Goldjunge im Pelzmantel: Diego Maradonas unvergessene Reise nach Moskau 1990

Die Fußballlegende Diego Maradona hat Moskau mehrfach besucht. Bei seiner ersten Reise in die damalige UdSSR verpasste der Argentinier allerdings zunächst sein Flugzeug.

November 1990. Beim Europapokal der Landesmeister erwartete Spartak Moskau den SSC Neapel. In dessen Reihen galt die Aufmerksamkeit vor allem dem argentinischen Fußballer Diego Maradona, der seinem Club in der vorangegangenen Saison schon zum zweiten Mal die Landesmeisterschaft gesichert hatte. 

Diego Maradona im Hotel Berlin

Aber das Warten war vergeblich. Maradona stieg nicht aus dem Flugzeug. Sowjetische Reporter erfuhren kurz darauf, dass der Fußballer nach einer seiner berühmt-berüchtigten wilden Partynächte zu spät am Flughafen angekommen war und seinen Flieger verpasst hatte. Die Reaktion war eine Mischung aus Erleichterung auf Seiten von Spartak, dass dem Gegner der gefährlichste Spieler fehlte, und Bedauern, dass die sowjetischen Fußballer und Fans die Ball-Legende nun nicht persönlich kennenlernen konnten. 

Doch ein paar Stunden später gab es ein neues Gerücht: Maradona sei in einem Privatflugzeug auf dem Weg in die Sowjetunion. Und so war es tatsächlich.

Als bekannt wurde, dass er mit seiner Frau Claudia Villafañe im Hotel Berlin (heute bekannt als Savoy) übernachten würde, versammelte sich draußen eine Menge neugieriger Menschen. Es gab auch einige Reporter darunter und einen Fotojournalisten: Alexander Jakowlew von der Nachrichtenagentur „Tass“. Ihm gelang eine wirklich ungewöhnliche Aufnahme Maradonas. „El pibe de oro“ (spanisch für „Goldjunge“) startete in einen langen, dicken Pelzmantel gekleidet zu einer Tour durch Moskau. 

Sein Flugzeug war um 23 Uhr gelandet. Nach Moskauer Zeit würde in 18 Stunden das Spiel beginnen. Um 40 Minuten nach Mitternacht checkte Maradona im Hotel ein und bat darum, etwas zum Abendessen zu bekommen. Doch dieser Wunsch konnte ihm nicht erfüllt werden. Die Hotelküche war bereits geschlossen. 

Maradona war sehr enttäuscht und um ihn ein wenig zu trösten, wurde ihm eine exklusive Tour in einem Fahrzeug der Miliz, wie die Polizei damals hieß, durch die leeren Straßen des nächtlichen Moskau angeboten. Um 2:10 Uhr ging es los. Umgeben von Bewunderern und lächelnden Polizisten stieg Maradona in das Auto. 

Am nächsten Tag war der Jahrestag der Oktoberrevolution (7. November), und wie üblich, fand auf dem Roten Platz eine große Parade statt. Die Polizisten, die für den Fußballer gleich mehrfach gegen Vorschriften verstießen, zeigten Maradona auch den bereits gesperrten Roten Platz. 

Am Abend des 7. November sollte im Lenin-Stadion (heute Luschniki-Stadion) das Spiel zwischen Spartak und Neapel stattfinden. Neapels Trainer Albertino Bigon war in einer schwierigen Lage. Sollte er seinen Starkicker spielen lassen oder ihn wegen Verstoßes gegen die Verhaltensregeln vor einem Match bestrafen? Auch im Spartak-Team herrschte Verwirrung. Würde Maradona nach dem, was vorgefallen war, nun auf dem Platz auflaufen oder nicht?

Maradona fand sich zunächst auf der Ersatzbank wieder, weil er nicht mit der Mannschaft trainiert hatte. In der zweiten Halbzeit, zur 65. Minute, wurde er zur Freude der mehr als hunderttausend Fans, die trotz heftiger Schneefälle ins Lenin-Stadion gekommen waren, eingewechselt. 

Maradona spielte gut. Er hatte sogar einige Torchancen, konnte aber keinen Treffer landen. Beim Schlusspfiff stand das Spiel noch 0:0. Auch nach der Verlängerung war das der Spielstand, weshalb es zum Elfmeterschießen kam. Maradona verwandelte seinen Schuss sicher in ein Tor, dennoch reichte es am Ende nicht für einen Sieg des SSC Neapel gegen die sowjetische Mannschaft. 

Der Fotograf der Nachrichtenagentur „Tass“, der den Argentinier vor dem Hotel Berlin abgelichtet hatte, schoss an diesem Abend ein weiteres Foto, das ihm noch besser gefiel als das legendäre Pelzmantel-Bild. Er hatte genau in dem Moment auf den Auslöser gedrückt, als Spartak-Verteidiger Boris Posdnjakow einen sehr gefährlichen Angriff Maradonas abwehrte.  

An diesem Novemberabend endete Maradonas Teilnahme am Europapokal der Landesmeister mit Interviews mit sowjetischen Journalisten und Geschenken von den Spielern der gegnerischen Mannschaft Spartak Moskau. Alle standen in der Kabine Schlange, um Maradona die Hand zu schütteln und ihm ihre Anerkennung auszudrücken. 

Kurz darauf, im März 1991, nachdem der legendäre Fußballer positiv auf Kokain getestet und aus Neapel „geflohen“ war, endete auch seine Ära in Italien. Dreißig Jahre nach dieser verrückten Reise nach Moskau, starb Diego Armando Maradona am 25. November 2020. Als einer der besten Fußballer aller Zeiten wird der „Mann im Pelzmantel“ unvergessen bleiben.

Hier können Sie unserem Telegram-Kanal beitreten: t.me/rbth_deu

Aktivieren Sie die Push-Benachrichtigungen auf unserer Website!

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!