Puschinka und die Kennedys: Wie eine sowjetische Hündin ins Weißen Haus kam

Geschichte
OLEG JEGOROW
Die Geschichte von Puschinka, einem Welpen der berühmten sowjetischen „Weltraumhündin“ Strelka, ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Ost und West trotz des Kalten Krieges durch die Liebe zu Hunden einander wieder annähern konnten.

Im Juni des Jahren 1961 schrieb (eng) John Kennedy an den sowjetischen Führer Nikita Chruschtschow: „Sehr geehrter Herr Vorsitzender... Frau Kennedy und ich freuten uns sehr, ‚Puschinka‘ erhalten zu haben. Ihr Flug von der Sowjetunion in die Vereinigten Staaten verlief zwar nicht so dramatisch, wie der Flug ihrer Mutter, dennoch war es eine lange Reise, die sie gut überstanden hat.“

Weltraum-Mischlinge

Bei Puschinkas Mutter Strelka handelte es sich um die berühmte „Kosmonautenhundin“, die zusammen mit ihrer Kollegin Belka im Jahre 1960 in die Erdumlaufbahn reiste. Belka und Strelka waren damit die ersten Lebewesen, die erfolgreich ins All geflogen und wieder zurückgekommen waren und wie Nationalhelden der UdSSR gefeiert wurden.

Sowohl Belka als auch Strelka waren gewöhnliche Mischlingshunde, die man zuvor auf der Straße gefunden hatte. „Ihr Leben war nicht einfach, sondern von Kälte und Hunger geprägt... Es war für sie eine Selbstverständlichkeit, sich an die verschiedenen Umstände anpassen zu müssen“, erklärte (rus) Adilja Kotowskaja, eine Wissenschaftlerin, die mit Weltraumhunden arbeitete, in einem Interview. Nach ihrer eindrucksvollen Reise ins All kehrten die Hündinnen wieder in ihr normales Hundeleben zurück. Strelka gebar sechs Welpen, von denen einer, Puschinka, später den Kennedys überreicht wurde.

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Puschinka reist nach Washington, D.C.

Caroline Kennedy, John F. Kennedys Tochter und die US-Botschafterin in Japan in den Jahren 2013 bis 2017, erinnert sich, dass ihre Mutter, Jackie Kennedy, die ganze Sache eingefädelt hatte, wenn auch unabsichtlich. „Sie saß bei einem Staatsbankett in Wien neben Chruschtschow... Als ihnen die Gesprächsthemen ausgingen, fragte meine Mutter nach Strelkas Welpen“, zitiert (eng) BBC Caroline Kennedy.

Einige Monate später schickte Chruschtschow, der von Zeit zu Zeit ziemlich großzügig sein konnte, ein Geschenk in Form des Welpen ans Weiße Haus. Den Namen Puschinka, zu Deutsch „Flocke“, erhielt der Welpe aufgrund seines komplett weißen und flauschigen Fells.

„Es war etwas Besonderes, als ob man eine Prinzessin an Bord hatte“, erinnert sich (rus) Kotowskaja an den Transport von Puschinka aus dem Labor, in dem sie zuvor gelebt hatte, in die amerikanische Botschaft. Eine große sowjetisch-amerikanische Delegation hatte Puschinka dabei heimlich mitgenommen und war mit ihr nach Washington, D.C. gereist. Kurz gesagt, eine äußert wichtige staatliche Angelegenheit!  

„Die verdammte Russin“ trifft die Kennedys

Die Kennedys liebten Hunde, so dass Puschinka zu ihren vier anderen Hunden, Wolf, Clipper, Charlie und Shannon, dazukam. Als Nachkomme von Mischlingshunden hatte sie bestimmt keine Sprachschwierigkeiten und konnte sich in der Familie des Präsidenten schnell einleben.

In der JFK-Präsidialbibliothek erinnerte sich (eng) Traphes L. Bryant, ein Angestellter des Weißen Hauses, der sich von Zeit zu Zeit um die Hunde kümmerte, dass, als Puschinka eintraf, John F. Kennedy gesagt haben soll: „Bryant, lass uns Puschinka in Papas Zimmer mitnehmen“. Er antwortete jedoch „John, das kannst du machen, aber nicht ich“, da sich der Präsident gerade in seinem Privatzimmer aufhielt. Auf diese Weise traf Puschinka direkt nach ihrer Ankunft auf den Präsidenten.

Die Geschichte (eng), wie die damals vierjährige Caroline Kennedy zum ersten Mal auf Puschinka traf, ist ein wenig merkwürdig und wird in David Heymanns Buch, dem Autor „American Legacy: The Story of John and Caroline Kennedy“ von Carolines Kindermädchen erzählt. Als Caroline die Hündin bei ihrem ersten Treffen streicheln wollte, knurrte Puschinka. „Statt zurückzuspringen, trat Caroline hinter den Hund und verpasste ihm einen schnellen Tritt in den Hintern“, schreibt Heymann. Als Kennedy über den Vorfall informiert wurde, lachte er und meinte: „Diesen verdammten Russen haben wir es gezeigt.“

Glücklich bis ans Lebensende

Natürlich handelte es sich bei dieser Aussage nur um einen Witz und Puschinka lebte fortan gut aufgehoben im Weißen Haus. Caroline, die die russische Hündin mit einem Tritt begrüßt hatte, schien sie dabei besonders zu mögen. Laut Bryant warnte Caroline ihn sogar einst davor, Puschinka Erdnüsse zum Essen zu geben, weil „der Tierarzt sagte, dass es nicht gut für Puschinka wäre“. Das friedliche Zusammenleben mit den beiden Supermächten schien also letzten Endes möglich, zumindest für diese eine Hündin.

Auch die anderen Hunde des Präsidenten, wie der Rüde Charlie, zeigten ein großes Interesse an Puschinka. Das Ergebnis davon war die Geburt von vier Welpen, die John F. Kennedy „Pupniks“, ein Wort, das aus dem englischen Wort „puppies“, zu Deutsch „Welpen“, und „Sputnik“ bestand, nannte. „Der Präsident stellte mir Fragen“, erzählt (eng) Bryant. „Wie lange halten Welpen ihre Augen geschlossen? Wann können sie feste Nahrung zu sich nehmen?... Haben sie ein kurzes oder ein langes Fell?“

Als die amerikanischen Bürger erfuhren, dass zwei der Hunde im Weißen Haus Welpen bekommen hatten, fragten rund 5 000 Menschen schriftlich an, ob sie einen von ihnen haben könnten. Zwei der Welpen wurden an Kinder aus dem Mittleren Westen vergeben, zwei andere gingen an persönliche Freunde der Kennedys. Demnach tollen auch jetzt, nachdem John F. Kennedy, Chruschtschow und Puschinka längst nicht mehr da sind, zahlreiche Nachkommen eines sowjetischen Raumfahrthundes irgendwo in Amerika herum.

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