US-Ingenieure haben mit ATLAS (Advanced Targeting and Lethality Aided System) einen weiteren Fortschritt auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz (KI) in der Kriegsführung erzielt. Diese Technologie soll künftig das Gehirn des amerikanischen Leichtpanzers „Griffin I“ werden, der mit einer automatischen 50-mm-Kanone ausgestattet ist. Es gibt Pläne, das System auch in die Abrams-Panzer einzubauen, die auf dem internationalen Waffenmarkt ein potenzieller Rivale des russischen T-14 „Armata“-Panzers sind.
ATLAS ist ein für panzerbasierte Waffen entwickeltes Ziel- und Abschusssystem. Die KI ist in der Lage, bewegliche Ziele zu erfassen und freundliche und feindliche Objekte auseinanderzuhalten. Alle Informationen werden in Echtzeit an den Divisionskommandeur weitergeleitet. Die Entscheidung zum Schuss liegt weiter ausschließlich beim Menschen.
In der Forschungs- und Entwicklungseinrichtung Aberdeen Proving Ground der US-Army in Maryland wird ATLAS zurzeit im „Griffin“-Panzer getestet.
Wird ATLAS aktiviert, scannen die im oberen Bereich des Panzers installierten optischen und Infrarotsensoren im 360°-Umfeld. Alle Daten werden an den zentralen Sensor weitergeleitet. Das elektronische Gehirn verwendet Algorithmen für maschinelles Lernen, um Ziele, deren Typ, Geschwindigkeit und Entfernung automatisch erfassen zu können.
Der Bediener und der Kommandeur erhalten eine Echtzeitanzeige auf dem Display im Panzer. Alles, was dann noch zu tun ist, ist das Ziel zu bestätigen. Den Rest erledigt die KI: Die Kanone drehen, ballistische Berechnungen etwa zur Entfernung vornehmen, den Winkel korrigieren, den Waffentyp auswählen (panzerbrechend, kumulativ, Schrapnell oder hochexplosiv) und die Feuerart.
Noch ein Klick auf dem Display und der Auftrag ist beendet.
Nachdem das Ziel getroffen wurde, wählt der Kommandant ein neues vorgeschlagenes Ziel auf dem Monitor aus und wiederholt den Vorgang wie in einem Videospiel.
Das neue Zielsystem ermöglicht es dem US-Militär, die Zeit von der Zielerfassung bis zu seiner Eliminierung um das Dreifache zu verkürzen. Durch die neue Technologie könnte der US-„Abrams“-Panzer zu einem direkten Konkurrenten für den russischen Panzer T-14-„Armata“ der 4. Generation werden.
„Die Kriegsführung im 21. Jahrhundert ist netzwerkbasiert. Das Schlachtfeld wird als Informationsmatrix betrachtet, in der Spionageflugzeuge, unbemannte Drohnen, Artilleriekomplexe, Panzer, Scharfschützen usw. in ein einzigartiges Computersystem integriert sind, das zusammenarbeitet“, erklärt eine Quelle aus der russischen Panzerindustrie, die anonym bleiben möchte, „Russia Beyond“.
Nach Angaben des Spezialisten benötigen die Kämpfer und Maschinenbediener vor Ort ein Tablet und einen Bordcomputer mit Infos über die technische Ausstattung und weiteren Informationen, die zur Zielerfassung und für eine automatische Steuerung notwendig sind.
„Ein solches System ist von einem einzelnen Schützen bis zu einer ballistischen Rakete skalierbar. So wird die Kriegsführung digitalisiert“, so der Experte, der hinzufügt, dass der Panzer „Armata“ bereits mit einem ähnlichen Zielsystem wie ATLAS ausgestattet und dieses bereits in die digitalen militärischen Systeme Russlands integriert sei.
„Ähnliche ballistische Rechner wurden bereits in alle russischen Panzer integriert - darunter T-72 und T-90. Der Panzerkommandant muss den Feind nicht einmal sehen. Er enthält die Koordinaten des Standorts und muss lediglich den Feuerbefehl erteilen“.
Für den „Armata“ wird ATLAS keine Gefahr auf dem Schlachtfeld darstellen. Das Zielsystem und die KI haben keinen Einfluss auf die Waffen an Bord des russischen Panzers.
„Der ‚Armata‘ ist mit den modernsten Systemen für eine aktive, dynamische Verteidigung ausgestattet. Auf YouTube gibt es Videos, in denen syrische Kämpfer mit dem amerikanischen Panzerabwehrkomplex „Javelin“ auf einen T-90 der letzten Generation schießen (dessen Panzerung leichter ist als die des ‚Armata‘). Die Bilder zeigen deutlich, dass der T-90 völlig unversehrt bleibt. Die interne dynamische Verteidigung wurde im passiven Modus aktiviert. Wenn der Panzer aktiviert und mit voller Kapazität funktionieren würde, würde die aktive Verteidigung mit ihren eingebauten Interferenzsystemen den feindlichen Waffen nicht erlauben, sich ihrem Ziel auch nur zu nähern“, führt der Experte weiter aus.
Darüber hinaus verfügt der „Armata“ über Tarntechnologie, die es ermöglicht, vor feindlichen optischen und Funküberwachungssystemen verborgen zu bleiben.
„Die Amerikaner haben nicht das ‚Knowhow‘ entwickelt, sondern nur Technologien, die für die moderne Kriegsführung notwendig sind. ATLAS-analoge Systeme sind bereits in unseren Geräten installiert. Dies ist einer der seltenen Fälle, in denen nun zu uns aufgeschlossen wird“, sagt Wiktor Murachowski, Chefredakteur der Zeitschrift „Arsenal Otetschestwa“.
Jedoch ist die US-Elektronik nun minimal besser, stärker und noch mehr High-Tech als die russische.
„Die Amerikaner sind Pragmatiker. Panzerbasierte Zielsysteme haben sie vorher nicht wirklich interessiert, da sie normalerweise nur in Ländern der Dritten Welt in den Krieg ziehen, in denen sie keine Gegner vom Format eines ‚Armata‘ haben. Jetzt existiert auf dem Waffenmarkt jedoch der russische Panzer der nächsten Generation, der die ausländischen Rivalen letztlich dazu genötigt hat, Technologien zu entwickeln, die zuvor in ihren Maschinen fehlten“, fasst Murachowski zusammen.
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