Als Wladmir der Große, der Regent der Kiewer Rus von 980 bis 1015, seine Krieger und orthodoxen Priester nach Nowgorod schickte, um die Stadt zu christianisieren, rissen sie das hölzerne Idol Peruns um, schändeten es und warfen es in den Fluss Wolkow. Die christlichen Truppen wollten damit sagen: „Der orthodoxe Gott hat gewonnen!“. Seine heidnischen Konkurrenten, schwach und ruhmlos, mussten weg.
Die Menschen von Nowgorod weinten, als sie sahen, wie Perun geschlagen wurde. Für sie waren Perun, Swarog, Mokosch und andere slawische Götter ein integraler Bestandteil ihres religiösen Lebens. Wer waren diese slawischen Götter?
Swarog, der Vater allen Lebens
So gut wie jeder heidnische Kult hatte einen „Chef-Gott“, in der Regel war es jener Gott, der in ihrem Glauben die Welt erschaffen hatte. Bei den alten Slawen war das Swarog, die Gottheit des Himmels, der das Universum regierte und der Vater aller anderen Götter war. Für die Bauern konnte der Himmel sowohl Segen als auch Fluch sein, also war es kein Wunder, dass sie sich ausgerechnet den Gott des Himmels als Gottvater aussuchten.
Laut der „Neuen Larousse-Enzyklopädie für Mythologie“ kommt der Name Swarog (swar: hell, klar) aus dem Sanskrit. Swarog wurde in der Regel als ein weißbärtiger, weiser und starker alter Mann dargestellt.
Daschbog, die wärmende Sonne
Die Slawen lebten unter harten klimatischen Bedingungen, also war es kein Wunder, dass sie Daschbog (wörtlich übersetzt: der gebende Gott), die gnädige Gottheit der Sonne, verehrten. Daschbog war in ihrem Glauben ein Nachkomme Swarogs.
In vielen Darstellungen fuhr Daschbog mit einer Kutsche durch den Himmel, die von vier Schimmeln mit goldenen Flügeln gezogen wurde. Mit einem „Feuerschild“ produzierte er Sonnenlicht. Er war verantwortlich für die Fruchtbarkeit des Landes, weswegen sich die Menschen stolz „Enkel Daschbogs“ nannten.
Perun, der Donnergott
Der heute vielleicht bekannteste slawische Gott ist Perun. Seine Rolle war die des Donner- und Kriegsgotts, vergleichbar mit dem griechischen Zeus oder dem skandinavischen Thor. Bewaffnet mit Blitzen wurde er auch sehr stark mit Macht assoziiert.
Perun, der als sehr starker Mann mit einem langen Bart dargestellt wurde, wurde in seinem Zorn selbst von den slawischen Prinzen und ihren edelsten Kriegern, den Druschnina, gefürchtet. Gleichzeitig bat man in Zeiten des Krieges um seine Hilfe.
Weles, der Gott des Korns
Anders als die vorherigen Götter mit ihren Verbindungen zu Himmelsphänomenen war Weles im wahrsten Sinne des Wortes bodenständig. Er kontrollierte Wasser, Wälder, Böden und die Unterwelt. Er wurde als zottelig, haarig und sehr bärtig dargestellt und kann mit dem griechischen Hirtengott Pan verglichen werden.
Trotz seines Äußeren verehrten die Slawen Weles als den Beschützer ihres Getreides, ihrer Pflanzen und ihrer Tiere. Während Perun als Gott der Aristokratie galt, war Weles eher für das einfache Volk, Jäger und Bauern, zuständig. Infolgedessen stritten die beiden oft, was zum Jahreszeitenwechsel führte.
Tschernobog, der slawische Teufel
Kämpfe zwischen Perun und Weles waren üblich, jedoch bildeten diese Götter im Glauben der Slawen alle beide einen wichtigen Teil der natürlichen Ordnung ab. Das absolute Böse war dagegen Tschernobog (der schwarze Gott).
Als Herrscher Naws (der slawischen Welt des Todes) war er verantwortlich für alles Schlechte, Schwache und Falsche in der menschlichen Natur und bejubelte Naturkatastrophen. Seine Rolle kann mit der des Teufels in den abrahamitischen Religionen verglichen werden.
Da dies für heidnische Kulte eine eher unübliche Rolle ist, taucht Tschernobog noch heute gelegentlich in der Popkultur auf. So zum Beispiel in zahlreichen Computerspielen und in Neil Gaimans Roman „American Gods“ sowie der Fernsehadaption des Romans.
Mokosch, die Muttergöttin
In der brutalen und patriarchalen Welt der slawischen Götter war nicht viel Platz für Frauen. Die einflussreichste Göttin war Mokosch. Sie war verantwortlich für Boden und Ernte, für Liebe, Wohlstand und Wärme. Außerdem bestrafte sie Verbrecher und war die Beschützerin der Frauen und Kinder.