Nach dem Mordversuch zog der Journalist Oleg Kaschin nach Genf.
KommersantDer für seine politische Berichterstattung bekannte russische Journalist Oleg Kaschin wurde im November 2010 vor seinem Haus von zwei Männern angegriffen und brutal zusammengeschlagen. Nun gab Kaschin die Namen der beiden mutmaßlichen Schläger bekannt: Danila Wesselow und Wjatscheslaw Borissow. Ihr mutmaßlicher Komplize Michail Kawtasskin wartete während des Überfalls in einem Fluchtfahrzeug auf sie. Russische Ermittlungsbehörden bestätigten diese Informationen.
Seit Ende Juni dieses Jahres befinden sich Wesselow und Kawtasskin in Untersuchungshaft. Borissow hingegen ist weiterhin auf der Flucht, nach ihm wird landesweit gefahndet.
Die drei mutmaßlichen Täter waren als Wachmänner im Sankt Petersburger Metallverarbeitungswerks Mechanitschesskij sawod angestellt. Das Werk gehört zur Unternehmensgruppe Leninez, die im Besitz der Familie von Andrej Turtschak, dem Gouverneur der Oblast Pskow, ist.
Wer hinter der Tat steckt, ist bislang unklar. Die beiden Verhafteten Wesselow und Kawtasskin beschuldigten Alexander Gorbunow, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Leninez. Gorbunow soll den Anschlag auf Kaschin in Auftrag gegeben haben und den mutmaßlichen Schlägern dafür 3,3 Millionen Rubel gezahlt haben. Das entsprach zum damaligen Zeitpunkt etwa 78 000 Euro. Gorbunow sitzt ebenfalls in Untersuchungshaft in Sankt Petersburg. Gegen ihn wird wegen unerlaubten Waffenbesitzes ermittelt.
Dass die mutmaßlichen Täter beim Familienunternehmen des Gouverneurs Turtschak beschäftigt waren, veranlasste Kaschin, aber auch andere Beobachter, zu der Vermutung, Turtschak stecke hinter dem Überfall. Öffentlich äußerte sich Kaschin zu dieser Version nicht und auch in den offiziellen Ermittlungen spielt Turtschak bislang keine Rolle. Der Gouverneur ließ über seinen Pressesprecher ausrichten, dass er jede Stellungnahme verweigere.
Oleg Kaschin ist ein berühmter russischer Journalist und Politikbeobachter. Er schrieb unter anderem für die Wirtschaftszeitung „Kommersant“, die Zeitung „Izwestija“, die Zeitschriften „Expert“ und „Russkaja schisn“.
Im Mai 2013 zog Kaschin gemeinsam mit seiner Ehefrau nach Genf in die Schweiz. Er schreibt weiterhin für russische Medienprojekte wie „Slon“, svpressa.ru und „Sputnik i Pogrom“. Im Jahr 2014 gründete er sein eigenes Internetportal Kashin.guru, wo außer ihm noch einige andere Autoren publizieren.
In der Nacht auf den 6. November 2010 wurde Kaschin von zwei Männern vor seinem Haus im Zentrum Moskaus zusammengeschlagen. Der Journalist erlitt zahlreiche Knochenbrüche sowie eine Gehirnerschütterung und verlor einige Fingerglieder. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt und musste mehrfach operiert werden. Seine Arbeit konnte Kaschin erst nach Monaten wieder aufnehmen.
Russlands Ministerpräsident Dmitrij Medwedew, damals russischer Präsident, versprach, die Ermittlungen persönlich zu überwachen. Im Verlauf der letzten Jahre kamen allerdings keinerlei neue Informationen ans Tageslicht. Daher klagte Kaschin beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Untätigkeit des russischen FSB in seinem Fall. In seiner aktuellen Veröffentlichung bedankte sich Kaschin jedoch sowohl bei Dmitri Medwedjew als auch bei den russischen Ermittlungsbehörden für ihren Einsatz.
Als Drahtzieher kamen mehrere Personen in Betracht. Oleg Kaschin vermutete, hinter dem Überfall könnten Vertreter der regierungsnahen Jugendorganisationen Naschi und Molodaja gwardija stecken. Der Journalist hatte deren Tätigkeiten kritisiert. Ebenso kamen Personen aus dem Umkreis der Stadtverwaltung von Chimki, einer Stadt bei Moskau, in Frage. Kaschin hatte über Proteste gegen die Schnellstraße zwischen Moskau und Sankt Petersburg berichtet, die durch den umliegenden Wald gebaut werden sollte. Zudem erhob er Verdächtigungen gegen den Gouverneur der Oblast Pskow Andrej Turtschak.
Im August 2010 beleidigte Kaschin Andrej Turtschak in seinem persönlichen Blog mit einem Schimpfwort. Turtschak antwortete auf den Beitrag und forderte innerhalb von 24 Stunden eine Entschuldigung. Auf die Frage Kaschins, ob es sich bei dieser Forderung um eine Drohung handele, gab es keine Antwort. Später löschte Turtschak seinen ursprünglichen Kommentar.
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