Gibt es in Russland tierische Spione und Attentäter?

Barry Sonnenfeld/Columbia Pictures,1997; Legion Media
Die CIA wollte Katzen zu Spionen ausbilden, doch die Mission ist gescheitert. In der UdSSR war man mit tierischen Spezialagenten erfolgreicher.

„Sie haben die Katze aufgeschlitzt, Batterien in sie gelegt und sie verkabelt. Der Schwanz diente als Antenne”, berichtete der ehemalige CIA-Offizier Victor Manchetti der Zeitung „The Telegraph”. „Die Katze musste immer wieder Tests über sich ergehen lassen. Sie haben festgestellt, dass sie ihren Job nicht machen kann, wenn sie hungrig ist. Also haben sie erneut einen Draht eingesetzt, um das zu ändern.” Die CIA-Operation „Acoustic Kitten” kam 2001 ans Licht der Öffentlichkeit. Manchetti nannte das Ergebnis eine „Monstrosität” und „ungeheuerlich“. 

Was war Acoustic Kitten?

Das Projekt startete in den frühen 1960er Jahren. Die US-Geheimdienste hatten beobachtet, dass sowjetische Beamte und Agenten sich häufig an Orten trafen, an denen viele Katzen umherstreiften, in Parks und öffentlichen Grünanlagen, schrieb das „Time Magazine”. So entstand die Idee, Katzen als Agenten einzusetzen. Die CIA glaubte, dass die Sowjets nicht vermuten würden, dass sich hinter der Samtpfote ein feindlicher Spion versteckte. Den Katzen wurden elektrische Geräte implantiert und sie wurden darauf trainiert, an die richtigen Stellen zu gehen. Fünf Jahre dauerte die Vorbereitung der Operation und kostete mehr als zehn Millionen US-Dollar.

Als eine der Katzen auf ihre erste Mission in einen Washingtoner Park geschickt wurde, nahm diese ein schnelles Ende: Beim Überqueren der Straße wurde sie von einem Taxi überfahren. Nach diesem Fehlversuch wurde die Operation eingestellt. Als diese Geschichte öffentlich wurde, hagelte es Kritik, sie sei lächerlich gewesen. Zudem wurde der CIA Tierquälerei vorgeworfen. Einige glauben, die CIA sei von einem russischen Projekt inspiriert worden. 1943 hat die Zeitung „Times” einen Bericht über die Katze Murka veröffentlicht, die während der Kämpfe in Stalingrad Nachrichten ins Militärhauptquartier brachte. Bei „Acoustic Kitten“ ging es um etwas ganz anderes. Die Sowjetunion hat ebenfalls Experimente mit Tieren gemacht, die leider nicht weniger grausam waren. 

Kamikaze-Hunde 

In den 1930er Jahren wurden in der UdSSR Panzerabwehrhunde ausgebildet, die im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurden. Auch diese Mission scheiterte beim ersten Versuch, wurde aber fortgeführt. 1942 schickte die Sowjetunion rund 2.000 Hunde mit einer Bombe auf dem Rücken an die Front. Sie sollten damit unter die deutschen Panzer laufen. Vor einer „Mission“ wurden die Tiere ausgehungert. Im Training wurden sie an Panzer gewöhnt und erhielten Fleisch aus der Bodenluke. Die hungrigen Hunde rannten in Erwartung eines Leckerchens unter die deutschen Panzer, wo der Zünder der Bombe auslöste. Auf diese Weise wurden rund 304 feindliche Panzer zerstört.

1943 wurde das Projekt eingestellt. Immer mehr Hunde zeigten Angst und liefen wieder zurück. So hätten sie versehentlich auch sowjetische Panzer treffen können. 

Kampfdelfine 

Mit den Meeressäugern lief es sehr viel besser. Ihre Intelligenz und ihre Lernbereitschaft machten sie zu perfekten Spionen und Sicherheitskräften. Zum Beispiel wurden Delfine darauf trainiert, Minen an U-Booten anzubringen oder nach verschollenen U-Booten zu suchen (tatsächlich gehen manchmal U-Boote verloren…) und militärische Einrichtungen zu schützen. Auch als Fotografen kamen Delfine zum Einsatz. Sie konnten die Linse auf das Motiv richten und den Auslöser einer Spezialkamera mit ihrer Nase bedienen. 

Das erste militärische Aquarium mit Großen Tümmlern, einer Delfin-Art, entstand 1967 in der Kosakenbucht von Sewastopol. In den 1970er Jahren gab es bereits mehrere Dutzend Forschungsinstitute dazu. Die Tümmler wurden in küstennahen Gehegen gehalten. Sie waren in der Lage, jedes Unterwasserobjekt in einem Umkreis von einem halben Kilometer zu hören. „Ich habe an einer Militärübung teilgenommen, bei der Delfine in der Bucht von Sewastopol nach Saboteuren suchten“, erinnert sich Lew Muchametow, Leiter der Forschungsgruppe Meeressäugetiere am Institut für Ökologie- und Evolutionsforschung der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Hatten sie Eindringlinge gehört, lösten sie den Abschuss einer Rakete aus und ein Alarmsignal ertönte. Der Delfin zeigte mit seiner Nase in Richtung des Eindringlings. Die Gehegetür wurde geöffnet und der Delfin machte Jagd auf den Saboteur und neutralisierte ihn. Das bedeutete, dass er ihm die Tauchermaske vom Gesicht riss und ihn an die Wasseroberfläche brachte.

Es gab Überlegungen, die Delfine als Attentäter auszubilden. Doch Versuche signalisierten, dass die Delfine nach einem von ihnen ausgeführten Angriff unter extremem Stress standen und weitere Attacken verweigerten. Seelöwen und Robben zeigten weniger Skrupel. Sie schienen das Töten sogar zu genießen. 

Killerrobben

Die Idee, Robben für militärische Zwecke auszubilden, entstand bereits 1915 im zaristischen Russland. Innerhalb von drei Monaten wurden sie darin geschult, U-Boote anzugreifen, Torpedos zu finden und an die Oberfläche zu drücken. Eines Nachts wurden jedoch alle Tiere getötet. „Ich habe erstaunliche Ergebnisse erzielt, aber durch eine böswillige Hand sind sie alle vergiftet worden. Das hat die Autopsie bestätigt“, schrieb der Tierausbilder Wladimir Durow an den Generalstab der Marine.

Die Idee, Robben für militärische Zwecke einzusetzen, wurde Jahre später wiederbelebt. In den frühen 1980er Jahren wurden sie darauf trainiert, Saboteure mit anzugreifen und entweder ihre Sauerstoffschläuche durchzubeißen oder sie wie Hunde zu zerfleischen, erzählt der Trainer Wiktor Ganischkin. Inzwischen findet keine Ausbildung der Tiere zu militärischen Zwecken mehr statt. 

Manchmal ereignen sich noch Vorfälle, um alte Verdächtigungen wieder aufleben zu lassen. Im April ging beispielsweise den Norwegern ein Beluga-Wal ins Netz, der eine Kamera mit der Aufschrift „Ausrüstung aus Sankt Petersburg” trug.  

>>> Wie Katzen, Hunde und Kamele den Sowjets halfen, den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen

>>> Tödliche Mission: Sowjetische „Selbstmordhunde“ im Zweiten Weltkrieg

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!