75 Jahre Stalingrad: Drei Faktoren, die der Roten Armee zum Sieg verhalfen

Vor 75 Jahren, am 2. Februar 1943, endete die blutigste Schlacht des Zweiten Weltkriegs. Der Ausgang der Schlacht um Stalingrad war außerdem der Wendepunkt im Kriegsverlauf, der die Chancen des Deutschen Reiches auf einen Sieg beerdigte. Diese drei Faktoren führten zum Sieg der Roten Armee bei Stalingrad.
Sowjetische Soldaten schwenken ihre Flagge über dem zentralen Platz  in Stalingrad

Der Angriff der Deutschen auf Stalingrad im Sommer 1942 war nahezu unmöglich zu bremsen. Berlin hatte befohlen, die Stadt ohne Rücksicht auf Kosten und Menschenleben einzunehmen. Ziel war es, die Wolgaroute zu kontrollieren, um Moskau von den Ölvorkommen im Kaukasus abzuschneiden.

1 Der beharrliche Widerstand der Sowjets 

Luftangriff der Deutschen Wehrmacht im September 1942 auf Stalingrad

Um sich der Deutschen Wehrmacht widersetzen zu können, mussten die Sowjets all ihre verfügbaren Kräfte und Ressourcen sammeln. Um die Moral und Disziplin seiner Truppen zu erhalten, erließ Josef Stalin den berüchtigten Befehl Nummer 227: „Kein Schritt zurück! Das ist nun unsere wichtigste Parole!“ und „Es gibt kein Land für uns jenseits der Wolga!“ wurden zu den wichtigsten Durchhalte-Mantren der Roten Armee. Die Stadt hielt ihre Einwohner an, „jeden Wohnblock, jedes Viertel, jede Straße in eine uneinnehmbare Festung“ zu verwandeln. Und so hielten Zivilisten und Soldaten tatsächlich durch.

Der deutsche Offizier Helmut Welz erinnert sich (rus) an die Kampfhandlungen am 11. November 1942:

„Der Feind hält mit großen Kräften einzelne Teile des Fabrikgeländes ‚Roter Oktober‘. Der Kern des Widerstandes befand sich am Martin-Ofen. Die Einnahme dieses Werkes hätte den Fall Stalingrads bedeutet... Die Luftwaffe bombardierte es wochenlang... Kein einziger Platz ist noch übrig... Drei Stunden vergehen, aber sie kamen nur 70 Meter voran! In diesem Moment erscheinen über dem Werk erst eine rote, dann eine grüne Rakete. Das bedeutete: Die Russen gehen zum Gegenangriff über... Ich verstehe nicht, woher die Russen diese Kraft nehmen... Zum ersten Mal in diesem ganzen Krieg stehe ich vor einer unlösbaren Aufgabe... Jetzt ist das Werk schon wieder völlig in russischer Hand...“

2 Eine Masse lauter Helden

21. Oktober 1942: Stalingrad in Ruinen, aber noch nicht verloren.

Der beharrliche Widerstand der sowjetischen Bevölkerung und Armee wäre ohne den Mut vieler Helden in Stalingrad nicht möglich gewesen. Allein die Medaille „Für die Verteidigung Stalingrads“ erhielten 760.000 Rotarmisten. 120 Militärs wurden sogar mit dem höchsten sowjetischen Orden als „Helden der Sowjetunion“ ausgezeichnet. 

Das Pawlow-Haus in Stalingrad wurde zum Symbol des Heldentums bei der Verteidigung der Stadt. Das gewöhnliche vierstöckige Wohnhaus verteidigten nur 24 Menschen. Dennoch konnten es die Deutschen die ganzen drei Monate lang nicht einnehmen. Laut dem sowjetischen General Wassilij Tschujkow erlitten die Deutschen mehr Verluste beim Versuch, das Pawlow-Haus einzunehmen, als beim Überfall auf Paris. 

Stalingrad war eine Straßenschlacht.

Ein weiteres Symbol für die Helden von Stalingrad ist der Hügel Mamajew Kurgan. Wer den Hügel kontrollierte, kontrollierte praktisch auch die Stadt. Und so wurden besonders brutale Kämpfe um die Erhebung geführt, von der aus man die ganze Stadt wunderbar im Blick hatte. Die Rote Armee verteidigte ihn die ganze Schlacht um Stalingrad hindurch. Zehntausende Soldaten aber gaben ihr Leben allein im Kampf um den Hügel. 

Nach dem Ende der Schlacht wurden hier 500 bis 1250 Metallsplitter je Quadratmeter gefunden.

3 Die Fehler der Deutschen

Februar 1943: Hitlers Truppen erlitten Verluste in Höhe von 330.000 Menschenleben. Sie waren umstellt.

Einen Teil ihres Erfolgs hatte die sowjetische Offensive jedoch auch den Fehlern der Deutschen selbst zu verdanken. Die Wehrmacht überschätzte ihr eigenes Potential und musste darum mit voller Kraft an zwei Kriegsschauplätzen kämpfen: Im Kaukasus um das Aserbaidschanische Öl und eben in Stalingrad. Die Deutschen mussten ihre Kräfte aufteilen.

Der deutsche Generalmajor Hans Doerr schrieb später (rus):

„Stalingrad sollte als der größte Fehler von Militärkommandanten in die Geschichte eingehen, als die größte Missachtung des lebendigen Organismus einer Armee, die jemals eine Staatsführung an den Tag legte.“

Im November dann folge der nächste Fehler der Deutschen. Um Stalingrad einzunehmen, erweiterte die Wehrmacht ihre Flanken über Hunderte Kilometer. Die Führung war überzeugt, dass die Rote Armee nicht über die nötigen Ressourcen für einen Gegenangriff verfüge. Dabei stellten die langen Flanken dann auch noch verbündete Truppen - Italiener, Ungarn und Rumänen, die der Wehrmacht technisch jedoch stark unterlagen. 

Der Chef des Generalstabs der Wehrmacht, Kurt Zeitzler, erinnert sich (rus) später, dass er Hitler noch vor einem „ernsthaften Risiko“ gewarnt habe, das „besser liquidiert werden sollte.“ Hitler bezeichnete ihn dafür dann als „hoffnungslosen Pessimisten“. Und Zeitzler erinnert sich weiter daran, dass die sowjetischen Truppen ab Herbst 1942 immer effektivere Kampftechniken anwendeten und auch das Kommando der Roten Armee sich verbesserte. 

Und so brauchten die sowjetischen Truppen, nachdem sie dann alle nötigen und möglichen Kräfte zusammengezogen hatten, auch nur vier Tage, um die deutschen Flankenachsen zu durchbrechen und rund 300.000 deutsche Soldaten einzukesseln. Damit war die Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad - und praktisch auch im gesamten Verlauf des Zweiten Weltkrieges besiegelt.

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