Von den Rurikiden zu den deutschen Romanows: Warum regierten so viele Nicht-Russen das Land?

Geschichte
GEORGI MANAJEW
Die Geschichte Russlands begann offiziell mit der Ankunft ausländischer Fürsten aus dem Norden, und der letzte russische Zar war deutscher Abstammung. Was waren die historischen Vorläufer dieser „Fremdherrschaft“?

Historiker sind sich einig, dass Rurik, der die Dynastie der Rurikiden begründete, kein Russe war. Er stammte von den Warägern ab. Diese waren eingeschworene bewaffnete Männerbünde, über die historisch nicht allzu viel bekannt ist.

Assimilation der Rurikiden

Wir können mit Sicherheit annehmen, dass die ersten Fürsten der russischen Länder aus dem Norden stammten. Sie trugen sogar skandinavische Namen – Igor, Oleg, Olga. Mit der Ankunft des 10. Jahrhunderts wurden sie jedoch assimiliert und wurden eins mit der russischen Bevölkerung.

Wladimir der Große, der Kiewer Fürst, der Russland taufte, war ein geborener Rurikide, Ruriks Urenkel. Er versuchte, dynastische Verbindungen mit dem Ausland aufzubauen. Um diese Mission zu erfüllen, arrangierte er die Heirat einiger seiner Töchter mit ausländischen Fürsten und Königen – obwohl wir aufgrund unzureichender historischer Quellen nicht genau sagen können, wie viele es waren. 

Seine Tochter Premislawa (gest. 1015) wurde zum Beispiel die Gemahlin des ungarischen Fürsten Ladislaus des Kahlen (997-1030), während Maria Dobroniega (1012-1087) die Frau von Kasimir I., genannt der Erneuerer, Herzog von Polen (1016- 1058), wurde.

Jedoch kehrte keine von Wladimirs Töchtern oder deren Nachkommen in die russischen Länder zurück.

Die Rurikiden regierten Russland bis zum frühen 17. Jahrhundert, als nach der Zeit der Wirren die Romanow-Dynastie den russischen Thron bestieg.

Peter der Große bringt frisches Blut in die Romanow-Dynastie

Zar Alexej Michailowitsch (1629-1676), der Vater von Peter dem Großen, war sehr streng in Fragen der Tradition, wenn es um dynastische Ehen ging. Er war nicht damit einverstanden, dass seine Töchter ausländische Prinzen heirateten, wahrscheinlich weil er nicht wollte, dass eine ausländische Dynastie Rechte auf den russischen Thron hat.

Im Gegensatz zu Alexei Michailowitsch benutzte sein Sohn Peter seine Töchter und Nichten als Spielfiguren in einem großen europäischen dynastischen Spiel. Es gelang ihm, die Ehe seiner Nichte Anna Ioannowna (1693-1740) mit Friedrich Wilhelm Herzog von Kurland (1692-1711) zu arrangieren, der leider kurz nach der Heirat starb, vielleicht wegen des starken Alkoholkonsums am russischen Hof. Anna und Friedrich Wilhelm hatten keine Kinder.

Inzwischen wurde die Tochter von Peter und seiner zweiten Frau Katharina (1684-1727), Anna (1708-1728), die noch vor Peters Heirat mit Katharina geboren wurde, die Frau von Karl Friedrich, Herzog von Holstein-Gottorp (1700-1739). Anna zog nach Kiel, der Hauptstadt des deutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein. Und obwohl sie jung starb, gebar sie nur drei Monate vor ihrem Tod Karl Peter Ulrich von Schleswig-Holstein-Gottorp (1728-1762), der unter dem Namen Peter III. den russische Thron besteigen sollte. 

Die deutschen Romanows

Elizabeth Petrowna (1709-1762), eine weitere von Peters und Katharinas Töchtern, war die letzte russische Herrscherin, bei der zumindest die Hälfte des Blutes russisch war (Katharina stammte aus Livland). Peter III., der ihr Nachfolger wurde, wurde von seiner Frau Katharina II. (1729-1796), geborene Sophie von Anhalt-Zerbst, gestürzt.

Der einzige Sohn von Peter III. und Katharina II., Paul I. von Russland (1754-1801), war zweimal verheiratet, beide Male mit deutschen Prinzessinnen. Seine erste Frau, Prinzessin Wilhelmina Louisa von Hessen-Darmstadt (1755-1776), starb nach einer Totgeburt, während seine zweite Gemahlin, Sophie Dorothea von Württemberg (1759-1828), nach der Annahme des russisch-orthodoxen Glaubens zu Maria Fjodorowna wurde. 

Alle Kinder von Paul und Maria, einschließlich Alexander (1777-1825) und Nikolaus (1796-1855), die russische Kaiser werden sollten, waren von Geburt an Deutsche. Alle ihre Nachkommen waren es auch. Denn im 19. Jahrhundert heirateten die russischen Kaiser keine russischen Prinzessinnen – für sie gab es einfach keine standesgemäße Entsprechung im dynastischen Sinne, und die Romanows des 19. Jahrhunderts hielten sich strikt an die in Russland etablierten Regeln der Thronfolge.

Diese Regeln besagten, dass russische Thronfolger nur Frauen heiraten durften, die ihnen im Status nahe oder gleichgestellt waren – und in Russland gab es keine anderen Dynastien, die mit den Romanows mithalten konnten. Sie hatten einfach keine andere Wahl, als europäische Prinzessinnen zu heiraten – vorzugsweise deutsche. Diese Verbindungen hatten sich seit Heirat von Peters Tochter Anna mit dem Herzog von Holstein-Gottorp bewährt. Dies führte schließlich dazu, dass die Romanows und das Haus Windsor (ehemals Haus Sachsen-Coburg und Gotha) eng miteinander verbunden wurden.

Ende des 19. Jahrhunderts sprachen russische Kaiser kaum Russisch: Alexander III. (1845-1894) sprach die Sprache mit starkem deutschen Akzent, während sein Sohn Nikolaus II. (1868-1918), der letzte russische Kaiser, es vorzog, in Englisch zu parlieren, sogar mit seiner Frau Alexandra Fjodorowna (1872-1918), geborene Prinzessin Alix von Hessen und bei Rhein.

Obwohl Nikolaus und Alexandra 1913 sich selbst und den gesamten russischen kaiserlichen Hof in traditionelle russische Kleidung kleideten - nach dem Vorbild der Gewänder des 17. Jahrhunderts, um den 300. Jahrestag der Romanow-Dynastie zu feiern – war dies kaum mehr als eine Scharade.

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