Die Idee des NATO-Beitritts Moskaus kursierte in der sowjetischen Hauptstadt bereits zur Zeit der Gründung des Bündnisses im Jahr 1949. Vorangetrieben wurde sie durch die Diskussion im britischen Parlament darüber, ob es notwendig sei, Moskau anzubieten, der neuen Sicherheitsorganisation beizutreten. Obwohl der Kalte Krieg bereits begonnen hatte, war die Erinnerung an den gemeinsamen Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland noch lebendig.
In diesem Zusammenhang wandte sich der sowjetische Außenminister Andrej Wyschinskij an London mit dem Vorschlag, über die Möglichkeit eines NATO-Beitritts zu sprechen, der jedoch unbeantwortet blieb.
Stalins Lachen
Erneut aufgegriffen wurde das Thema im Jahr 1952 bei einem Treffen zwischen dem französischen Botschafter in Moskau, Louis Joxe, und dem sowjetischen Staatschef Josef Stalin. Der Diplomat erklärte, dass die NATO im Verständnis des französischen Generals de Gaulle eine friedliche Organisation sei, deren Existenz der UN-Charta nicht widerspreche. Stalin lachte darüber und fragte, ob die UdSSR in diesem Fall der NATO beitreten sollte.
Laut der Historikerin Natalia Jegorowa handelte es sich dabei wahrscheinlich nur um eine ironische Bemerkung Stalins. Andere Wissenschaftler jedoch sehen in ihr mehr Substanz. Der Historiker Nikolaj Kotschkin glaubt, dass Stalin es ernst meinte und untermauert diese Behauptung, indem er darauf hinweist, dass die UdSSR im Jahr 1951 wiederholt erklärte, Moskau werde „der Allianz beitreten“, wenn sie gegen eine mögliche zukünftige deutsche Aggression gerichtet sei. Das Schicksal des geteilten Deutschlands stellte zu der Zeit das größte Problem in Europa dar.
Die Bedenken der Sowjetunion
Zur gleichen Zeit glaubte Stalin, dass die NATO „die UN unterminiere“, weil die Allianz einen „aggressiven Charakter“ besäße, da es ein "geschlossenes militärisches Staatenbündnis“ bei gleichzeitigem Fehlen eines Sicherheitsabkommens in Europa sei.
Als 1954 Stalins Nachfolger – die aus Nikita Chruschtschow, Georgij Malenkow und Nikolaj Bulganin bestehende Troika – die Idee des Bündnisbeitritts wieder aufgriffen, formulierte Moskau einige Bedingungen. Es verteidigte das Prinzip der Souveränität und argumentierte, dass es nicht richtig sei, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen. Moskau missfiel zudem die amerikanische Militärpräsenz in Europa und es strebte danach, die US-Stützpunkte aus Europa zu entfernen.
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Moskaus Kompromiss
Als die sowjetische Führung am 31. März 1954 ihren offiziellen Vorschlag dem Westen vorlegte, wollte sie ihre Bedingungen nicht zu sehr hervorheben. Der Historiker Kotschkin zitiert einen Aktenvermerk des Außenministeriums, in dem es heißt: „Unsere Bedenken ... sollten zum jetzigen Zeitpunkt in einer sehr allgemeinen Form formuliert werden, um den Regierungen der drei Mächte keine Gelegenheit zu geben, den Vorschlag als propagandistischen Akt abzutun.“
Der Vorschlag wurde durch eine weitere sowjetische Idee ergänzt: Die Unterzeichnung eines gesamteuropäischen Vertrags zur kollektiven Sicherheit, also etwas, das im weiten Sinne an die heutigen OSZE-Sicherheitsstrukturen erinnert.
Um möglicher Kritik aus dem Westen zuvorzukommen, passte Moskau seine Position weiter an und forderte die USA auf, sich einem europäischen Vertrag anzuschließen. Gleichzeitig wurde die Auffassung vertreten, dass sich Washington aus europäischen Angelegenheiten raushalten solle.
Die Bedrohung für die Zivilisation
Was motivierte die sowjetische Führung dazu, auf einen europäischen Sicherheitsvertrag zu drängen und eine mögliche NATO-Mitgliedschaft in Erwägung zu ziehen? Moskaus Motive lassen sich aus der Rede des sowjetischen Premierministers Georgij Malenkow am 12. März 1954 entnehmen. Er ließ darin die traditionellen ideologische Klischees beiseite und warnte vor dem drohenden Ende der menschlichen Zivilisation als Folge eines dritten Weltkriegs, der unweigerlich ein nuklearer Konflikt sein würde.
Im Mai 1954 lehnte der Westen den Vorschlag Moskaus ab und behauptete, die Mitgliedschaft der Sowjetunion sei mit dem demokratischen Charakter und den Verteidigungszielen der NATO unvereinbar. Der Idee eines europäischen Sicherheitsvertrages wurde ebenfalls nicht zugestimmt.
Nach Ansicht des britischen Historikers Geoffrey Roberts „waren die Sowjets damals ... für ernsthafte Diskussionen über die Schaffung paneuropäischer Sicherheitsstrukturen offen – Verhandlungen, die möglicherweise den Kalten Krieg beendet hätten.“
Der Wissenschaftler beklagt, dass sich der Westen keine „flexiblere Antwort“ auf die sowjetischen Vorschläge einfallen ließ.
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