Teure Wärme: Schuba, der russischste aller Mäntel

Boris Kustodijew; Iwan Kramskoi
Eine gute Schuba trotzt auch extrem kalten Temperaturen.

Das russische Wort „Schuba“ leitet sich angeblich vom arabischen „Jubba“ ab und bezeichnet einen langärmeligen Pelzmantel. In Russland ist das Tragen einer Schuba seit der Antike ein Zeichen von Reichtum, weil Pelz schon immer teuer war. Um eine nur knielange Schuba zu fertigen, brauchte ein Kürschner 50 bis 60 Marder- oder Silberfuchsfelle. Gewöhnliche Menschen trugen Mäntel aus Schaf- oder Kaninchenfell. Dies waren Tiere, die viel günstiger und leichter zu beschaffen waren als Marder, Silberfuchs oder Zobel.

In der Kiewer Rus und in den russischen Ländern im Allgemeinen wurde Pelz vor der mongolisch-tatarischen Invasion im 13. Jahrhundert als Zahlungsmittel genutzt. Bei Exporten in den Nahen Osten und nach Europa wurde Pelz gegen Silber und Gold getauscht. Das Edelmetall wurde in Russland für die Münzprägung verwendet. Nach der mongolisch-tatarischen Invasion zahlten einige russische Länder den geforderten Tribut in Fellen. In der Region Nowgorod erfüllte man diese Verpflichtung zum Beispiel durch schwarzen Zobel. 

Hochrangige mongolische Kommandeure verwendeten russische Pelze, um Schubas zu fertigen und trugen sie als Zeichen von Reichtum und Macht. Ihre Schubas wurden auf besondere Weise getragen. Eine Schuba wurde mit dem Fell nach innen getragen, um warmzuhalten. Außen war ebenfalls Pelz, damit präsentierte man seinen Wohlstand. Russische Fürsten und später auch die Bojaren kopierten diese Methode, um ihren Reichtum zu zeigen. Sogar die Kronen der russischen Zaren waren nach mongolischer Tradition mit Pelz verbrämt. 

Russische Fürsten, Bojaren und andere wohlhabende Persönlichkeiten pflegten jedoch die Gewohnheit, Schubas zu tragen, die lediglich ein Pelzfutter hatten. Sie waren in A-Linie geschnitten, hatten weite Ärmel und einen Pelzkragen. Auf der Außenseite bestanden diese Mäntel aus edlen Stoffen wie Brokat, Satin oder Samt und waren mit Gold und Edelsteinen bestickt. 

Wohlhabende Menschen trugen manchmal mehrere Schubas gleichzeitig - besonders zu festlichen Anlässen.

„Läusefabriken“ 

Peter der Große verbot im 18. Jahrhundert das Tragen von Schubas bei Hofe. Alle Höflinge, Beamten und Militärkommandanten mussten Kleidung im europäischen Stil tragen. Aber im Winter kehrten sie doch zu den guten alten Schubas zurück, aber ohne all die Verzierungen.  Sie wurden immer noch mit dem Fell nach innen getragen - nur einfache Leute trugen sie mit dem Fell nach außen, so wie wir es jetzt tun. Die zeitgenössischen Schubas im 18. und 19. Jahrhundert würden zu einem Kutscher oder einem Bauern passen.

Aber jeder, egal welcher Gesellschaftsschicht oder Konfession, litt unter den allgegenwärtigen Läusen. Charles François Masson, ein Franzose im russischen Dienst im späten 18. Jahrhundert, schrieb: „Wenn russische Damen zu einem Ball kommen, überlassen sie den Lakaien ihre prächtigen schwarz-braunen Pelzmäntel aus Polarfuchs, Hermelin, Marder und Zobel. Während sie auf ihre Herrin warten, legen sich die Lakaien auf diese Pelzmäntel. Wenn sich die Damen verabschieden, kleiden die Lakaien sie in kostbare Pelze, die von Parasiten befallen sind ...“.

Es gab für die Damen bestimmte Vorgaben zum Tragen von Pelz. Die Historikerin Julia Demidenko berichtet: „Es gab hierarchische Regeln für das Tragen von Pelzen - nicht nach Klassenzugehörigkeit, sondern nach Alter und sozialem Status. Frauen im höheren Alter trugen Zobel und junge Mädchen entweder Sibirisches Eichhörnchen oder Karakul-Schafspelz oder Kaninchen.“ Junge Mädchen mussten billigere Pelze tragen, auch wenn ihr Reichtum es ihnen erlaubte, Nerz und Zobel zu tragen – so war es Brauch. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es für Mädchen und Frauen zum Trend, Schubas mit dem Fell an der Außenseite zu tragen, um die Schönheit des Pelzes zu präsentieren. 

Schubas zu Sowjetzeiten 

In der Sowjetzeit änderte sich nicht viel: Eine anständige Schuba war für einen Sowjetbürger wirklich sehr teuer. Die für die Wirtschaft so wichtigen Pelzexporte wurden auch fortgesetzt: In den Jahren 1925/1926 betrug der Anteil von Fellen an den sowjetischen Exporten 89,6 Prozent.  Ab den 1930er Jahren wurde die Pelzproduktion vom Staat monopolisiert. Am 25. November 1939 verbot die Regierung die Produktion einzelner Pelze und den Handel mit Pelzen - um den Binnenhandel zu schützen.

Die Exporte - und die enormen Mengen an Pelzmänteln, die während des Zweiten Weltkriegs für die Rote Armee hergestellt wurden – hatten den Bestand an Pelztieren in Sowjetrussland massiv dezimiert. Noch in den 1960er Jahren war Naturfell Mangelware. Die Pelzproduzenten klagten, dass nur ein Drittel der an die Pelzfabriken gelieferten Felle von guter Qualität sei.

1958 setzte sich Nikita Chruschtschow aktiv für die Einführung von Kunstfell ein - eine Kunstfell-Schuba, die wie Lammfell aussah, kostete etwa 1.000 Rubel. Im Vergleich: Für eine echte Lammfell-Schuba musste man etwa 4.000 Rubel berappen. Das Gehalt einer Putzfrau lag damals bei rund 30 Rubel pro Monat, ein Verkäufer im Kaufhaus verdiente 100 Rubel pro Monat, ein hochqualifizierter Arbeiter konnte bis zu 200 Rubel verdienen. Für die meisten Menschen war eine Schuba daher nahezu unerschwinglich. 

Schubas aus Kunstpelz hatten jedoch einen großen Nachteil. Sie hielten nur halb so warm wie Naturfell. Das sowjetische Volk bevorzugte daher immer noch Naturfell, versuchte mit allen Mitteln, „natürliche“ Schubas, Hüte und Mäntel zu beschaffen, und verbrachte viel Zeit damit, sie zu pflegen und auszubessern.

>>> Gegen den internationalen Trend: Die Russinnen und ihre Pelzmäntel

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