„Das Ziel des russischen Einsatzes der russischen Luftwaffe in Syrien war auch einen Durchbruch im Bürgerkrieg zu erlangen“, sagen Experten. Und das sei gelungen.
AP„Die Aufgabe, die dem Verteidigungsministerium und den Streitkräften gestellt war, ist im Großen und Ganzen erfüllt.“ Das waren die Worte, mit denen der russische Präsident Wladimir Putin am Montag den Teilabzug russischer Truppen aus Syrien angeordnet hat. Schon am heutigen Tag wurde mit dem Abzug begonnen.
Den Marinestützpunkt in Tartus und den Luftwaffenstützpunkt Hmeimim im syrischen Norden will Russland aber nicht aufgeben. Diese sollten „vom Boden, vom Wasser und aus der Luft geschützt werden“, forderte Russlands Staatschef.
Die russische Armee leiste der syrischen Regierung seit vielen Jahren Unterstützung, sagte Putin. Russische Soldaten sollten daher auch weiterhin in Syrien präsent sein und dort „eine sehr wichtige Kontrollfunktion über den Waffenstillstand ausüben und die Voraussetzungen für den Friedensprozess schaffen“, so der Präsident.
Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der Zeitschrift „Russia in Global Affairs“, erklärte, Russland wolle mit diesem Schritt möglicherweise Syriens Präsident Baschar al-Assad unter Druck setzen. Zugleich sei es gelungen, Assad zu stärken und ihn vor einer Entwicklung wie in Libyen zu bewahren. Der libysche Machthaber Gaddafi war im Jahr 2011 gelyncht worden. Es müsse verhindert werden, so Lukjanow, dass Syrien gleichfalls unkontrollierbar werde und damit zur ständigen Bedrohung für die Stabilität der Region.
„Wesentliches Ziel des Einsatzes der russischen Luftwaffe in Syrien war nicht nur der Widerstand gegen den ‚Islamischen Staat‘, sondern auch, einen Durchbruch im Bürgerkrieg zu erlangen“, sagte Lukjanow. Und das sei gelungen: „Dank der unterstützenden Luftangriffe durch die russische Armee konnten die syrischen Regierungstruppen die radikale Opposition sowie die Terroristen teilweise aus den größten Städten des Landes vertreiben“, meint der russische Außenpolitik-Experte.
Das russische Vorgehen in Syrien sei vergleichbar mit dem der USA in Afghanistan. Der größte Teil der Soldaten werde zwar abgezogen, doch eine kleine, aber effektive Truppe bleibe vor Ort. Das habe vor allem politische Signalwirkung, erklärt Fjodor Lukjanow.
Wladimir Jewsejew, Leiter der Abteilung für eurasische Integration und Entwicklung der SOZ am GUS-Länder-Institut, geht davon aus, dass ein Großteil der Militärtechnik vor Ort bleiben wird: „Schiffe, das Raketenabwehrsystem sowie umfangreiche Nachrichtentechnik bleiben in der Region“, zählt er auf. Um den Friedensprozess voranzubringen, sei Russland aber bereit, seine Soldaten, die bisher im Kampfeinsatz waren, abzuziehen. Gleichzeitig, so betont der Experte, sei Russland bereit und fähig, jederzeit wieder Luftstreitkräfte nach Syrien zu schicken. Etwa für den Fall, wenn die Türkei oder Saudi-Arabien versuchen sollten, den russischen Teilabzug zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Von einem russischen Sieg in Syrien könne man nicht unbedingt sprechen, räumt Jewsejew ein: „Russland ging es aber auch lediglich um einen Durchbruch und darum, die Zahl der Akteure im Krieg zu reduzieren.“ Der Krieg hätte noch mindestens weitere acht Monate andauern müssen, um gewonnen werden zu können, schätzt er. „Das hätte zahlreiche Zivilisten das Leben gekostet und zudem die Infrastruktur des Landes zerstört. Das wollte niemand“, resümiert der Militärexperte. Jewsejew glaubt, dass Russland für den Teilabzug Zugeständnisse von den USA verlangt habe, eine Einmischung der Türkei oder Saudi-Arabiens in syrische Fragen gering zu halten.
Seit dem 27. Februar gilt in Syrien eine Waffenruhe. Diese wurde gemeinsam von Russland und den USA initiiert. Ausgenommen von der Waffenruhe sind Kämpfe gegen die Terrororganisationen „Islamischer Staat“ und die „Al-Nusra-Front“.
Die russische Militäroperation in Syrien war am 30. September 2015 gestartet. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schojgu legte bei einer Sitzung mit dem russischen Präsidenten am Montag Zahlen vor. Demnach sind die russischen Luftstreitkräfte über 9 000 Einsätze geflogen. Mit der russischen Unterstützung sei es der syrischen Armee gelungen, 400 Städte zu befreien und über 10 000 Quadratkilometer zurückzuerobern. Über 2 000 IS-Kämpfer russischer Herkunft seien dabei getötet und mehr als 200 Anlagen zur Ölförderung und -verarbeitung zerstört worden.
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