Die Verwandlung eines sowjetisches Seeungeheuers: Erst Kampfmaschine dann Rettungsschiff

Wissen und Technik
NIKOLAJ SCHEWTSCHENKO
„Spasatel“ ist der Zwilling eines ursprünglich zu Angriffszwecken gebauten sowjetischen „Seeungeheuers“. Es diente aber friedliche Zwecken. Dennoch sieht es nicht minder furchteinflößend aus.

Ein Bodeneffektfahrzeug aus sowjetischer Produktion sorgte kürzlich für Schlagzeilen, als ein Blogger es an der Küste des Kaspischen Meeres gestrandet fotografierte. Die gewaltige Kriegsmaschine, die das Wasser durchdringen und feindliche Truppen vernichten sollte, wurde nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 endgültig ausrangiert.

Wie sich herausstellte, gibt es in Nischni Nowgorod, einer russischen Stadt an der Wolga, noch einen weiteren Vertreter dieser fast ausgestorbenen Art.

Dieses in der Sowjetunion hergestellte Bodeneffektfahrzeug - auf Russisch „Ekranoplan“ genannt (was übersetzt in etwa „Schirmgleiter“ bedeutet) - ist fast identisch mit dem „Ungeheuer“ des Kaspischen Meeres, auch bekannt als „Lun“.

>>> Weder ein Schiff noch ein Flugzeug: Der Lun-Ekranoplan landete an einem Ufer des Kaspischen Meeres

Genau wie sein Zwilling aus Derbent war das Flügelschiff in Nischni Nowgorod darauf ausgelegt, feindliche Kräfte zu vernichten, indem es aufgrund des von seinen riesigen Flügeln erzeugten Drucks unter seinem Körper schnell über Gewässer „flog“. 

Im Gegensatz zum Flügelschiff „Lun“ wurde sein Zwilling jedoch von einer Kriegsmaschine zu einem Rettungsfahrzeug umfunktioniert und entsprechend benannt: „Spasatel“ (der „Retter“).

„Ursprünglich war es dasselbe Modell [wie ‚Lun‘], aber man hatte keine Zeit, es militärisch aufzurüsten und beschloss, es in ein ziviles Schiff umzuwandeln. So wurde das Schiff zu einem großen Krankenhaus. Es hat hundertfünfzig Betten und kann bei Bedarf fünfhundert Menschen auf einmal transportieren, erklärt Tatjana Alexejewa, eine Ingenieurin, die in den 1980er Jahren in der UdSSR am Bau der beiden Bodeneffektfahrzeuge beteiligt war. Beide wurden im Alexejew-Zentralbüro für Tragflächenkonstruktion [benannt nach ihrem Vater] entwickelt.

Verglichen mit „Lun“ mag „Spasatel“ weniger einschüchternd wirken, da ihr die Marschflugkörper zur Schiffsabwehr fehlen, die nach der Umgestaltung des Kriegsschiffs in eine einzigartige zivile Maschine entfernt wurden.

Dennoch sind die beiden Schiffe von der Größe her vergleichbar. „Spasatel“ ist 93 Meter lang und hat eine Flügelspannweite von 44 Metern. Es konnte eine Reisegeschwindigkeit von 550 km/h erreichen. Ein Wert, den kein anderes schweres Schiff dieser Zeit erreichte.

Ebenso wie das Flügelschiff von Derbent wurde auch „Spasatel“ nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aufgegeben. 

Heute ruht es bei einer Fabrik in Nischni Nowgorod und lockt Reiseblogger und Fotografen als einzigartiges Beispiel für einzigartige Ideen sowjetischer Ingenieurskunst, die nie umgesetzt wurden.