„Bei diesem Denkmal geht es nicht darum, unsere Geschichte zu erzählen, es geht nicht darum, sie anzuerkennen. Es ist ein Denkmal, ein Ehrenplatz für jemanden, der unsere Ehre nicht verdient“, sagte Dionne Yeidikoo'aa Brady-Howard vom Tlingit-Volk über die Statue des russischen Siedlers Alexander Baranow in der Stadt Sitka. Er war der erste Generaldirektor der Russisch-Amerikanischen Kompagnie und gründete die Stadt 1799 als Fort Saint Michael. Später wurde sie Neu-Archangelsk genannt.
Denkmal für Alexander Baranow
Legion MediaDie Statue, die 1989 (anlässlich des 190. Jahrestages von Sitka) von einer einheimischen Familie der Stadt gestiftet wurde, steht im Küstenpark von Sitka. Ende Juni 2020 baten Angehörige des lokalen Tlingit-Volkes die Stadt, das Denkmal zu versetzen.
Alexander Baranow war jedoch ein weitaus komplexerer Mann, als die heutigen Bewohner Alaskas wissen, und hatte sicherlich nicht die Art von bösem Willen oder die Absicht eines Genozids, wie vielleicht ein gewöhnlicher Kolonialist.
Neu-Archangelsk, 1851
Legion MediaAls Baranow 1780 nach Irkutsk in Ostsibirien kam, war er 34 Jahre alt. Alexander wurde in der nordrussischen Stadt Kargopol in eine Kaufmannsfamilie hineingeboren und war seit seiner Jugend selbst geschäftlich tätig. In Irkutsk kaufte er Immobilien und begann Expeditionen nach Alaska zu organisieren. Baranows Reisende segelten an die Küste Alaskas, wo sie Seeotter jagten. Diese waren wegen ihres außergewöhnlich dichten Fells, das im späten 18. Jahrhundert im russisch-chinesischen Handel eine teure Ware war, ein beliebtes Jagdziel. Die Erlöse waren außergewöhnlich.
Bald darauf wurde Baranow von Grigori Schelichow, dem Gründer der Schelichow-Golikow Kompagnie, die sich auf den Handel mit Seeotterpelz spezialisiert hatte, als Geschäftsführer eingestellt. 1790 übernahm Baranow den Posten.
Grigori Schelichow
Sammlung von M. KotscherowDie Firma beschäftigte in Alaska die Aleuten und die Alutiiq als Jäger. Das Fell wurde auf Handelsschiffen nach Russland transportiert. Die Ureinwohner wurden gezwungen für Schelichow zu arbeiten.
Schelichow war ein rücksichtsloser und grausamer Mann, dem jedes Mittel recht war, um seine Ziele zu erreichen. Um die Einheimischen zu unterwerfen, setzte er brutale Gewalt ein. So ermordeten Schelichows Schergen, 130 Mann bewaffnet mit Gewehren und Kanonen, beim Awa'uq-Massaker von 1784 mehrere hundert Alutiiq, darunter Frauen und Kinder. Er wollte ihr Land.
Nach dem Tod von Grigori Schelichow im Jahr 1795 wurde aus seiner Firma die Russisch-Amerikanische Kompagnie, ein riesiges Unternehmen, das den Handel mit Seeotterpelz der russischen Kaufleute in Alaska und den angrenzenden Gebieten konsolidierte.
Innerhalb eines Jahres arbeitete das Unternehmen hochprofitabel und sogar Mitglieder der russischen Herrscherfamilie wurden zu Aktionären. Alexander Baranow war der erste Geschäftsführer des Unternehmens. Er nannte sich „Pizarro Russlands“, aber er war kein Soldat. Ab 1790 kontrollierte Baranow den Bau von Forts und Dörfern im russischen Alaska und lud Schiffbauer ein, ihre Schiffe auf Kodiak Island zu bauen.
Baranow kontrollierte den Handel mit Seeotterpelz, die Tiere wurden zu Zehntausenden getötet. In Alaska heiratete er die Tochter eines Aleutenhäuptlings, die ihm mehrere Kinder gebar. 1799 gründete Baranow Sitka und nannte es Fort Saint Michael. 1802 griffen die Tlingit-Stämme das Fort an, töteten etwa 20 Russen, die es verteidigen wollten, machten einige Gefangene und forderten Lösegeld.
Baranow konnte das Fort erst 1804 mit Hilfe von Juri Lissjanski, einem Marineoffizier und Entdecker, der in Alaska Halt gemacht hatte, um Nachschub zu organisieren, zurückerobern. Baranow und Lissjanski hatten nach zwei Monaten Kampf endlich Erfolg.
Baranow war entschlossen, hier eine Stadt zu errichten und gab in einem Jahr acht Häuser in Neu-Archangelsk, wie er den Ort nun nannte, in Auftrag. Er schloss schließlich Frieden mit den Tlingit und übergab ihrem Häuptling ein massives russisches Wappen aus Kupfer.
Der Hafen von St. Paul auf der Insel Kodiak, die Hauptstadt des russischen Alaska, 1814
Getty ImagesDie Tlingit abzuwehren und die Aleuten zu regieren, waren nicht die einzigen Probleme Baranows. Er kämpfte auch gegen russische Robbenfell-Schmuggler.
Schwierigkeiten bereitete auch die Versorgung. Russische Schiffe liefen im dichten Nebel Alaskas oft an den Felsen auf, dabei gingen immer wieder wichtige Vorräte und Lebensmittel verloren. Baranow schickte den Seefahrer Iwan Kuskow nach Kalifornien, wo in der heutigen Bodega Bay Fort Ross gegründet wurde, das zum Brotkorb Alaskas wurde. Kalifornien hatte reiche Ernten und viele Rinder.
Sitka
Getty ImagesBereits 1798 bat Baranow um Entlassung. Zweimal sandte die Russisch-Amerikanische Kompagnie mögliche Nachfolger. Der erste, Iwan Koch, machte sich 1811 auf den Weg nach Alaska, starb jedoch unterwegs in Petropawlowsk. Auf ihn folgte Tertij Bornowolokow, der 1813 bei einem Schiffsunglück nur zehn Stunden vor Neu-Archangelsk ums Leben kam.
Erst 1817 wurde Baranow als Gouverneur in Alaska abgelöst, und zwar von Ludwig von Hagemeister. Nach der Inspektion fand Hagemeister keine Hinweise auf ein Fehlverhalten von Baranow, der das russische Alaska tatsächlich selbstlos regiert hatte.
Während seiner Zeit wuchs das Kapital der Russisch-Amerikanischen Kompagnie auf 4,5 Millionen Rubel. Baranow verließ Alaska fast in Lumpen. Das wertvollste, was er besaß war der russische Anna-Orden 2. Klasse, den er 1807 erhielt, für die „Abwehr der Angriffe der Tlingit“.
Im November 1818 verließ Baranow Alaska auf der „Suworow“ nach Russland. Im März machte das Schiff einen kurzen Halt auf der Insel Java, wo der damals 71-jährige Baranow erkrankte. Am 16. April 1818 starb Alexander Baranow an Bord des Schiffes und wurde auf See bestattet, ohne die Heimat wiedergesehen zu haben.
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