Joseph Blatter über Putin, Platini und Politik.
EPA„Ein persönlicher Streit mit Platini war der Auslöser für die Krise“
Bereits 2012 wollte die Uefa nicht, dass ich Fifa-Präsident bleibe. Dies war eine geplante Aktion gegen den Fifa-Präsidenten. Ich hatte die Unterstützung aller Kontinentalverbände. Nur die Uefa ließ nichts unversucht, um mich zu stürzen. Doch sie scheiterte damit. Ich wurde trotz des jüngsten Fifa-Skandals zum Präsidenten wiedergewählt. Wer war in die Attacken involviert? Die Europäische Union. Das EU-Parlament hat zweimal Resolutionen gegen meine Wiederwahl verabschiedet. Dies war eine direkte Einmischung der Politik in den Sport. Von Anfang an war ich das Ziel der Attacken. Und arrangiert hat das alles Michael Platini (der suspendierte Uefa-Präsident, Anm. d. Red.). Es ist etwas Persönliches.
„Die Fifa kann man nicht zerstören“
Erst später kam es zu politischen Auseinandersetzungen, als sich die Verlierer aus der WM-Vergabe der Kampagne der Fifa-Zerstörung angeschlossen haben. (Russland gewann das Wettrennen gegen England um die Weltmeisterschaft 2018; Katar ließ bei der Vergabe der WM 2022 die USA hinter sich, Anm. d. Red.). Aber die Fifa kann nicht zerstört werden, sie ist keine Schweizer Bank und kein normales Unternehmen. Auf diese Art und Weise kann sie nicht bezwungen werden. Diese Länder in Absprache mit der Schweizer Regierung attackierten die Fifa und deren Präsidenten. So kam es dazu, dass die WM und der Fifa-Präsident in den Mittelpunkt des Konfliktes zwischen den größten geopolitischen Mächten geraten sind.
„Die WM 2022 sollte an die USA gehen“
Wir waren überzeugt, dass Russland die WM bekommt, weil wir noch nie in Osteuropa waren, und dass wir 2022 nach Amerika gehen würden.
Weltmeisterschaften bei den zwei Weltmächten. Es war alles gut, bis der französische Präsident Nicolas Sarkozy ein Treffen mit dem heutigen Emir von Katar (Tamim bin Hamad Al Thani, Anm. d. Red.) hatte und Herrn Platini hinterher sagte, es wäre gut, 2022 nach Katar zu gehen. Damals wurde die Kandidatur von Katar zum ersten Mal erwähnt. Das hat alles verändert. Vier Stimmen aus Europa gingen von den USA an Katar. Sonst wäre die Abstimmung 12:10 für die USA ausgefallen und wir würden über eine wunderbare WM 2018 in Russland und eine WM 2022 in den USA sprechen und nicht über irgendwelche Probleme bei der Fifa.
„Ich hätte mich 2014 zurückziehen sollen“
Jetzt ist es zu spät, etwas zu bereuen. Ich kann es sowieso nicht ändern. Ich hätte den Mut aufbringen und mich nach der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien zurückziehen sollen. Aber mich haben fünf der sechs Kontinentalverbände angefleht zu bleiben. Sie hatten Angst, dass jemand aus Europa an die Macht kommt und die Uefa dann den gesamten Weltfußball, Geld und Spieler, kontrolliert. In dieser Situation hatte ich gar keine andere Wahl und ich blieb.
„Engländer benehmen sich wie echte Verlierer“
Russland wird die WM nicht verlieren. Die Fifa hat das WM-Turnier an Russland vergeben, es werden keine Änderungen vorgenommen. Engländer benehmen sich wie echte Verlierer. Sie haben sich ein wunderbares Spiel nach den Grundsätzen des Fair Play ausgedacht, aber sie sind nach der ersten Runde mit einer Stimme praktisch leer ausgegangen. Keiner wollte die WM in England, und jetzt werde ich dafür verantwortlich gemacht.
„Putin unterstützte mich immer in schwierigen Situationen“
Im Zusammenhang mit der WM-Vergabe an Russland traf ich mich mit Präsident Putin. Er wollte, dass die WM in Russland stattfindet und fragte mich, ob es möglich ist. Ich sagte, es ist möglich. Dies passt genau ins Rotationsverfahren der WM. Präsident Putin unterstützte mich immer in schwierigen Situationen. Seine Unterstützung war hilfreich. Ich, meinerseits, unterstütze Putin in allen Diskussionsrunden.
„Ich verspreche, bis 2018 Russisch zu lernen“
1973 besuchte ich die Universiade in Moskau. Danach kam ich 1980 zu den Olympischen Spielen nach Russland. Ich habe viele Erinnerungen an diese Zeit. Der Empfang von Breschnew im Kreml, der sich kaum bewegen konnte, wie mit den Rollschuhen. Ich erinnere mich an die Anti-Alkohol-Kampagne unter Gorbatschow. An unseren Banja-Besuch mit dem ehemaligen Präsidenten des russischen Fußballverbands Wjatscheslaw Koloskow. Ich habe bereits versucht, Russisch zu lernen. Ich kann Spanisch, Portugiesisch, Deutsch und Französisch lesen – überhaupt kein Problem. Ich kann zwar die russische Aussprache nachahmen, aber die kyrillische Schrift zu lesen schaffe ich nie! Aber ich verspreche, bis zum Beginn der WM 2018 endlich auch des Russischen mächtig zu werden.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Nachrichtenagentur TASS.
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