Doppelagent Kim Philby: Ein sowjetischer Spion in Diensten Großbritanniens

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Der Brite Kim Philby (1912 bis1988) hat für den britischen Geheimdienst MI6 gearbeitet und dort lange Jahre die antisowjetische Abteilung geleitet. Doch der wichtigste Informant der Sowjets in London war niemand anderes als Kim Philby selbst.

Kim Philby hat viele Jahre für die UdSSR gearbeitet und eine sowjetische Spionagezelle in London angeführt. Zugleich leitete er die antisowjetische Abteilung beim britischen Secret Intelligence Service (SIS), dessen Aufgabe es war, sowjetische Spione zu entlarven…  

Eine schwierige Situation, in der Philby aber einen kühlen Kopf behielt und sich stets wie ein Gentleman verhielt. Er war eine Stütze der Kommunistischen Partei und von seinen britischen Kollegen hoch geschätzt. Das änderte sich, als er als Sowjetspion aufflog. In Großbritannien, seiner Heimat, galt er seitdem als größter Vaterlandsverräter (eng) aller Zeiten.  

Ein Kommunist aus der Oberschicht 

Harold Adrian Russell Philby (Kim war sein Spitzname) wurde in eine Familie der Oberschicht hineingeboren. Sein Vater, St. John Philby, arbeitete in Britisch-Indien, konvertierte später zum Islam und war Berater von König Ibn Saud von Saudi-Arabien. Ironie des Schicksals: während der Vater die Saudis von der Zusammenarbeit mit Großbritannien und den USA überzeugte, arbeitete sein Sohn 30 Jahre lang für die Sowjets. 

Der junge Philby studierte in Cambridge und schloss die Bekanntschaft mit britischen Sozialisten. Später sagte (rus) er: „Als 19-jähriger Student habe ich versucht, meine Richtung zu finden. Ich habe mich umgesehen und bin zu einem einfachen Schluss gekommen. Den Reichen ging es schon zu lange zu gut und den Armen schon zu lange schlecht. Es war an der Zeit, dass sich die Verhältnisse umkehrten.” Dieses Streben nach Gleichheit führte dazu, dass er sich in die Dienste der Sowjetunion stellte. 1933 wurde er in Wien vom sowjetischen Geheimdienstagenten Arnold Deutsch angeworben. 

Nach seiner Enttarnung betonte er stets mit Gelassenheit, er sei seinen Überzeugungen gefolgt. Das sei ihm wichtiger gewesen als Loyalität gegenüber seinem Heimatland. 

Ein geheimer Krieg während des Krieges 

Arnold Deutsch überzeugte Philby, dass er als Spion innerhalb der britischen Spionageabwehr weit mehr für die Sache des Kommunismus tun könne, als der leidenschaftlichste Sozialist. Ab den 1930er Jahren hielt Philby mit seinen wahren politischen Ansichten hinter dem Berg. Er berichtete als Korrespondent von „The Times” aus dem faschistischen Spanien und lobte öffentlich General Franco. Der SIS wurde auf ihn aufmerksam und bot ihm eine Stelle an. Philby akzeptierte.  

Kim Philby in Spanien während des Bürgerkrieges

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1939 wurde Philby ein unverzichtbarer Informant für die sowjetischen Sonderdienste. Der britische Geheimdienst hatte die Enigma-Codes der Deutschen erfolgreich entschlüsselt und konnte alle ihre Telegramme mitlesen. 

Während Winston Churchill es nicht eilig hatte, diese Informationen mit den sowjetischen Verbündeten zu teilen, schickte Philby alles, was auf seinem Schreibtisch landete, nach Moskau. 

„Sie alle kennen womöglich die Geschichten von der sagenumwobenen Effizienz und Gefährlichkeit des SIS. Doch, ehrlich gesagt, zu Kriegszeiten war davon nicht viel zu merken”, erzählte Philby 1981 auf einem Seminar für ostdeutsche Geheimdienstoffiziere. 

Jeden Tag verließ er sein Büro mit einer Aktentasche voller geheimer Dokumente. Sein Kontaktmann fotografierte sie und leitete sie nach Moskau weiter. Am nächsten Tag legte Philby die Originalpapiere zurück an Ort und Stelle. 

Schlacht von Kursk

Philby war besonders stolz auf seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Schlacht von Kursk 1943. Er war es, der die UdSSR mit den entscheidenden Informationen versorgt hatte, so dass diese genau wusste, wo die Nazis ihren vernichtenden Schlag geplant hatten, in der Nähe des Dorfes Prochorowka. In einer heftigen Panzerschlacht besiegten die Sowjets die Deutschen. Das brachte einen bedeutenden Vorteil bei der Schlacht von Kursk. 

Ab 1944 wurde Kim Philby mit der Leitung der SIS-Sektion IX betraut, die antisowjetische Operationen verantwortete. Sein Vorgesetzter war Intrigen zum Opfer gefallen. Auch in der neuen Position versorgte Philby Moskau mit Informationen. Doch er verwischte stets geschickt seine Spuren, und zwar so geschickt, dass König George VI. ihm 1946 den Orden des britischen Empire verlieh. 

Unter Verdacht 

Kim Philbys Notizen

1951 zogen dunkle Wolken über Philby auf. Zwei sowjetischen Spionen, die Philby für den MI6 angeworben hatte, war die Flucht nach Moskau gelungen: Donald Maclean und Guy Burgess. Maclean war kurz vor der Entdeckung. Burgess hatte seine Flucht organisiert. Er selbst floh ohne Absprache und brachte Philby damit in arge Bedrängnis. Das SIS war sich bewusst, dass Philby und Burgess sich kannten und vermuteten eine Beteiligung Philbys. 

Sie verhörten ihn wochenlang, Tag für Tag, doch wieder zeigte Philby Nervenstärke.  Er verstrickte sich nicht in Widersprüche. Beweise, dass er für die UdSSR arbeitete, wurden nicht gefunden. Er verlor zwar seinen Posten als Abteilungsleiter, wurde aber ansonsten in Ruhe gelassen. Der Außenminister persönlich sprach ihn von allen Verdachtsmomenten frei. 

Flucht nach Moskau 

In den Jahren 1956 bis1963 arbeitete Philby im Nahen Osten. Angeblich als Journalist, aber in Wirklichkeit als SIS-Agent (und natürlich auch als Spion für Moskau). Über diese Zeit seines Lebens ist nicht viel bekannt. 1963 wurde er endgültig durch die Aussagen von sowjetischen Überläufern und einer alten Freundin, die Philbys kommunistische Gesinnung verraten hatte, entlarvt. 

Das Angebot, Immunität zu bekommen, „hing davon ab, dass ich alles erzählte, was ich über den KGB wusste, und Namen in Großbritannien nannte, erinnerte sich Philby später. Doch er schwieg weiter. Die Sowjets ermöglichten ihm die Flucht von Beirut nach Moskau.

Kim Philby und seine Frau Rufina Puchowa auf dem Urlaub in der Sowjetunion, 1970er

In der UdSSR führte  Philby ein ruhiges Leben. Er versorgte den Geheimdienst mit allen Informationen, die er noch hatte, und hielt gelegentlich Vorträge für Geheimdienstoffiziere. Er lebte in einer Wohnung in der Moskauer Innenstadt und war mit einer 20 Jahre jüngeren Moskowiterin verheiratet. In den wenigen Interviews, die er gegeben hat, betonte er, nichts zu bereuen und sprach von der UdSSR als „wir". Er gab aber zu, Großbritannien ein wenig zu vermissen. 

Geheimdienstoffiziere vermuten, dass Philby noch an viel mehr verdeckten Aktionen beteiligt war, als bekannt ist. Diese Aktionen könnten für immer geheim bleiben. 

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