Stählerne Schlachtrösser: Die drei furchterregendsten russischen Kriegszüge

Wissen und Technik
IGOR ROSIN
Diese Züge gehörten einst zu den beeindruckendsten Waffen der russischen Armee. Die gut gepanzerten Stahlrösser waren bis an die Zähne bewaffnet, auch mit Atomraketen.

Eisenbahnraketenkomplex BZhRK

Der beeindruckendste Waffenzug war und ist der Eisenbahnraketenkomplex BZhRK, der mit RS-22-Interkontinentalraketen bestückt ist. Er rollte durch Russland, allzeit bereit, den Feind anzugreifen.

Diese Mobilität war der Hauptvorteil des Eisenbahnraketenkomplexes, vor allem, weil Russland mit mehr als 120.000 Kilometern das drittlängste Schienennetz der Welt hat. Der Atomzug war seit den späten 1980er Jahren im Einsatz. Für feindliche Satellitenüberwachung war er praktisch unsichtbar.

Das System war jedoch nicht ohne Nachteile. „Die Raketenzüge waren sehr schwer, wogen jeweils über 110 Tonnen und wurden von drei Diesellokomotiven gezogen. Jedes Mal, wenn sie unterwegs waren, musste ein Bautrupp mitreisen, um die Böschungen zu verstärken. Das hat das russische Eisenbahnministerium irritiert“, erzählt der Militäranalyst der Nachrichtenagentur „TASS“, Oberst a.D. Wiktor Litowkin „Russia Beyond“.

Er berichtet, dass die Atomzüge mit den RS-22 an Bord von 1984 bis 1994 das Land durchquerten. Nach dem START-Vertrag, dem Abrüstungsabkommen zur Reduzierung strategischer Trägersysteme zwischen den Supermächten, wurde ihre Zahl reduziert. Nach dem aktuellen New START-Abkommen können Russland und die USA jeweils 700 Trägersysteme (Atom-U-Boote, strategische Bomber, Interkontinentalraketen) und weitere 100 in Depots einsetzen. Außerdem ist die Anzahl der Atomsprengköpfe auf 1.550 begrenzt.

2013 kündigte Russland Pläne an, einen Teil seiner Raketensysteme auszumustern, um erneut einen Eisenbahnraketenkomplex neuerer Generation auf die Schiene zu bringen. Im Dezember 2014 hatte das russische Verteidigungsministerium die Rakete für das sogenannte Projekt Bargusin ausgewählt: sechs RS-24 Jars sollten pro Zug mitreisen. Sie können in gewöhnlichen Güterwaggons transportiert werden, so dass es möglich gewesen wäre, die Spezialtransporte als zivilen Schienenverkehr zu tarnen.

Die Wirtschaftskrise Mitte der 2010er Jahre setzte dem Projekt jedoch ein Ende. Das für Bargusin vorgesehene Geld floss in den Bau der Awangard-Raketen.

Chunchuz

Während des Ersten Weltkriegs hatte das Russische Reich vier bewaffnete Züge der Chunchuz-Klasse im aktiven Dienst. Jeder bestand aus einer Dampflokomotive der O-Serie (aus dem russischen Osnownoi - „Basis“) und zwei zweiachsigen Plattformen. Sie beherbergten zwölf erbeutete österreichische 8-mm-Schwarzlose-Maschinengewehre und einen Turm mit einem 76,2-mm-Berggewehr des Modells 1904. Die 1,2-1,6 cm dicke Stahlplattenpanzerung war mehr als ausreichend, um die 94-köpfige Besatzung vor Kleinwaffenfeuer zu schützen.

Die russische Armee setzte diese Züge bis zu ihrem Rückzug aus dem Ersten Weltkrieg 1918 aktiv in Frontoperationen ein.

Schelesnjakow

Der Zug mit dem Namen Schelesnjakow war ein gepanzertes Monster, das fünf 76-mm-Kanonen, zwei 82-mm-Mörser, vierzehn 7,62-mm-Maxim-Maschinengewehre und zwei 12,7-mm-DShK-Maschinengewehre auf vier Plattformen trug.

Dieser Gigant war durch 30-mm-Panzerplatten geschützt, konnte aber trotz seines Gewichts auf eine Geschwindigkeit von 50 km/h beschleunigen.

Die deutsche Armee nannte dieses stählerne Schlachtross den „grünen Geist“. Er erschien aus dem Nichts, eröffnete das Feuer und verschwand ebenso plötzlich wieder. Dies war möglich, weil für den Zug Tunnel und Nischen in den Bergen der Krim geschaffen worden waren, in denen er sich verborgen hielt. Schließlich entdeckten die Deutschen den „grünen Geist“ doch und bombardierten sein Versteck.