„Ich habe mir gerade selbst den Kopf gewaschen, aber ohne großen Erfolg; ich bin einfach nicht so vorsichtig wie du“, schrieb Albert Einstein am 27. November 1945 an Margarita Konenkowa (1895 – 1980), seine letzte und russische Liebe. Konenkowa war da bereits wieder in die Sowjetunion zurückgekehrt, aber der „Vaters der modernen Physik“ wollte die Trennung offenbar nicht wahrhaben: „Alles hier erinnert mich an dich… all diese vielen kleinen Dinge hier in meiner Einsiedlerzelle.“
Einsteins Liebesbriefe an Konenkowa wurden in den späten 90er Jahren gefunden, als sie bei Sotheby’s versteigert wurden. Bei näherer Betrachtung der Verbindung stellte sich heraus: Einstein, dessen Forschungsergebnisse zu jener Zeit gerade in die Konstruktion der US-amerikanischen Atombombe einflossen, hatte sich verliebt – nicht nur in eine Russin, sondern auch noch eine sowjetische Geheimdienstagentin, deren Aufgabe es war, Verbindungen zu den führenden Physikern herzustellen. Es gelang ihr bei Einstein und auch Robert Oppenheimer. Und in einem Brief vom 11. November 1945 erwähnt Einstein dann auch ein Treffen „bezüglich des Programms“ mit einem sowjetischen Konsul. Jener allerdings war ein Top-Agent des Sowjetgeheimdienstes.
Die Partylöwin aus dem Nichts
Konenkowa stammte eigentlich au seiner russischen Kleinstadt. Als sie später nach Moskau zieht, macht sie schnell von sich reden. So sollen ihr bald schon der berühmte Sänger Fjodor Schaljapin und der Komponist Sergej Rachmaninow verfallen sein. Ihr Mann aber wurde dann der als „russischer Rodin“ gelobte Bildhauer Sergej Konenkow.
„Sie war so schön, sie erschien mir, als sei sie das Werk eines großen Künstlers für mich“, beschrieb Konenkow später seine Frau. 1923 zogen die Konenkows dann in die USA und Margarita wurde ein echter Star in den russischen Emigrantenkreisen. Während Konenkow weiter an seinen Skulpturen arbeitete, besuchte sie Theater, Ausstellungen und Partys.
1935 dann erhielt Konenkow von der Princeton University den Auftrag, eine Büste von Albert Einstein zu erstellen. Und so entstand der Kontakt zwischen des Bildhauers Frau und dem aus Deutschland stammenden Physik-Genie. Einstein war damals 56, Margarita 39 Jahre alt.
Einstein verliebt
„Einstein war ein überraschend bescheidener Mann, scherzte immer wieder, dass er ja nur für sein schönes Haar so berühmt sei“, schrieb Konenkowa später in ihren Memoiren. Außerdem erwähnte sie, dass der Physiker sehr gern mit allen Menschen seine Relativitätstheorie diskutierte. Und obwohl sie persönlich die Theorie bis zum Ende doch nicht völlig durchblickte, so verstand sie deren Autor wohl doch sehr gut.
Nachdem Einsteins zweite Ehefrau Elsa 1936 gestorben war, wurde aus der Verbindung zu Konenkowa eine mehr als freundschaftliche Beziehung. 1939 soll er einen Arzt gebetene haben, ihr zu raten, „mehr Zeit in dem gesunden Klima am Saranac-See, New York“ zu verbringen. Denn dort lebte damals Einstein selbst.
Und so lebte Konenkowa dann jedes Jahr mehrere Monate bei Einstein am Saranac-See, während ihr Mann Sergej in Chicago arbeitete. Einstein gab der Beziehung mit Konenkowa sogar einen eigenen Namen: „Almar“ (auch „Alma“ – die Erinnerungen unterscheiden sich etwas), was für „Albert und Margarita“ stehen sollte.
Die dunkle Seite der Margarita Konenkowa
Der russische Journalist Oleg Odnokolenko von der „Nesawissimaja Gaseta” (deutsch: „Unabhängige Zeitung“), der die Liebesgeschichte zwischen Einstein und Konenkowa intensiv recherchierte, sagte zuletzt in einem Interview mit dem Radiosender „Echo Moskwy“, dass es bei aller Recherche bis heute schwer festzustellen sei, ob Konenkowa wirklich Gefühle für Einstein hegte, oder aber mit ihm nur eine ihrer „Missionen“ erfüllte. Denn eines sei klar: Konenkowa war Agentin des sowjetischen Geheimdienstes.
Laut NKWD-General Pawel Sudoplatow, ein hoher Verwaltungsleiter des Geheimdienstes zu Zeiten Stalins, war Konenkowa in das sogenannte „Manhattan-Programm“ involviert, das den Stand des US-amerikanischen Atomprogramms ausspähen sollte. „Sie ist in Princeton den beiden großen Physikern Oppenheimer und Einstein näher gekommen und hat es geschafft, die nähere Umgebung Oppenheimers zu bezaubern“, lobte der Offizier die Agentin in seinem Buch „Spezialaufträge“. Sie habe Oppenheimer beeinflusst und ihn überredet, Spezialisten einzustellen, die für ihre linke Überzeugung bekannt waren. „Es ging darum, die Namen der Entwickler von damals noch unbekannten Superwaffen zu erfahren. Diese Leute trafen sich mit dem russischen Emigrantenehepaar Konenkow, das der Familie Einstein sehr nahe stand. Durch Konenkowa haben wir wichtige Informationen über die neuen Superwaffen erhalten.“
Einstein selbst war zwar kein konkretes Ziel des „Manhatten-Programms“, über ihn und seine Schüler jedoch konnte Konenkowa – und damit auch an diesen Informationen sehr interessierte Sowjetunion – an viele technische Details des US-Atomwaffenprogramms geraten.
Die offenen Fragen
Odnokolenko weist derweil aber auch darauf hin, dass zahlreiche Momente von Einsteins und Konenkowas Geschichte weiter unklar seien. Klar sei eigentlich nur, dass beide Konenkows nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und zu Beginn des Kalten Krieges gezwungen waren, die USA zu verlassen und in die Sowjetunion zurückzukehren.
Dabei konnte Konenkowa Einstein jedoch immerhin noch dazu bringen, Pawel Michailow zu treffen, den Sowjetkonsul, der damals für den Sowjetischen Militärgeheimdienst GRU arbeitete. Odnokolenko zufolge ging Einstein nur für „seine Margarita“ dahin, weil er wohl wusste, dass ihre Zukunft zurück in der UdSSR davon abhing. Sie trafen sich letztlich sogar mehrmals, ob aber Einstein wichtige Informationen weitergab und was überhaupt bei den Treffen diskutiert wurde, ist bis heute unbekannt. Einstein schrieb Konenkowa dann später in einem Brief, er habe alles in seiner Macht Stehende getan. Als die Konenkows 1946 in Moskau ankamen, wurden beide für den Staatsdient vorgesehen. Also muss Stalin ihre Arbeit als erfolgreich betrachtet haben. Da aber beide Geheimdienste ihre Akten zu diesen Fällen weiter unter Verschluss halten, bleibt weiter im Dunklen, was Einstein dem Sowjetagenten vor über 70 Jahren erzählte. Aber Eines zeigt die Geschichte doch: Auch die größten Genies der Welt sind nicht gefeit vor Herzschmerz und emotionaler Schwäche.
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