Gutes Verhältnis: War Finnland jemals ein Teil Russlands?

Legion media; Russia Beyond
Im Laufe der Jahrhunderte führten Russen und Finnen viele verzweifelte Schlachten, teilten aber auch gemeinsame friedliche Zeiten. Heute gilt Finnland als einer der besten Nachbarn Russlands.

Bevor Finnland 1809 unter russische Herrschaft fiel, war es seit über sechs Jahrhunderten ein Teil Schwedens. Während europäische Ritter im Nahen Osten für die Befreiung des Heiligen Landes kämpften, entschieden sich schwedische Kreuzfahrer für eine andere Expansionsrichtung. Die schwedische Krone unternahm im 12. und 13. Jahrhundert drei große Kreuzzüge, die zur Unterwerfung des Landes finnischer Stämme führten.

Finnlands Wappen von 1633 unter schwedischer Herrschaft und eine Karte von Schweden und Finnland, hergestellt in Stockholm, Schweden, 1747

Hier begegnete Schweden einem weiteren großen Gegner - die Republik Nowgorod verfolgte ihre eigenen Interessen in der Region. Beide Seiten bekämpften sich immer wieder und Stockholm gelang es, das finnische Territorium zu behalten. Es war einfach damals nicht die Zeit für Russland, die finnischen Gebiete zu annektieren.

Während des Großen Nordischen Krieges (1700-1721) wurden große Teile Finnlands von russischen Truppen besetzt. Infolge des Konflikts verlor Schweden seine riesigen Gebiete im östlichen Baltikum und damit seinen Status als nordische Supermacht. Doch Schweden gelang es erneut, Finnland zu behalten - abgesehen einiger Gebiete in Karelien.

Der Sturm der schwedischen Festung Noteburg im Oktober 1702 durch russische Truppen. In der Mitte ist der russische Zar Peter I. abgebildet.

Der finnische Krieg (1808-1809), in Schweden wird er als die größte nationale Katastrophe in der langen Geschichte des schwedischen Staates“ gesehen (schwedisch), führte zum endgültigen Verlust Finnlands an das russische Reich. Schweden verlor somit ein Drittel seines Territoriums und ein Viertel seiner gesamten Bevölkerung.

Der russische Kaiser Alexander I. hatte plötzlich eine riesige unbekannte Region mit einer ihm völlig fremden protestantischen Bevölkerung unter seiner Herrschaft. Dabei vergaß er nicht, wie effektiv und wütend die Finnen den Partisanenkrieg während des Konflikts geführt hatten. Und so beschloss er, Finnland behutsam in den russischen Staat zu integrieren. Auf dem Reichstag in Porvoo im Frühjahr/Sommer 1809 wurde das autonome Großfürstentum Finnland ausgerufen. Die Finnen hatten unter schwedischer Herrschaft nie einen solchen Status gehabt. Die finnischen Stände durften ihre Religion und ihre Rechte behalten. Die schwedische Regierungsform aus dem Jahr 1772 mit ihrer Verfassung wurde dann als Verfassung Finnlands bestätigt.

Zar Alexander I. eröffnet den Reichstag in Porvoo im Jahr 1809

Im Jahr 1811 gab Alexander I. Finnland das Gebiet des Regierungsbezirks Wyborg an der Karelischen Landenge. Damit wurde jedoch eine „Zeitbombe“ gelegt, die über ein Jahrhundert später ihre volle Wucht entfaltete und zu mehreren brutalen sowjetisch-finnischen Konflikten führte.

Im folgenden Jahr wurde die Hauptstadt des Großfürstentums Finnlands von der wichtigsten finnischen Stadt Åbo (Turku) nach Helsinki verlegt. Gründe waren die kürzere Distanz zu St. Petersburg und der dadurch geringere schwedische Einfluss. 

Helsinki im Jahr 1867

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden dem finnischen Großfürstentum wichtige Privilegien gewährt, wie beispielsweise ein eigenes Währungssystem (die finnische Mark) und eine eigene Armee. Bald jedoch änderte sich die russische Staatspolitik gegenüber den Finnen vollständig: Es wurde eine große russische Nationalitätenpolitik eingeleitet, die die Macht der lokalen finnischen Behörden erheblich eingeschränkte und schließlich 1901 zur Auflösung der finnische Armee und zur Integration in die russischen Streitkräfte führte.

Finnische Mark

Die Unzufriedenheit Finnlands mit diesen Entwicklungen führte schließlich zur Teilnahme der Finnen an der Ersten Russischen Revolution von 1905-1907 und zwang Kaiser Nikolaus II zu Zugeständnissen. Finnland war 1906 das erste Land in Europa, in dem Frauen das Wahlrecht erhielten und in das neu gebildete Parlament gewählt wurden. Bei Weltsportveranstaltungen nahm Finnland unabhängig von Russland unter eigener Flagge teil.

Parlament von Finnland im Jahr 1907

Kurz nach der bolschewistischen Revolution in Russland erklärte das finnische Parlament die Unabhängigkeit. Lenins Regierung war die erste, die die Unabhängigkeit Finnlands anerkannte. Dies verhinderte jedoch nicht den bevorstehenden Konflikt beider Länder: Der Sieg der Weißen Garde über die Rote Garde (unterstützt von Sowjetrussland) im finnischen Bürgerkrieg trennte schließlich zwei Staaten voneinander.

Finnische Weiße Garde

Der letzte große Konflikt der zwei Länder ereignete sich während des Zweiten Weltkriegs. Es war Kaiser Alexanders Geschenk von 1811 an die Finnen, welches nun seine volle Sprengkraft entfalten sollte. Der Hauptstreitpunkt für den Krieg war die Karelische Landenge und Wyborg, einem wichtigen Verteidigungspunkt Leningrads (heute St. Petersburg). Nachdem die UdSSR es während des Winterkrieges erobert hatte, verbündete sich Finnland mit Hitler-Deutschland. Der Versuch seitens der Finnen es zurückzuerobern scheiterte jedoch. In der Nachkriegszeit beschlossen beide Länder, die früheren Konflikte hinter sich zu lassen und eine neue Zusammenarbeit aufzubauen. Infolgedessen wurde Finnland einer der freundlichsten Nachbarn der Sowjetunion (und später Russlands).

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