipow/SputnikTrotz langer Warteschlangen werden die Kunden in der Braustube sehr schnell bedient: Die Kunden bringen ihre eigenen Flaschen mit und lassen diese mit dem frischgezapften Bier befüllen. Die Flaschen müssen schnell wieder verschlossen werden, bevor der Schaum aufsteigt. Und schon ist der nächste dran.
Der Blick auf die Bierfabrik Schiguli.
Jegor Alejew/TASS„Fassbier schmeckt bei heißem Wetter viel besser“; sagt Jegor Samsonow. „Ich erinnere mich, wie wir als Studenten lieber nach Hause liefen als mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, um den Fahrpreis zu sparen, so dass wir uns einen zusätzlichen Liter Bier leisten konnten. Im Sommer, wenn besonders viele Kunden kamen, holten sie ein Fass und gaben das Bier direkt aus dem Schlauch aus.“
Das alte Gebäude des Bierladens.
Samara Regional Art Museum/russiainphoto.ruSchigulewskoje ist eines der berühmtesten Biere Russlands. Es wurde an den Ufern der Wolga bereits im 19. Jahrhundert gebraut und wurde in den Jahren der Sowjetunion unglaublich populär. Die Brauerei wurde 1881 von einem Österreicher, Alfred von Vacano, gegründet. Samara hatte er wegen des sauberen Wassers der Wolga und der günstigen Verkehrsanbindung ausgewählt.
Schiguli-Bierfabrik zu Beginn des XX. Jahrhunderts.
Samara Regional Art Museum/russiainphoto.ruVacano benannte sein Bier nach seiner Heimat - Wenskoje (Rus: Wiener). Das in Samara unter diesem Namen gebraute Bier wurde nicht nur in Russland, sondern auch in Gaststätten in Europa verkauft: Die Brauerei verfügte über ein Netz von Lagerstätten von Warschau bis Wladiwostok.
Der Werksbrauer Alexander Kasjanow und der Blick auf das Werk Schiguli zu Sowjetzeiten.
Prasdnikow/SputnikDer Erste Weltkrieg versetzte der russischen Bierindustrie jedoch einen schweren Schlag: Ein kaiserlicher Erlass führte im ganzen Land ein Alkoholverbot ein. Vacano wurde wegen Spionageverdachts aus Samara ausgewiesen. Nach der Revolution von 1917 ging er mit seiner Familie zurück nach Österreich. Zu diesem Zeitpunkt war die Brauerei bereits verstaatlicht, aber nicht in Betrieb. In den 1920er Jahren erhielten Vacanos Söhne die Erlaubnis, die Brauerei wiederzubeleben, aber einige Jahre später mussten auch sie das Land verlassen, und die Brauerei wurde vollständig verstaatlicht. Seitdem hat sie viele Wandlungen durchgemacht.
Eine Verkostung im Werk Schiguli.
Alexei Brjanow/TASSIm Jahr 1934 besuchte der damalige Volkskommissar für Lebensmittelindustrie, Anastas Mikojan, die Brauerei. Er war von der Qualität des Bieres beeindruckt, aber der seiner Meinung nach zu bürgerliche Name gefiel ihm nicht. So wurde aus „Wenskoje“ „Schigulewskoje“, benannt nach dem Schiguli-Gebirge am anderen Wolgaufer. Die Brauerei produzierte auch andere Biere, die aber weniger beliebt waren.
Wie jedes andere Produkt in der UdSSR musste auch das Schigulewskoje-Bier einem staatlichen Qualitätsstandard (GOST) entsprechen. Es war ein helles Lagerbier mit mindestens 2,8 % ABV und einem Stammwürzegehalt von nicht weniger als 11 %. GOST regelte auch die Art der verwendeten Rohstoffe und die Gärungszeit. Nach diesen Standards wurde das Schigulewskoje-Bier in mehr als 700 Brauereien in der gesamten Sowjetunion hergestellt!
Viele Arten von Schiguli-Bier.
Prasdnikow/SputnikWarum waren es so viele Brauereien? Die Sache ist die, dass sowjetische Biere nicht lange lagerfähig waren, höchstens eine Woche. Sie wurden frisch verkauft. Deshalb kamen die Biere meist aus der nächstgelegenen Brauerei in den Handel. Sie wurden entweder an „Kiosken“ in eigene Behältnisse der Kunden abgefüllt oder in den Läden in Pfandflaschen aus Glas verkauft.
Es überrascht nicht, dass es in vielen sowjetischen Städten Bierlokale namens „Schiguli“ gab. Eine Kneipe gleichen Namens war immer eine der günstigsten im Arbat-Viertel im Zentrum Moskaus (vor einigen Jahren war Wladimir Putin dort), während in Leningrad eine Bar mit Namen „Schiguli“ ein beliebter Treffpunkt der Bohemiens war.
Schiguli-Bar auf dem Arbat.
Wiktor Welicschanin, Petr Nosow/TASSHeutzutage wird Schigulewskoje-Bier nur in einigen Dutzend Brauereien in Russland und in den ehemaligen Sowjetrepubliken hergestellt, aber diese Biere sind sehr unterschiedlich in Bezug auf ihren Geschmack, ihre Stärke und die Art, wie sie gebraut werden. Die Einwohner von Samara sagen, dass sich der Geschmack von Schigulewskoje-Bier direkt aus der Brauerei im Laufe der Jahre nicht sehr verändert hat, aber es ist praktisch unmöglich, es außerhalb der Region zu finden, da es eben nicht lange gelagert werden kann. Deshalb nehmen die Biertrinker lange Schlangen und Wartezeiten in Kauf. Schigulewskoje-Bier ist eine lokale Spezialität geworden.
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