Wie die russisch-orthodoxe Kirche die Rote Armee im Krieg gegen die Nazis unterstützte

Max Alpert/Sputnik
Orthodoxe Geistliche hatten unter dem sowjetischen Staat sehr zu leiden. Doch sie gehörten auch zu den ersten, die die Sowjetunion im zweiten Weltkrieg gegen die Nazis verteidigten.

Trotz der massiven Restriktionen durch den Staat, existierte die russisch-orthodoxe Kirche (ROC) zu Beginn des Zweiten Weltkriegs in der UdSSR noch. Jedoch innerlich gespalten und des früheren Einflusses beraubt, kämpfte sie ums Überleben. Selbst die Zusammenarbeit mit der Sowjetregierung garantierte den Geistlichen keinen Frieden - Kirchen wurden geschlossen, Priester verhaftet und in Lager geschickt.

Als deutsche Truppen 1941 in die UdSSR einmarschierten, stellte sich die russisch-orthodoxe Kirche im Krieg gegen die Nazis sofort auf die Seite des Staates. Die Priester beschränkten sich nicht nur auf moralische Unterstützung, sondern kämpften auch an der Front.

Frontdienst

Am Tag der Nazi-Invasion, dem 22. Juni 1941, wandte sich das de facto Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Sergius I., an die Gläubigen: „Dies ist nicht das erste Mal, dass das russische Volk solche Prüfungen und Leiden ertragen muss. Auch diesmal wird er mit Gottes Hilfe den faschistischen Feind in Staub verwandeln ... Die Kirche Christi segnet alle orthodoxen Christen, die die heiligen Grenzen unseres Vaterlandes verteidigen.“

Der Klerus motivierte die Menschen im Kampf gegen die Invasoren nicht nur durch Predigten, sondern auch durch Spendenaktionen für Verteidigungszwecke und um Soldaten der Roten Armee, Kranken und Verwundeten zu helfen. Sie unterstützten die Familien der an der Front getöteten Soldaten und die Waisenkinder, die während des Krieges alle ihre Angehörigen verloren hatten. Kirchen und Klöster wurden zu Lazaretten.

1943 appellierte Metropolit Sergius an Stalin, ein Sonderkonto bei der Staatsbank zu eröffnen, um Spenden für gepanzerte Fahrzeuge für die Rote Armee zu sammeln. Stalin gab seine Zustimmung und schickte sogar einen Dankesbrief.

Dank dieser Initiative der Kirche konnte das Panzerbataillon Dmitri Donskoi (benannt nach dem Moskauer Fürsten, der die Mongolen in der Schlacht von Kulikow 1380 besiegte) eingerichtet werden.

Viele kürzlich aus den Lagern entlassene Geistliche wurden an die Front gerufen, wo sie in den Reihen der Roten Armee kämpften. Andere beteiligten sich beim Grabenbau oder an der Organisation von Luftverteidigungen in der Nachhut. Viele von ihnen wurden für ihren Einsatz mit Medaillen ausgezeichnet.

Hinter feindlichen Linien

Durch die Öffnung von Kirchen in besetzten sowjetischen Gebieten versuchten die Deutschen, den Eindruck zu erwecken, dass das religiöse Leben wiederbelebt werde. Allerdings lief nur ein kleiner Teil der orthodoxen Geistlichen auf ihre Seite über. Die Mehrheit schloss sich der Widerstandsbewegung an.

„Nehmen Sie sich die Partisanen nicht nur als Vorbild und Ermutigung, sondern lassen Sie Ihnen auch unaufhörliche Fürsorge zuteilwerden. Denken Sie daran, dass jeder Dienst an den Partisanen ein Verdienst für das Vaterland und ein weiterer Schritt in Richtung unserer Befreiung von der faschistischen Gefangenschaft ist“, ermutigte Metropolit Sergius die Geistlichen hinter den feindlichen Linien an.

Priester forderten in ihren Predigten die Bewohner auf, sich den Nazis zu widersetzen. Sie weigerten sich, Gottesdienste zu Ehren der deutschen Armee abzuhalten, sammelten Informationen für die Partisanen und versorgten sie mit Essen, Kleidung und Unterkunft.

Pater Fjodor Puzanow.

Die mutigsten Priester schlossen sich den Partisanenabteilungen aktiv an. Sie hielten nicht nur Gottesdienste ab und spendeten den Soldaten die heilige Kommunion, sondern nahmen auch an Sabotageoperationen und militärischen Einsätzen teil. Viele wurden später mit der Medaille „Partisan des Großen Vaterländischen Krieges“ ausgezeichnet.

Die Deutschen bestraften die orthodoxen Geistlichen hart für die Unterstützung der Partisanen- und Untergrundbewegungen. Pater Nikolai Pischewitsch, der Prior der Kirche in Stary Selo in der Region Rivne in der Ukraine, wurde zusammen mit seiner Familie in seinem Haus lebendig verbrannt, weil er Partisanen und schwer verwundete Soldaten der Roten Armee aufgenommen und versorgt hatte.

Aussöhnung

Zu Beginn des Krieges erkannten die sowjetischen Behörden die Bedeutung der russisch-orthodoxen Kirche im Kampf gegen den Feind. Ab Juli 1941 veröffentlichten sowjetische Zeitungen positive Artikel über das religiöse Leben in der Sowjetunion.

Patriarch Sergius von Moskau.

Stalin unterstützte die teilweise Wiederbelebung der russisch-orthodoxen Kirche nicht nur zu moralischen Zwecken. Er wollte auch der deutschen Politik entgegenwirken, orthodoxe Geistliche anzulocken. Darüber hinaus erleichterten gute Beziehungen zwischen Staat und Kirche die Zusammenarbeit mit den Westmächten, die sich seit langem Sorgen um die Religionspolitik der UdSSR gemacht hatten.

Am 4. September 1943 fand ein historisches Treffen zwischen Stalin und Metropolit Sergius statt. Die Kirche erhielt die Erlaubnis, einen Patriarchen zu wählen (zu dem Sergius ordnungsgemäß wurde), Bildungseinrichtungen der russisch-orthodoxen Kirche entstanden, die Veröffentlichung religiöser Literatur wurde wieder gestattet, und es wurde ein Rat für Angelegenheiten der russisch-orthodoxen Kirche eingerichtet, ohne dessen Zustimmung die örtlichen Behörden keine Kultstätten schließen durften. Obwohl das religiöse Leben unter strenger staatlicher Kontrolle blieb, war dies ein großer Fortschritt für die Kirche.

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Dankbarkeit der sowjetischen Behörden gegenüber der russisch-orthodoxen Kirche für Ihre Engagement im Krieg war die Einladung an Patriarch Sergius und andere Kirchenoberen, am 24. Juni 1945 als Ehrengäste an der Siegesparade auf dem Roten Platz teilzunehmen.

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