Was war so groß an Peter dem Großen?

Geschichte
GEORGI MANAJEW
Fünf Gründe, warum man sich bis heute an den ersten russischen Kaiser als herausragenden Staatsmann erinnert.
  1. Er schuf den russischen Adel und brachte ihn dazu, dem Staat zu dienen 

Ende des 17. Jahrhunderts befand sich der russische Staat in einer Krise. Einer der Gründe war, dass nur die Sprösslinge von Bojaren wieder Bojaren werden durften und hochrangige Positionen etwa eines Militärkommandanten oder hohe Zivilbeamtenposten einnehmen durften. Nicht immer waren diese Personen geeignet oder mutig genug. Peter machte dem ein Ende und das auf sehr harte Weise.

1698 ließ Zar Peter (1672-1725) mehrere Strelizen hinrichten. Sie gehörten zur Palastwache und hatten versucht, Peter zu stürzen. Zugleich wurden viele hochrangige Bojaren, die den Putschversuch unterstützt hatten, ihrer Ämter enthoben. Im Jahr 1701 erlaubte Peter Landbesitz nur noch denjenigen, die dem Staat dienten. Peter richtete regelmäßige Zusammenkünfte der Adeligen aus, so dass alle registriert wurden, die in der Armee oder in zivilen Einrichtungen dienen konnten.

Schließlich erhob er demonstrativ Bürgerliche, die sich beim Militär verdient gemacht hatten, in den Adelsstand. Peter hatte aus Europa die Titel Graf und Baron mitgebracht. Peter installierte den Erbadel und befahl, dass alle Adeligen ab ihrem 15. Lebensjahr dem Staat dienen müssten. So schuf Peter den neuen russischen Adel, der Russland im 18. Jahrhundert und darüber hinaus zu seiner Größe verhelfen sollte. 

  1. Er gründete St. Petersburg 

Die meisten der ehemaligen wohlhabenden Bojaren lebten in und um Moskau. Peter wollte eine neue Stadt für den neuen Adel, damit dieser miteinander konkurrieren, sich austauschen und ein soziales Netzwerk schaffen konnte. Gleichzeitig war ein Zugang Russlands zum Meer sehr wichtig, ebenso wie Handelsbeziehungen zu Europa. 

Mit der Gründung von St. Petersburg im Jahr 1703 entlang der Südküste des Finnischen Meerbusens konnten alle diese Ziele realisiert werden. Dennoch verlor die alte Hauptstadt Moskau nicht an Bedeutung. Dort wurden alle Zaren, die Peter nachfolgten, in der Mariä-Entschlafens-Kathedrale offiziell gekrönt. St. Petersburg war jedoch eine Stadt nach europäischem Vorbild, sowohl in der Architektur als auch in der Organisation.  

  1. Er schaffte eine Verbindung zwischen Russen und Europäern 

Peter war der Meinung, dass die Kontaktaufnahme zwischen Russen und Europäern leichter wäre, wenn die Russen sich dem europäischen Stil anpassen würden. Die russischen Kaufleute, Juristen und Studenten sollten in den europäischen Städten nicht durch ihre Kleidung auffallen. So befahl Peter, dass sie sich europäisch kleideten.  

In den Städten mussten die Männer eine Gebühr zahlen, wenn sie weiter einen Bart tragen wollten. Das galt für alle Bürger, ausgenommen waren nur Geistliche. Den Bürgern war es auch verboten, sich im traditionellen russischen Stil zu kleiden. 

Peter sorgte dafür, dass Russland mit Ausländern geradezu überschwemmt wurde. Er holte sie zum Arbeiten ins Land. Sie bauten Schiffe, dienten in der Armee, unterrichteten an den Universitäten, organisierten Fabriken und Mühlen. Zugleich schickte Peter viele Russen zum Studium ins Ausland. Er selbst studierte in Europa zwischen 1697 und 1698. Peter forderte damals außerdem den mächtigsten europäischen Staat dieser Zeit heraus: Schweden.

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  1. Er machte aus Russland eine europäische Militär-Supermacht 

Im Großen Nordischen Krieg (1700-1721) widersetzte sich Schweden einer Koalition, zu der Russland und die Personalunionen Polen-Sachsen und Dänemark-Norwegen gehörten. Der Konflikt drehte sich um die Kontrolle der Ostsee und ihrer Küsten. Russland wollte Ingermanland zurückhaben. Dieses Gebiet gehörte zu Beginn des 17. Jahrhunderts zum Moskauer Zarenreich. Als Peter an die Macht kam, hatte Russland nur Archangelsk am Weißen Meer als einzigen großen Handelshafen. Für die Entwicklung des Seehandels war der Zugang zur Ostsee von entscheidender Bedeutung.

Für Russland begann der Krieg mit einer verheerenden Niederlage in Narwa am 19. November 1700. Die Russen mussten sich ergeben und verloren ihre gesamte Artillerie an die Schweden. Diese Schlacht offenbarte die Ineffizienz der russischen Armee. Danach reformierte Peter das russische Militär grundlegend. Es gab andere Militärformationen, zeitgenössische Waffen und moderne Taktiken. Das alles wurde mit Unterstützung europäischer Kommandeure und Ingenieure umgesetzt. 

1704 nahmen die Russen schließlich Narwa ein. 1709 schlugen sie die Schweden in der Schlacht von Poltawa und 1714 besiegte Russland die schwedische Flotte in der Schlacht von Gangut. Es war der erste russische Sieg auf See. Der Krieg endete effektiv erst 1718 mit der Ermordung des Schwedenkönigs Karl XII. Formal wurde der Frieden zwischen Russland und Schweden durch den Vertrag von Nystad (1721) geschlossen, der die Gebietszugewinne Russlands im Ostseeraum endgültig festschrieb. Nach dem Sieg über Schweden erklärte sich Russland zum Russischen Reich und Peter nahm den Titel des Kaisers an.

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  1. Peter schuf eine umfassende Gesetzgebung  

Unter seiner Führung entstand ein neues Rechts- und Staatssystem. Die Regierung war jetzt in den Kollegien verkörpert, den Vorgängern der Ministerien. Der regierende Senat fungierte als höchste Justizbehörde (nach dem Kaiser). Die Autorität der russisch-orthodoxen Kirche unter Peter wurde dem Staat unterworfen. Die 1721 gegründete Allerheiligste Synode war die Laienregierung der Kirche. Peter schuf den Posten des Patriarchen ab. 

Peter gab zahlreiche Ukase (Erlasse) heraus, die sehr oft Details im täglichen Leben der Russen regelten. Er befahl russischen Frauen, ihre Zähne nicht mehr mit Ruß schwarz zu färben, brachte den Bürgern bei, ihren Müll an eigens dafür vorgesehenen Orten zu vergraben, ordnete an, dass bei der Ernte Sensen statt Sicheln genutzt wurden usw. Peter gestalteten den russischen Alltag nach seinen Vorstellungen um. Seine Reformen prägten Russland und blieben weitgehend bis 1917 in Kraft.