Hatte der frühere US-Präsident Richard Nixon eine sowjetische Vergangenheit?

Richard Nixon wänrend seines Besuchs in der Sowjetunion im Jahr 1959

Richard Nixon wänrend seines Besuchs in der Sowjetunion im Jahr 1959

Sputnik
Es gibt ein Gerücht, dass Richard Nixon während seiner Kindheit einige Jahre im Ural gelebt habe.

Der 37. US-Präsident Richard Nixon besuchte 1959 die Sowjetunion. Die Bewohner des Bergbaustädtchens Degtjarsk können sich noch daran erinnern, denn dort machte der damalige US-Vizepräident überraschend Halt. Warum? Hat er dort etwa einmal gelebt? 

Eine Reise in die UdSSR 

Jonathan Aitken, Autor des Buches „Nixon: A life“ (nicht auf Deutsch erschienen) glaubt, dass die UdSSR-Reise im Jahr 1959 den damaligen US-Vizepräsidenten nachhaltig beeinflusst hat. Offiziell zielte die Reise darauf ab, „die US-amerikanische Führungselite bei der ersten amerikanischen Handelsausstellung in Moskau zu vertreten“. Es gab „geringe Erwartungen an die Mission in Bezug auf Sachfragen“, schreibt Aitken. 

Doch Nixon bereitete sich akribisch auf die Reise vor, ganze sechs Monate lang. Er lernte ein wenig Russisch, befragte Experten und las viel.

John A. Farrell, Autor einer weiteren Nixon-Biografie, schreibt, dass Nixon sich auf 132 mögliche Gesprächsthemen vorbereitet habe. Doch, so wird der US-Vizepräsident zitiert: „Alle Unterweisungen auf der Welt hätten mich nicht auf Chruschtschows unvorhersehbares Verhalten und seine Unberechenbarkeit vorbereiten können.“

Küchendebatte

Beispielsweise verglich der sowjetische Führer bei seinem ersten Treffen die Resolution des US-Kongresses zur Befreiung Osteuropas mit Pferdemist. „Die Leute sollten nicht dort zur Toiletten gehen, wo sie essen. Frischer Mist stinkt“, sagte Chruschtschow. „Und diese Lösung stinkt. Es stinkt nach frischem Pferdemist und nichts riecht schlimmer als das!“ 

Was hätte Nixon darauf sagen sollen? Er ging nicht weiter darauf ein, außer, dass er darauf hinwies, dass Schweinemist noch schlimmer rieche. 

Nach seiner Ankunft in Moskau und der berühmten „Küchendebatte“, in der er mit dem sowjetischen Führer aneinander geriet, besuchte Nixon Leningrad (heute St. Petersburg), Nowosibirsk sowie die Industriestandorte Swerdlowsk (heute Jekaterinburg) und Degtjarsk im Ural. In Begleitung seiner Frau Patricia und von Milton S. Eisenhower (Bruder des damaligen US-Präsidenten) besuchte Nixon ein Maschinenwerk in Uralmasch, ein neues Rohrwerk in Perwouralsk, die Grenze zwischen Europa und Asien und die Degtjarski Kupfermine. 

>>> Wie Chruschtschow und Nixon in einer amerikanischen Küche aneinander gerieten

Kindheitserinnerungen an Degtjarsk? 

Angeblich kam der Stopp in Degtjarsk völlig unerwartet. Das hat eine Legende befeuert: Es heißt, Nixon habe darauf bestanden, in Degtjarsk Halt zu machen und später erzählt, dass er als Teenager einige Jahre dort gelebt habe. Er habe im Ort mit den anderen Jungs Fußball gespielt. Er kannte sogar den Namen des nahe gelegenen Berges „Labas-kamen“. 

Richard Nixon und Nikita Chruschtschow auf einer Bootsfahrt auf dem Moskwa-Fluss, 1959

Während es in US-amerikanischen Medien keine Informationen darüber gibt, berichten einige russische Quellen, darunter das offizielle Informationsportal (rus) von Jekaterinburg, dass Nixons Eltern in den Jahren 1925-1930 hier für die Firma „Lena Goldfields“ tätig gewesen seien, die die Goldminen im Ort modernisierte. Offenbar lebte der zwölfjährige Nixon damals bei seinen Eltern. Einige ältere Einheimische behaupten (rus), sie könnten sich an einen rothaarigen Jungen namens Richard erinnern, dessen Eltern in der Mine gearbeitet hätten. 

Einen stichhaltigen Beweis für diese Gerüchte gibt es nicht. Selbst Mitarbeiter des Archivs der Nixon-Präsidentenbibliothek und des Nixon-Museums wissen nichts. 

Ob Dichtung oder Wahrheit: Die Reise als US-Vizepräsident ist verbrieft. Auch ist es Fakt, dass Nixon der erste westliche Politiker war, der während seiner Reise offen mit den Sowjetbürgern sprach. Am 1. August hielt er eine Rede, die im sowjetischen Radio und Fernsehen übertragen wurde und forderte darin die  Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern.

„Wenn ich Ihr Land verlasse, werde ich niemals vergessen, was ich im wunderschönen Uralgebirge erlebt habe“, sagte er in der Ansprache. „Eine gruppe Kinder warf Wildblumen in meinen Wagen und rief auf Englisch das Wort ‚Freundschaft‘. Herr Schukow (i.e. Juri Schukow, Vorsitzender des Staatlichen Komitees für Kulturbeziehungen) sagte mir, dass dies das erste englische Wort sei, dass die Kinder in den Schulen lernen würden. Nun, besser hätte man die Haltung des sowjetischen Volkes nicht zum Ausdruck bringen können. Eine Haltung, die wir teilen.“  

Leonid Breschnew und Richard Nixon

Die Auswirkungen dieser Reise auf die weiteren Beziehungen können nicht oft genug betont werden. Am 22. Mai 1972 traf Nixon, inzwischen US-Präsident, sich erstmals mit dem sowjetischen Führer Leonid Breschnew. Dieses Gipfeltreffen gilt als erster Schritt zur Entspannung zwischen den Feinden im Kalten Krieg. 

Uns fällt kein guter Grund ein, warum man einen längeren Aufenthalt in der UdSSR während Nixons Kindheit vertuschen sollte. Wenn diese Geschichte wahr ist, dann wäre sie eine Erklärung für die spätere Haltung Nixons gegenüber der Sowjetunion.

Anmerkung: Weder das offizielle Informationsportal von Jekaterinburg noch die Stadtverwaltung von Degtjarsk konnten uns mit näheren Informationen weiterhelfen. 

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