Wer waren die drei ungewöhnlichsten Verbrecher im Russischen Reich?

Kira Lisitskaya (Photo: Karl Bulla Photo Atelier/Central State Archive of Film and Photo Documents of St. Petersburg)
Im alten Russland wurden aus seltsamen Motiven von ebenso seltsamen Kriminellen Verbrechen begangen. Und auch die Konsequenzen waren manchmal ungewöhnlich.

1 Der Davongekommene  

Der sowjetische Schauspieler Ewgeni Ewstigneew in der Rolle des Betrügers Korejko - einer Figur basierend auf Konstantin Korowko – im Film „Das goldene Kalb“ (1968)

Ein Mann namens Konstantin Korowko war einer der erfolgreichsten Betrüger in Russland. Wir kennen weder den Ort noch den Zeitpunkt seines Todes, ungewöhnlich für einen Mann, der Millionen gestohlen hat. Korowko wurde 1876 in eine Kosakenfamilie hineingeboren und erhielt eine ungewöhnlich gute Ausbildung. Er machte 1906 seinen Abschluss in Agronomie und Industrietechnologie. Sein Hauptinteresse bestand jedoch darin, Geld von Investoren zu sammeln und es nie zurückzugeben.

In den 1910er Jahren überredete er reiche Landbesitzer zu Investitionen in Kürschnereien, Salzminen oder Ölquellen im Nordkaukasus. Korowko beeindruckte seine potenziellen Geldgeber mit großartigen Bildern von Transportbehältern und Dampfern. Die von ihm beworbenen Unternehmen existierten nicht, aber Korowkos Büro in St. Petersburg war mit wunderschönen Eichentischen ausgestattet und seine Angestellten arbeiteten an Schweizer Schreibmaschinen - alles, um die Partner zu beeindrucken. Bis 1912 sammelte Korowko mehrere Millionen Rubel von verschiedenen Geldgebern. Das durchschnittliche Monatsgehalt lag damals bei lediglich 30 bis 40 Rubeln.

St. Petersburg, Newski-Prospekt: Dort hatte Korowko sein Hauptbüro

1912 wurde Korowko verhaftet - nachdem einer der Aktionäre zum angeblichen Standort einer Salzmine gereist war und dort nichts gefunden hatte. Das persönliche Bankkonto von Korowko war jedoch leer. Während der Jahre, in denen er seine Unternehmungen betrieben hatte, hatte er das Geld entweder ausgegeben oder versteckt. Vor Gericht beschuldigte Korowko seine Teilhaber, sie hätten ihn bei seinen Aktivitäten gestört, er sei immer noch dabei die Minen und Mühlen zu bauen, die sie finanziell unterstützt hätten. Da es Teilhaber waren, denen ebenso eine Verantwortung für den Verbleib des Geldes zugerechnet wurde, konnte Korowko nicht wegen Diebstahls verurteilt werden. Während des Prozesses verbrachte er zwei Jahre im Gefängnis.  

Nach der Revolution floh Konstantin Korowko aus Russland nach Rumänien und verschwand danach. Es gab Gerüchte, dass er später in Argentinien auftauchte, wo er Fleischhändler wurde.

2 Ein reumütiges Monster

Witold Gorski, 20. Dezember 1869

Witold Gorski hat eine ganze Familie getötet, weil er Geld brauchte. Einige der ungeheuerlichsten Morde im zaristischen Russland wurden am 1. März 1868 in Tambow von einem 18-jährigen Gymnasiasten begangen.

Gorski unterrichtete den 11-jährigen Sohn von Ivan Schemarin, einem wohlhabenden Tambower Kaufmann. Angezogen vom Reichtum der Familie, stahl er seinem Bekannten einen Revolver und bestellte bei einem Schmied eine schwere Eisenstange. Als Ivan Schemarin und seine Frau nicht zu Hause waren, erschlug Gorski brutal seinen Schüler, erschoss Ivan Schemarins Mutter, einen Bediensteten und ein Küchenmädchen. Als Schemarins Frau überraschend mit ihrem 4-jährigen Sohn und einem Hausmädchen nach Hause zurückkehrte, tötete Gorski sie ebenfalls und verließ das Gebäude, ohne Geld oder teuren Schmuck zu nehmen.

Das Schatzhaus in Tambow - ein rekonstruiertes Haus von Tschemarin, in dem der Mord passierte

Er wurde bald als der offensichtlichste Verdächtige festgenommen. Vor Gericht sagte Gorski, er habe nichts aus dem Haus genommen. Die Morde gestand er. Nachdem er zum Tode verurteilt worden war, legte Gorski Einspruch ein, in dem er erklärte, er habe den Mord zwar zum Zweck des Raubes begangen, aber „unter dem Einfluss von Reue und Bedauern für die Opfer des Verbrechens nichts von Schemarins Eigentum genommen“. Gorski führte auch „die extreme Armut seiner Familie“ als Motiv für den Massenmord an. Sein Einspruch wurde abgewiesen. Kaiser Alexander II. wandelte sein Todesurteil jedoch in eine Verurteilung zu lebenslanger Zwangsarbeit um.

Diese grausame Geschichte fand in der russischen Gesellschaft der damaligen Zeit große Beachtung und wird auch von den Romanfiguren Fjodor Dostojewskis in seinem Werk „Der Idiot“ mehrfach erwähnt. 

3 Eine Wahnsinnstat

Ein Friedhof der Altgläubigen mit Holzabdeckungen für Grabsteine, Ufer des Weißen Meeres, 1917

Viele Menschen in Russland standen der kaiserlichen Volkszählung von 1897 ablehnend gegenüber, insbesondere die ungebildeten Bauern. Es gab wilde Gerüchte, dass die Volkszählung durchgeführt wurde, um die Bauern umzusiedeln oder sie dazu zu bringen, mehr Steuern zu zahlen. Die Altgläubigen verurteilten die Volkszählung als „Geschäft des Antichristen“. Besonders besorgt waren sie darüber, dass jeder Person, die bei der Volkszählung erfasst wurde, eine Nummer zugewiesen werden sollte. Einige der fanatischsten Altgläubigen beschlossen daher, diese Welt zu verlassen.

Am 23. Dezember 1896 zelebrierten in der Region Tiraspol (heute Hauptstadt von Transnistrien) neun Altgläubige einen Bestattungsritus für sich, legten sich in ein Grab und warteten darauf, dass ihr Glaubensbruder Fjodor Kowaljow das Grab mit Ziegeln abdeckte. Seine Frau Anna mit zwei kleinen Töchtern lag ebenfalls im Grab. Es war ihr Wunsch, zu sterben. Vier Tage später begrub Kowaljow sechs weitere Personen, im Februar 1897 noch einmal vier, einschließlich seiner Schwester, und schließlich am 28. Februar 1897 erneut sechs Personen, darunter seine Mutter und seinen Bruder.

Russische Altgläubige

Kowaljow wurde im April 1897 verhaftet. Die Einzelheiten seines Verbrechens wurden nicht publik gemacht. Die Behörden wollten die Öffentlichkeit nicht auf die schreckliche Einfalt der Altgläubigen aufmerksam machen. 1898 befahl Kaiser Nikolaus II., Fjodor Kowaljow in ein russisch-orthodoxes Kloster in Susdal zu bringen, wo er unter strenger Beobachtung lebte. 1905 durfte Kowaljow das Kloster verlassen. Er heiratete wieder und hatte drei Söhne.

>>> „Feuertaufe“: Wie sich Russlands Altgläubige lebendig verbrannten

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