Stalins Tochter Swetlana Allilujewa sagte einmal, dass ihr allmächtiger Vater vor niemandem Angst hatte, außer vor seiner Mutter.
Jekaterina Geladzes Vater - ein Leibeigener, der einem georgischen Adligen gehörte - starb zum Zeitpunkt der Geburt seiner Tochter. Im Gegensatz zu den damaligen Gepflogenheiten sorgte Geladzes Mutter dafür, dass ihre Tochter das Lesen und Schreiben auf Georgisch lernte.
Die Mutter starb nach den Reformen zur Leibeigenschaft im Russischen Reich im Jahr 1861. Die junge Jekaterina Geladze zog in die Stadt Gori, wo sie Stalins Vater kennenlernte.
Jekaterina Geladze
Getty ImagesDas Waisenkind heiratete Besarion Dschugaschwili, einen örtlichen Schuster. Einige glauben, dass das Jahr ihrer Ehe durch die sowjetische Propaganda absichtlich geändert wurde, um die Braut älter erscheinen zu lassen, als sie wirklich war, da einige Quellen nahelegen, dass sie damals erst 16 Jahre alt gewesen sei.
Bald nach der Heirat überschattete eine Tragödie das Leben der jungen Familie. Das Ehepaar verlor zwei Monate nach der Geburt im Jahr 1875 sein erstes Kind. Das zweitgeborene Kind verstarb im Jahr darauf ebenfalls.
Im Dezember 1878 bekamen Keke, wie Stalins Mutter genannt wurde, und Besarion ihr drittes und letztes Kind, an das man sich als einen der mächtigsten und furchterregendsten Männer in der Geschichte der Menschheit erinnern würde.
Jekaterina Geladze und Besarion Dschugaschwili
Margeret Brook-White/МАММ/MDF; gemeinfreiJekaterinas Ehemann, der zuvor ein engagierter Kirchgänger war, konnte den Verlust der Kinder nicht verkraften und begann zu trinken. Es folgten unweigerlich Streitigkeiten über die Zukunft ihres einzigen Sohnes. Besarion wollte, dass er in seine Fußstapfen trat und Handwerker wurde, während Keke nichts mehr wünschte, als ihren Sohn Priester werden zu sehen, weil sie Priester als privilegierte Kaste in ihrer Heimat Georgien betrachtete.
Stalins Vater brach nach einem weiteren Skandal, der durch einen Streit über die Bildung ihres Sohnes verursacht wurde, mit der Familie. Besarion hielt Unterricht für Zeitverschwendung, während Keke überzeugt war, Bildung sei unerlässlich.
Jekaterina Geladze setzte sich durch und der junge Josef schrieb sich im September 1888 am Priesterseminar von Gori ein, wo er sich trotz gelegentlicher Disziplinarprobleme akademisch hervortat.
Als der junge Josef aus dem Seminar ausgeschlossen wurde, nahm er den Nachnamen „Stalin“ an und beteiligte sich an revolutionären Aktivitäten, wobei er den Kontakt zu seiner Mutter verlor. Stalin traf seine Mutter 1904 in Gori wieder, nachdem er aus dem sibirischen Exil geflohen war.
Parallel zu Stalins Aufstieg in die Reihen der bolschewistischen Führungskräfte wurde auch die Frage der Sicherheit und des Wohlergehens von Stalins Mutter zu einer wichtigen Frage im neuen bolschewistischen Staat.
Jekaterina Geladze zog in den Palast, in dem vor der Revolution der frühere russische Vizekönig im Kaukasus residierte. Die alte Dame nutzte dort jedoch nur ein winziges Zimmer.
Ihr Sohn, der Mitte der 1930er Jahre zu einer mächtigen und angsterregenden politischen Persönlichkeit geworden war, übertrug die Aufgabe, sich um seine Mutter zu kümmern, seinem berüchtigten Handlanger Lawrenti Beria. Der Mann, der als mörderischer Leiter der sowjetischen Geheimpolizei bekannt werden würde, nahm diese Aufgabe ernst und Stalins alternde Mutter wurde häufig schwer bewacht von Berias Männern in den Straßen der Stadt gesehen.
L-r: Jekaterina Geladze, Lawrenti Beria, Nestor Lakoba, Josef Stalin
ArchivfotoStalin hingegen beschränkte sich in der Beziehung zu seiner Mutter auf kurze und seltene Briefe, die mehr Telegrammen ähnelten, vermutlich weil er damit beschäftigt war, die Sowjetunion in seinen eisernen Griff zu bekommen.
Geladze konnte weder auf Russisch lesen noch schreiben, und ihr Sohn tat sich schwer, auf Georgisch zu schreiben, was die Kommunikation zwischen Mutter und Sohn noch weiter erschwerte.
Stalin besuchte seine Mutter 1921 persönlich und 1926 machte sie einen Gegenbesuch in Moskau. Die Stadt gefiel ihr nicht.
Der allmächtige Diktator der aufstrebenden Supermacht stattete seiner Mutter am 17. Oktober 1935 einen letzten Besuch ab. Dabei diskutierte die Familie über Stalins neuen Status. Als Geladze ihren Sohn fragte, was er beruflich mache, antwortete Stalin Berichten zufolge: „Mama, erinnerst du dich an unseren Zaren? Nun, ich bin so etwas wie der Zar.“ „Du wärst besser Priester geworden“, soll die alte Frau geantwortet haben. Ihre brüske Antwort gegenüber Stalin wäre für jeden anderen zur damaligen Zeit in der UdSSR gefährlich gewesen. Niemand außer ihr konnte es sich erlauben, dem gefürchteten Diktator gegenüber so ehrlich zu sein.
Jahre später sagte Stalins Tochter Swetlana Allilujewa, dass Stalin vor niemandem Angst hatte, außer vor seiner Mutter, die ihn als Kind durch körperliche Bestrafung disziplinierte.
Grabstein auf dem Grab von Jekaterina Geladze
Bogdanov-62 (CC BY-SA 4.0)Jekaterina Geladze starb am 4. Juni 1937 im Alter von etwa 80 Jahren an einer Lungenentzündung. Stalin verließ sein Büro nicht für die Zeremonie und sandte Beria als seinen Vertreter, um den Sarg zu tragen. Ein Kranz mit der Botschaft: „An eine liebe und geliebte Mutter, von Ihrem Sohn Josef Dschugaschwili (Stalin)“, geschrieben auf Georgisch und Russisch, war die Abschiedsbotschaft, die der Diktator seiner verstorbenen Mutter schickte.
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