Warum einige Russen nicht glauben, dass die Amerikaner auf dem Mond waren

Apic/Getty Images
Eine der berühmtesten weltweiten Verschwörungstheorien über die inszenierte Apollo-11-Mission auf den Mond ist nach wie vor extremst populär in Russland. Um es zu beweisen, opfern Russen sogar ihr eigenes Geld.

„Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit!“ Die berühmte Aussage von Neil Armstrong, die er auf dem Mond gemacht hat, legte den Grundstein für eine neue Ära. Menschen sind zum ersten Mal über die Grenzen des Planeten hinausgetreten und auf einem anderen Himmelskörper gelandet. Das Jahr 1969 liegt bereits lange in der Vergangenheit.

Nach so vielen Jahren glauben einige Russen immer noch nicht daran, dass Armstrong diesen „kleinen Schritt“ damals tatsächlich gemacht hat. Die sogenannte „Mondverschwörung“ glaubt, dass die amerikanische Regierung die komplizierte Landung auf dem Mond ausgedacht und in Hollywood inszeniert und gedreht hat. Es gibt kaum ein anderes Land neben Russland, das an diese Verschwörungstheorie so stark glaubt. Momentan sind es – Achtung! – nur 24 Prozent der russischen Bürger, die daran nicht zweifeln, dass die Amerikaner auf dem Mond waren…

Fake News aus den 1990er Jahren

Aber so war es nicht immer. In der Sowjetunion, genauer im berühmten Jahr 1969 hat keiner – weder Beamte, noch Medien an der Heldentat der amerikanischen Crew gezweifelt.

„Wenn wir Signale vom Mond empfangen haben, haben wir diese natürlich vom Mond empfangen und nicht aus Hollywood“, erzählte der russische Kosmonaut Georgij Gretschko. Er war Teilnehmer des sowjetischen Mondprogramms, das abgesagt wurde, nachdem das amerikanische Raumschiff „Apollo 8“ zum ersten Mal um den Mond, den Satelliten der Erde geflogen ist. Damals hat der komplette sowjetische Geheimdienst den ersten bemannten Flug auf den Mond beobachtet: Sowjetische Radare empfingen Signale von Bord der Apollo-11 sowie alle Gespräche und auch das Fernsehbild davon, dass die Mondoberfläche betreten worden ist.

„So eine Mystifikation zu organisieren ist wahrscheinlich nicht einfacher als eine echte Expedition zu veranstalten“. Zu diesem Schluss kommt der Kosmonaut und Raumshuttle-Konstrukteur Konstantin Feoktistow in seinem Buch „Flugbahn des Lebens“. Dafür hätte man zuerst eine Fernsehstation auf den Mond schicken müssen und dann hinterher eine Attrappe der „Apollo-11“. Zudem hätte man noch dutzende Scheinfabriken für Raumschiffe errichten sowie die Rückkehr zur Erde imitieren müssen… Das wäre sogar für das Wettrennen der beiden Supermächte im Weltraum zu kompliziert gewesen.

Ende der 1990er Jahre hat die weltweit verbreitete „Mondverschwörungstheorie“ auch Russland erreicht. Viele der Zeitgenossen erklären es damit, dass das neue zerbrechliche Russland damals pseudopatriotische Konzepte besonders nötig gehabt hätte. Eines der Konzepte war, dass die Amerikaner alle belogen haben, auch die Sowjetunion, die in allem und immer die Erste war. Dennoch: Warum ist die „Mondverschwörungstheorie“ immer noch aktuell?

„Große amerikanische Lüge”

Der russische Part dieser Verschwörungstheorie begann, als das Buch „Anti-Apollo. Mond-Schwindel der USA“ des russischen Autors Jurij Muchin publiziert wurde. Im Buch erzählte er, dass die Gelder für das Mondprogramm angeblich gestohlen wurden und „Szenen der Landung“ von Stanly Kubrick, Regisseur des Kultfilmes „2001: A Space Odyssey“ gefilmt wurden. Dabei haben sich an dieser Verschwörung, nach Muchins Meinung, u.a. sowjetische Kommunisten und einige sowjetische Wissenschaftler beteiligt, natürlich in Erwartung eigener Vorteile.

Dennoch wäre die „große amerikanische Lüge“ nicht so berühmt geworden, wenn sie nicht von angesehenen Personen und Medien unterstützt worden wäre.

Der russische Journalist Alexander Gordon hat zwei Dokumentarfilme über die „Mondverschwörung“ gedreht. Im Jahr 2007 erschien in der russischen Wissenschaftszeitschrift „Aktuelle Probleme moderner Wissenschaft“ ein Artikel, der „beweist“, dass eine Rakete den Mond mit der vorgegebenen Geschwindigkeit erst gar nicht erreichen würde. Mehr noch: Im Jahr 2018 kündigte der Generaldirektor von Roskosmos Dmitrij Rogosin an, Russland würde eine Expedition auf den Mond vorbereiten. Eine der Begründungen war diese: „Wir haben uns eine Aufgabe gestellt – hinzufliegen und zu sehen, ob sie [die Amerikaner] dort waren oder nicht <...> Sie sagen, sie waren dort, das werden wir prüfen”.

Das alles passierte trotz der Tatsache, dass die Russische Akademie der Wissenschaften die „Mondverschwörung“ als pseudowissenschaftlich verurteilte und der russische Präsident Wladimir Putin sich dazu so geäußert hat: „Alles Blödsinn“.

Kein Ende in Sicht

Laut der oben erwähnten soziologischen Umfragen haben 65 Prozent der befragten russischen Bürger, die nicht an die Mondlandung durch die Amerikaner glauben, nur Abiturabschluss. Außerdem ist interessant, dass der Wunsch nach Wahrheit weit über die Grenzen gewöhnlicher Neugier hinausgeht. Manche Russen sind sogar bereit Geld für die Erforschung der Wahrheit zu spenden.

Im Jahr 2015 wurde eine Spendenaktion auf der Crowdfunding-Plattform Boomstarter initiiert, um einen Mikrosputnik mit einer guten Fotokamera zu kaufen und damit den Landeplatz der Apollo-11 zu orten. Eröffnet hat die Spendenaktion ein russischer Blogger, der sich dem Thema Kosmos verpflichtet fühlt. Von ursprünglich angedachten 800 000 Rubel (10 500 Euro) wurde eine 218 Prozent größere Spendensumme gesammelt.

Wer macht so etwas? Wahrscheinlich jemand von denjenigen, die immer noch an mehrseitigen Diskussionen in Internetforen teilnehmen und sich dem Thema Mondverschwörung verpflichtet haben. Eben diese Diskutanten schreiben solche Kommentare wie den hier z.B.: „Wenn du Amerikaner für Schwindler hältst, dann stimme ich dir zu. ... Dafür gibt es etliche Beweise. Zum Beispiel, der Abdruck [von Armstrongs Fuß – Kommentar der Redaktion] oder dass die Fahne falsch weht, sowie viele andere. So ist das Musikvideo „Amerika“ der Band Rammstein zum Beispiel ein Beweis dafür oder das Spiel „GTA Vice City“. Auf irgendeiner Insel gibt es eine Filmkulisse, in einem der Gebäude existiert unter der Kuppel eine künstliche Mondoberfläche - dort hat man die Mondlandung gefilmt.“

>>> Absturz nach Gagarin: Woran scheiterte das sowjetische Mondprogramm?

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