Russisches Öl: Förderhöchststand gegen die Flaute

Die Preise auf Öl fallen, doch die Produktion steigt – wenn auch nicht mehr lange.

Die Preise auf Öl fallen, doch die Produktion steigt – wenn auch nicht mehr lange.

Evgeny Biyatov/RIA Novosti
Die russische Ölförderung erreichte im vergangenen Jahr ein Allzeithoch – trotz des Preisverfalls auf den Energiemärkten. Gründe dafür sehen Fachleute unter anderem in der Umsetzung langfristiger Unternehmensstrategien. Doch die Branche muss sich auf eine Drosselung der Fördermengen einstellen.

Während auf dem Weltmarkt die Preise weiter fallen, schießt die Ölproduktion in Russland in die Höhe. 534 Millionen Tonnen Öl und Gaskondensat wurden im vergangenen Jahr gefördert – das sind 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr und ist damit absoluter Höchstwert in der Geschichte des Landes, wie das russische Wirtschaftsblatt „Wedomosti“ berichtet.

Nach Einschätzung russischer Experten geht das Rekordergebnis auf Investitionen in den vorangegangenen Jahren zurück. „Bedingt wird die Zunahme der Förderung durch Investitionen in die Erschließung neuer Lagerstätten und in die höhere Ausbeutung bereits erschlossener Vorkommen bei alten Ölpreisen von 110 bis 120 US-Dollar pro Barrel in den Jahren 2013 und 2014“, erklärt Sergej Pikin, Direktor der Stiftung für energetische Entwicklung.

Hauptgrund: Langfristige Strategien

„Selbst bei stabil hohen Preisen hätten wir einen Rückgang der Förderung erlebt“, meint Igor Juschkow, Direktor der Stiftung für nationale Energiesicherheit. Aufgrund des Preisverfalls wird die Fördermenge zukünftig – so die Prognose des Stiftungsdirektors – wie in Russland so auch in anderen Ländern reduziert. Sergej Pikin hält dagegen: Russische Ölproduzenten müssten die Förderung für einen positiven Cashflow aufrechterhalten. Da die Firmen ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland unter dem Druck der Sanktionen bedienen müssten, sei es notwendig, dass die Währungseinnahmen entsprechend steigen.

„Förderpläne werden für Jahrzehnte im Voraus berechnet. Bohrlöcher in Betrieb zu nehmen oder wieder stillzulegen ist ein langwieriges und aufwändiges Verfahren. Und Änderungen geplanter Fördervolumina müssen mit der Regierung abgestimmt werden. Dadurch kann sich das ganze Prozedere zusätzlich in die Länge ziehen“, gibt Iwan Andriewskij, Vorstandsvorsitzender des Ingenieurdienstleisters 2K, zu bedenken. Durch die Ausweitung der Produktion im Jahr 2015 seien also langfristige Strategien umgesetzt worden.

Kampf um die Marktstellung

Indes sprudeln die Quellen nicht nur in Russland, sondern auch in anderen erdölproduzierenden Ländern. In Saudi-Arabien etwa betrug die Tagesförderung im Dezember vergangenen Jahres 10,3 Millionen Barrel – bei 10,7 Millionen Barrel in Russland. Zudem beließ die Opec die Förderrate Anfang vergangenen Dezembers ungeachtet des Preisverfalls bei 30 Millionen Barrel pro Tag. Die Organisation verkündete, ihre Mitgliedsländer verfolgten weiterhin die Strategie des Erhalts ihrer Marktpositionen. Doch: Schon im Januar dieses Jahres schlug Nigeria nach der Übernahme des diesjährigen Opec-Vorsitzes eine Sondersitzung vor, um vor dem Hintergrund des erdrutschartigen Preisverfalls die Quotenregelung neu zu diskutieren.

Die Drosselung der Fördermengen ziehe unweigerlich einen Rückgang der Liefermengen nach sich, sagt Iwan Andriewskij. Dann würden andere Produzenten das russische Öl substituieren. Also seien Russlands Öllieferanten momentan gezwungen, bei minimalen Gewinnen zu operieren und darauf zu bauen, dass die Phase niedriger Preise nicht allzu lange anhalte.

„Die Förderung zurückzufahren ist schwierig und teuer“, betont Eduard Danilow, Chef-Analyst der Unternehmensgruppe SRG. Saudi-Arabien ist in dieser Hinsicht – so der Experte – weitaus flexibler, kurbelte die Förderung aber auch um fünf bis sieben Prozent an. Die Eigendynamik höherer Ausbeutung wirkt also weiterhin und auch in Zukunft wird ein Überangebot an dem Rohstoff bestehen. Der Experte fügt hinzu: „Russland kämpft um den europäischen Absatzmarkt. Nun macht auch Saudi-Arabien bei diesem Wettlauf mit, zudem will der Iran ebenfalls hier mitmischen. Und bald, nach der Aufhebung des Exportverbots, fließt auch US-Öl in die schweizerischen Raffinerien.“ Würde Russland seine Förderung zurückfahren und dadurch seine traditionellen Kunden verlieren, würden andere Länder seine Position einnehmen. Dann werde es sehr schwierig sein, in den Markt zurückzukommen, warnt der Fachmann.

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