P-39 Airacobra: Warum bewunderten sowjetische Fliegerasse diesen US-Jagdbomber?

Archivfoto
In der Heimat blieb die P-39 unbeachtet, doch die besten Piloten der UdSSR wollten keine andere Maschine fliegen.

Amerikanische Piloten waren nicht begeistert von der Bell P-39 Airacobra. Der Jäger war in großer Höhe schlecht zu handhaben, wo er die schwere B-17 Flying Fortress (übersetzt „Fliegende Festung“) auf Bombenangriffen eskortieren musste. Auch die Kämpfe gegen die Luftwaffe der Deutschen an der Westfront fanden häufig in großer Höhe statt. Die westlichen Verbündeten hingen nicht an dieser Maschine und lieferten sie bereitwillig im Rahmen des Leih- und Pachtgesetzes in großer Zahl an die UdSSR. Insgesamt erhielt die sowjetische Luftwaffe fast 5.000 solcher Flugzeuge. Das waren mehr als die Hälfte der insgesamt produzierten Maschinen dieses Typs. 

Die sowjetische Haltung gegenüber der P-39 war radikal anders. In Luftschlachten an der Ostfront, typischerweise in niedriger und mittlerer Höhe, war sie unverzichtbar. Die ungewöhnliche Konstruktion mit dem Motor hinter dem Cockpit verlieh dem Flugzeug eine gute Geschwindigkeit, Manövrierfähigkeit, Aerodynamik und Sicht. Dies machte es zwar auch instabil und schwierig zu kontrollieren, so dass jeder Fehler fatal sein konnte. Die Airacobra war daher kein Flugzeug für Anfänger, sondern nur für erfahrene Piloten, was vielleicht zu ihrer Attraktivität beitrug.

Sowjetische Piloten schwärmten von der 37-mm-Kanone des Jägers (20 mm bei frühen Modellen). „Die Geschosse sind sehr schlagkräftig. Ein Treffer, und der Feind konnte sich normalerweise verabschieden“, erinnerte sich (rus) Pilot Nikolai Golodnikow. „Und wir haben nicht nur Kämpfer angegriffen, sondern auch Bomber und Wasserfahrzeuge. Für solche Ziele waren 37 mm sehr effektiv.“

Die Reaktion auf die vier montierten 7,7-mm-Browning-Maschinengewehre des P-39 war jedoch verhaltener. Es galt allgemein als aussichtlos, damit ein feindliches Flugzeug abschießen oder auch nur beschädigen zu wollen. Die sowjetischen Mechaniker entfernten häufig zwei der vier Gewehre, um das Gewicht des Jägers zu reduzieren und die Manövrierfähigkeit zu verbessern.

Die Airacobra konnte gut auf feuchten oder schneebedeckten Flugplätzen gestartet und gelandet werden. Während dies auf den westlichen und pazifischen Kriegsschauplätzen eher irrelevant war, war dies in der UdSSR mit ihrem weitaus raueren Klima ein großes Plus. Auf der anderen Seite mochte der Allison V-1710-Motor die russische Kälte nicht und fiel deshalb oft aus. Die Situation verbesserte sich, nachdem die Bell Aircraft Corporation sie auf Empfehlung der sowjetischen Spezialisten aufgerüstet hatte.

Ein separates Problem war die Einstiegsluke des Flugzeugs, die einer Autotür ähnelte. Die Piloten konnten am Boden bequem in das Flugzeug einsteigen, aber während einer Rettungsaktion in der Luft riskierten sie, gegen das Heck zu schlagen. Daher versuchten sowjetische Piloten meist, auch mit einer beschädigten Maschine noch zu landen. Glücklicherweise war die P-39 außergewöhnlich widerstandsfähig. Oft kehrten die Flugzeuge mit mehr Einschusslöchern als Metall im Rumpf sicher von einem Luftkampf zurück.

Airacobras kämpften über die gesamte Länge der sowjetisch-deutschen Front: von der Arktis bis zum Kaukasus. Sie spielten eine bedeutende Rolle beim ersten großen Sieg der sowjetischen Luftstreitkräfte über die deutsche Luftwaffe, nämlich bei den Luftschlachten um Kuban von April bis Juni 1943. Mehr als 2.000 Flugzeuge nahmen an den Kampfhandlungen auf beiden Seiten teil.

Am 9. September 1942 rammte Gardeleutnant Efim Kriwoschejew in der Region Murmansk erstmals mit einer Airacobra ein feindliches Flugzeug. Nachdem er bereits seine gesamte Munition aufgebraucht hatte, entdeckte er eine Messerschmitt hinter der Maschine seines Kommandanten Pawel Kutachow. Ohne nachzudenken, rammte er den feindlichen Kämpfer und opferte sein Leben, um Kutachows zu retten. 

Die schwer zu handhabende, aber effektive P-39 wurde für die Besten der Besten entwickelt und wurde hauptsächlich in den Wacheinheiten eingesetzt. Alexander Pokryschkin, Grigori Retschkalow, Alexander Klubow, Nikolai Gulajew, die Brüder Dmitri und Boris Glinka sowie weitere sowjetische Top-Fliegerasse saßen am Steuerknüppel des amerikanischen Kämpfers. Pokryschkin, der zweiterfolgreichste aller Kampfpiloten unter den Alliierten, machte damit 48 seiner 59 Abschüsse und Retschkalow 50 von insgesamt 56. Selbst als gegen Ende des Krieges schnellere und wendigere Flugzeuge bei der sowjetischen Luftwaffe in Dienst gestellt wurden, blieben viele sowjetische Piloten ihrer geliebten Airacobra treu, die sie nie im Stich gelassen hatte. 

>>> Welche britische und US-Militärausrüstung nutzte die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg?

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!