1. Projekt 501: Die tote Trasse
Eine transpolare Eisenbahn sollte die Städte Tschum, Salechard, Nadym, Nowi Urengoi und Igarka verbinden. Es war geplant, insgesamt 1.300 km Gleise zu verlegen, durch undurchdringliche Wälder, Flüsse und Sümpfe. Die Strecke war einspurig angelegt, mit 28 Stationen alle 40 bis 60 km und 106 Ausweichen. Der Bau begann 1947. Rund 80.000 Gulag-Gefangene arbeiteten von beiden Seiten aus an der Fertigstellung der Trasse. Das Projekt unterlag der Geheimhaltung. Der westliche Abschnitt erhielt die Nummer 501 und der östliche die 503.
Die verbauten Gleise waren zum größten Teil schon alt. Sie stammten aus dem frühen 20. Jahrhundert. Es wurde beschlossen, keine Eisenbahnbrücken über den Ob und den Jenissei zu bauen. Im Sommer sollten die Flüsse mit der Fähre und im Winter über das Eis überquert werden. Einige Winter lang wurden Baumstämme und Schwellen in die Flüsse gelegt, damit diese dort einfroren und eine Dampflokomotive mit Güterwagen passieren konnte.
Der Bau dauerte etwas weniger als sechs Jahre. In dieser Zeit wurden etwa 700 Kilometer der Trasse fertiggestellt. Jedoch gab es nie eine Verbindung zwischen beiden Bauabschnitten. Unmittelbar nach Stalins Tod im Jahr 1953 wurden die Bauarbeiten eingestellt, die Gulag-Lager geschlossen und die bereits verlegten Gleise aufgegeben.
In der sibirischen Wildnis treffen Sie auf und entlang der Schienen noch immer auf verrostete Dampflokomotiven, auf Holzbaracken und eine Reihe von Türmen. Eine Lokomotive steht auf einem Podest am Stadtrand von Salechard zum Gedenken an die „tote Trasse“.
Heutzutage ist nur ein 200 km langer Abschnitt der ursprünglichen Eisenbahnlinie zwischen Tschum und Labytnangi in Betrieb, auf dem Züge aus Moskau und Workuta verkehren. Darüber hinaus wurden einige kleine Streckenabschnitte im Gebiet Nowi Urengoi restauriert. Sie werden für industrielle Zwecke genutzt.
2. Atomwaffen für den arktischen Ozean
Die Nordseeroute ist der kürzeste Weg von Europa nach Asien, doch es gibt eine Einschränkung: das arktische Eis macht eine zuverlässige Navigation unmöglich. Wie kann man die Auswirkungen des Eises auf die Schifffahrt im Arktischen Ozean verringern?
Sowjetische Wissenschaftler hatten eine eher unkonventionelle Antwort auf diese Frage. In den Archiven des Arktis- und Antarktisforschungsinstituts wurde eine Notiz an Stalin von Alexei Pekarski, einem Mitglied der Geografischen Gesellschaft, entdeckt. Darin schlug Pekarski vor, die Hindernisse aus Eis mit Atomwaffen zu zerstören. „Ein mit Atombomben bestücktes Flugzeug fliegt entlang der Route, bricht das Eis auf und bildet einen Kanal, durch den eine Karawane von Schiffen fährt“, schrieb (rus) er.
Stalin schickte den Vorschlag zur Prüfung an das Arktische Institut, wo Wissenschaftler zu dem Schluss kamen, dass der Einsatz von Atomwaffen zum Auflösen des arktischen Eises „sehr effektiv“ sein könnte.
Glücklicherweise hatte die UdSSR 1946 noch keine Atombombe. Diese entwickelten die Sowjets wenige Jahre später. Dann war man sich auch über die Nebenwirkung einer nuklearen Explosion bewusst und gab diese radikalen Pläne auf.
Doch die Idee, Atomenergie zum Fortkommen in der Arktis zu nutzen war geboren. In den späten 1950er Jahren baute die Sowjetunion ihre ersten atomaren Eisbrecher, um die ganzjährige Schifffahrt in ihren nördlichen Gewässern zu ermöglichen.
3. Städte mit künstlichem Mikroklima
Die Architektur der Polarstädte wird vom Klima bestimmt: Gebäude müssen auf Stelzen stehen, damit der Permafrost nicht durch abstrahlende Wärme taut und die Bauten einsinken lässt. Auch Faktoren wie der Schutz vor Wind müssen berücksichtigt werden.
In den 1960er Jahren hatten sowjetische Architekten einen Vorschlag zum Bau einer arktischen Stadt unter einer Kuppel. In dem Projekt (rus) der Architekten S. Odnowalow und M. Tsymbal bestand diese arktische Siedlung aus 15-stöckigen zylindrischen Wohnblöcken, die durch beheizte Durchgänge miteinander verbunden waren. Jeder dieser Wohnblöcke sollte für 500 bis 10.000 Personen Platz bieten.
Mit den beiden nordrussischen Militärstützpunkten „Nordklee“ in Jakutien und „Arktisches Kleeblatt“ im Franz-Josef-Land existieren heutzutage tatsächlich Siedlungen mit einem künstlichen Mikroklima. Die Gebäude dort sind oval und durch ein dreieckiges Atrium verbunden. Im Inneren befinden sich Wohnräume, Arbeitszimmer, ein Kinosaal, eine Kantine, Aufenthaltsräume, eine Krankenstation und ein Wintergarten mit Pflanzen.
4. Das Klima verändern
Der einflussreiche sowjetische Klimaforscher Michail Budko hatte die Theorie, dass die Hauptursache für die Kälte in der Arktis das Eis im Arktischen Ozean war.
Um das Gebiet zum Leben zu erwecken, müsste ein Weg gefunden werden, das Eis zu schmelzen, war seine Idee. 1962 schlug der Wissenschaftler vor, Ruß aus Abfällen der Gummiindustrie über der Arktis zu versprühen, damit das dann dunkle Eis mehr Sonnenstrahlung absorbiere und schneller schmelze. Um den Prozess noch zu beschleunigen, wurde vorgeschlagen, eisfreies Wasser mit einem monomolekularen Film zu bedecken.
Glücklicherweise wurde auch dieses, milde ausgedrückt, umstrittene und sehr kostspielige Projekt nie umgesetzt. Budkos Forschungen leisteten jedoch einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des heutigen Energiebilanzmodells des Klimas.