Agrarminister Tkatschow: "Deutsche Partner investieren direkt in Russland"

Russlands Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschow (rechts) besuchte vergangene Woche Berlin und traf sich da mit seinem Amtskollegen Christian Schmidt (links).

Russlands Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschow (rechts) besuchte vergangene Woche Berlin und traf sich da mit seinem Amtskollegen Christian Schmidt (links).

Landwirtschaftsministerium Russland
Der russische Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschow nahm in der vergangenen Woche am Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) und der angeschlossenen Agrarministerkonferenz in Berlin teil. Diese findet jedes Jahr zu Beginn der internationalen Agrarmesse Grüne Woche statt. Mit „Rossijskaja gaseta“ sprach er über seinen Besuch in Deutschland.

„Rossijskaja gaseta“: Worüber haben Sie in Berlin mit dem deutschen Landwirtschaftsminister Christian Schmidt gesprochen?

Tkatschow: Das Treffen mit Christian Schmidt ist ein Schritt zum allmählichen Aufbau eines Dialogs zu Agrarfragen zwischen Russland und der Bundesrepublik Deutschland. Unsere Landwirtschaft ist einer der Wirtschaftsbereiche geblieben, in die deutsche Investoren noch direkt investieren. Unsere deutschen Partner verlassen den russischen Wirtschaftsraum nicht. Ausländische Investoren sind mehr und mehr an einer Lokalisierung ihrer Produktion interessiert. In einigen Fällen ist das eine notwendige Maßnahme, um die eigene Marktpräsenz aufrechtzuerhalten. Wir sehen auch gute Chancen auf dem deutschen Markt für russische Produzenten und Lieferanten von Agrarprodukten.

In unserem Gespräch haben wir ein großes Spektrum an Themen erörtert. Wir haben auch über die Wiederbelebung der russisch-deutschen Arbeitsgruppe für die Zusammenarbeit im Agrarbereich gesprochen, die sich zuletzt im Juli 2013 getroffen hat.

Wir haben uns ebenso darauf geeinigt, alle drei Monate Konsultationsgespräche von Experten für Veterinärmedizin, Pflanzengesundheit und Tierseuchen in Russland und Deutschland durchzuführen. Es ist zudem geplant, das System zur Sicherheit gegenseitiger Produktlieferungen zu erneuern. Dies würde es ermöglichen, das bilaterale Handelssystem unserer beiden Ländern in kürzester Zeit wiederherzustellen. Früher oder später werden die gegenseitigen Sanktionen wieder aufgehoben. Wir müssen uns deshalb bereits jetzt Gedanken über die weitere Entwicklung unserer Handelsbeziehungen machen.

Welche Vereinbarungen wurden denn während der Konferenz in Berlin mit Kollegen aus anderen Ländern getroffen?

Mit dem mexikanischen Landwirtschaftsminister José Calzada wurde die Möglichkeit erörtert, den Warenumsatz bei Agrarprodukten zu steigern. Im vergangenen Jahr hat der Handelsumsatz zwischen den beiden Ländern im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 Prozent zugenommen und rund 150 Millionen US-Dollar (140 Millionen Euro, Anm. d. Red.) betragen. Bei dem Treffen mit dem brasilianischen Minister Blairo Maggi ging es um die Zulassung einzelner Fleischerzeugnisse, auch Rindfleisch, für den brasilianischen Markt.

Welchen Nutzen können normale Verbraucher in Russland und anderen Ländern aus den Abkommen mit Ihren Kollegen ziehen?

Russische Verbraucher erhalten ein größeres Warensortiment. Bei der Öffnung des russischen Marktes für Waren aus Ländern, gegen die Sanktionen verhängt worden sind, muss man an diese Frage ausgewogen und unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten angehen. Wenn wir Entscheidungen treffen, werden wir in erster Linie die Interessen unserer eigenen Agrarproduzenten vertreten, die seit Einführung der Gegensanktionen sehr viel in neue Projekte investiert haben.

Die Frage der vollständigen oder teilweisen Aufhebung von Beschränkungen für Agrarlieferungen an den russischen Markt müssen im Zusammenhang mit der Aufhebung der Gegenbeschränkungen für russische Molkereiprodukte sowie Hühner-, Rind- und Hammelfleisch behandelt werden.

Die russische Agrarindustrie ist mittlerweile ein moderner und wettbewerbsfähiger Wirtschaftszweig, der in den vergangenen Jahren sehr gute Ergebnisse geliefert hat. Inzwischen deckt Russland seinen Bedarf an Getreide, Fleisch, Pflanzenöl, Zucker und Kartoffeln vollständig selbst. Und unsere internationalen Kollegen konnten sich davon überzeugen, dass Russland nicht nur mit Erdöl handelt.

In diesem Jahr hat sich Russland auf der Grünen Woche nicht in einer eigenen Halle präsentiert. In den letzten Jahren ist zudem die Zahl der russischen Regionen, die ihre Produkte in Berlin zeigen, zurückgegangen. Was ist der Grund für diesen Rückgang? Und wie werden wir in Zukunft das Potenzial unserer Lebensmittelproduzenten im Ausland präsentieren?

Der Rückgang der russischen Präsenz ist in erster Linie mit der Einführung der Sanktionen zu erklären. Aber das bedeutet nicht, dass wir unserer Produkte etwa nicht mehr exportieren oder sie für die Verbraucher in anderen Ländern uninteressant geworden wären.

Wir liefern auch weiterhin Getreide nach Deutschland, darunter Weizen, Mais und Buchweizen. Wir exportieren zudem Schokolade und Konditoreiwaren, Bohnen, Erbsen und andere Waren. Russland dehnt die Absatzmärkte für seine Agrarprodukte aktiv aus. Die größten Handelspartner bleiben auch weiterhin China, die Türkei, Ägypten und Nordafrika. Im vergangenen Jahr hat Russland seine Agrarexporte um vier Prozent auf 17 Milliarden US-Dollar (15,8 Milliarden Euro, Anm. d. Red.) gesteigert, und das durch gestiegene Exporte von Getreide, Pflanzenöl und Fisch. Wir präsentieren unsere Errungenschaften übrigens weltweit aktiv auf anderen Agrarmessen: in China, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie in Ländern, in denen unsere Agrarproduzenten an der Erschließung neuer Absatzmärkte interessiert sind.

RBTH-Check:

In diesem Jahr findet die Internationale Grüne Woche zum 82. Mal statt, es nahmen Aussteller aus 66 Ländern teil. Erst zum zweiten Mal in den vergangen 24 Jahren präsentierte sich Russland nicht in einer eigenen Halle. 2016 wurde Alexander Tkatschow das Visum für den Besuch der Agrarmesse in Berlin verwehrt, da sich sein Name auf der Sanktionsliste der Europäischen Union befindet. Dies verhinderte automatisch auch die Arbeit der russischen Delegation. In diesem Jahr wurde der Landwirtschaftsminister trotz der Sanktionen zur Agrarministerkonferenz eingeladen. „Um den Besuch des russischen Ministers zu ermöglichen, mussten die deutschen Behörden das Treffen einer OSZE-Veranstaltung gleichstellen“, hieß es zuvor in den Medien.

Die ungekürzte Fassung dieses Beitrags erschien zuerst auf Rossijskaja Gazeta.

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