Michail Chodorkowski sucht im Internet einen Putin-Herausforderer.
APSeit Anfang der Woche ist die Internetplattform „Wmesto Putina“ (zu Deutsch: „Statt Putin“) online. Dort kann jeder Russe einen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen vorschlagen. Elf Vorschläge sind bisher eingegangen. Wer das Rennen machen wird, das entscheiden am Ende die Nutzer. Allerdings muss der potenzielle Putin-Herausforderer dann noch von einer Expertengruppe der Betreiber bestätigt werden.
Hinter dem Projekt steht der frühere Yukos-Chef Michail Chodorkowski. Der meint, dass es unter den 145 Millionen Russen durchaus Alternativen zum amtierenden russischen Präsidenten gebe. Doch der Öffentlichkeit werde ständig das Gegenteil suggeriert. Deshalb rief er die Plattform ins Leben.
Auch Jelena Panfilowa, die Vizevorsitzende von Transparency International, findet sich auf der Liste der Kandidaten wieder. „Aufregend“ fand sie es, als sie davon erfuhr. Panfilowa merkt jedoch an, dass sie es begrüßt hätte, wenn sie zuvor nach ihrer Meinung zu dem Projekt gefragt worden wäre. Panfilowa glaubt indes nicht daran, dass über „Wmesto Putina“ neue Führungspersönlichkeiten entdeckt werden. Die meiste Unterstützung hätten bislang Nawalny und der frühere Finanzminister Alexej Kudrin. Dennoch verdiene das Projekt als Mittel, die Gesellschaft an der Politik teilhaben zu lassen, Unterstützung, meint die Transparenzwächterin.
Wladimir Milow, Mitglied der Expertengruppe der Internetplattform, stellt dagegen den politischen Aspekt klar in den Vordergrund: „Ziel ist es, einen starken Gegenkandidaten zu finden.“ Chodorkowski habe Einfluss in der Opposition, könne aber nicht selbst vorgeschlagen werden, weil er im Ausland lebt. „Nun soll ein geeigneter Herausforderer gefunden und eine Diskussion angeregt werden. Das ist eine gute Sache“, erklärt Milow.
Dieser bekannte selbst in einem Interview mit der russischen Zeitung „RBC“, dass es ihm bei seiner Initiative nicht darum ging, für die bevorstehenden Wahlen einen tatsächlichen Herausforderer Putins zu finden. Der Oligarch sieht für einen Oppositionskandidaten unter den gegebenen Regeln keine Chance, eine Wahl zu gewinnen. Eine Veränderung könne seiner Meinung nach nur durch „unerwartete Veränderungen des politischen Umfelds“ erreicht werden. Er präzisierte jedoch nicht, welche Veränderungen er meint.
Jurij Korgunjuk, Chefanalyst der regierungskritischen Indem-Stiftung, erklärte, dass bei einer solchen Veränderung die Lage unübersichtlich und unberechenbar werden könne. Sich darauf einzustellen, zumal wenn man wie Chodorkowski gar nicht vor Ort sei, sei nicht möglich. Korgunjuk traut Chodorkowski denn auch so viel Naivität nicht zu. Der frühere Yukos-Eigner wolle wohl nur die Muskeln spielen lassen.
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