Die Vergangenheit auf Rädern: Historische Busse und Bahnen in Moskau

Geschichte
JULIA AFANASSENKO
Wie sahen Moskauer Straßenbahnen, Busse und Trolleybusse in früheren Zeiten aus?

Straßenbahnen 

„F“

Elektrische Straßenbahnen kamen 1899 in Moskau auf den Markt, doch das beliebteste der ersten Modelle wurde 1908 entwickelt. Es war das Modell „F“ („Fonarni“, zu Deutsch „mit der Laterne“"), ein in St. Petersburg hergestellter Triebwagen. Der Name kommt von einem speziellen Aufbau mit Glaselementen auf dem Dach. Er diente dazu, zusätzliches Licht von der Straße ins Wageninnere zu lassen, und wurde im Volksmund als „Laterne“ bezeichnet. Das Fahrgestell des „F“ war aus Holz mit einer Stahlverkleidung. Der Wagen hatte keine Türen, und die Fahrgäste stiegen oft ein und aus, während der Wagen mit minimaler Geschwindigkeit durch Kurven fuhr. Die „F“ wurde erst in den 1950er Jahren in Moskau ausgemustert.

„RVZ-6“

Dieses erfolgreiche Modell hatte sich in der gesamten UdSSR verbreitet und war jahrzehntelang im Einsatz, doch in Moskau galt es als sehr exotisch. Der Grund dafür war, dass man sich in der Hauptstadt für die „Tatra“-Straßenbahnen statt für dieses Modell entschieden hatte. „RVZ-6“ wurde in Riga in der Sowjetrepublik Lettland entwickelt. Ab 1960 wurde die Massenproduktion praktisch 30 Jahre lang fortgesetzt. Die „RVZ-6“ hatte eine leichte Karosserie, die aus zusammengenieteten Aluminiumblechen bestand. Außerdem verfügte sie über ein für Straßenbahnen ungewöhnliches Antriebssystem mit Pedalen. Da Moskau dieses Modell unterschätzte, wurde es dort nur 1960 bis 1966 eingesetzt, danach wurden alle acht Wagen nach Taschkent in der Sowjetrepublik Usbekistan abgegeben.

„Tatra T2“

Die „Tatra“-Straßenbahn wurde von einem amerikanischen Modell inspiriert und ab den 1950er Jahren in der Tschechoslowakei in Lizenz hergestellt. Eine modifizierte „Tatra T2“ erschien 1959 erstmals in Moskau. Es war der Beginn einer neuen Ära in der Geschichte der Moskauer Straßenbahn. Sie war viel komfortabler als alle anderen sowjetischen Modelle: Der Fahrer hatte einen bequemen Sitz, und der Wagen war mit federnden Rädern anstelle von Vollmetallrädern ausgestattet – die „Tatra T2“ fuhr ohne Lärm zu machen durch die Straßen. Alle Wagen dieser Modifikation verfügten außerdem über eine verbesserte Winterheizung. Die „Tatra T2“ wurde 1981 aus dem Verkehr gezogen und durch die nächste Generation, „Tatra T3“, ersetzt.

Busse

„AMO-4“

Die ersten Busse, die 1922-1924 in Moskau auftauchten, wurden aus England importiert, aber die sowjetischen Ingenieure entwarfen schnell ein lokales Modell. Es handelte sich um den „AMO-4“, benannt nach dem AMO-Werk („Automobilgesellschaft Moskau“). Der Name des Modells steht eigentlich auch für Fahrgestelle und hatte zwei Karosserievarianten. Die zweite hatte eine vierte Tür am Heck, so dass sie in einen Krankenwagen umgewandelt werden konnte. Das Fahrgestell wurde flexibler, so dass es auf dem holprigen Moskauer Straßenpflaster nicht so schnell verschlissen wurde. 

„ZIS-8“

In den 1930er Jahren wurde das AMO-Werk zu Ehren von Stalin umbenannt, so dass die neue gebräuchliche Abkürzung ZIS („Sawod imeni Stalina“, zu Deutsch „Stalin-Werk“) wurde.  Die Ingenieure entwarfen einen neuen Bus mit der Bezeichnung „ZIS-8“. Er basierte auf einem amerikanischen Busmodell, das erheblich verändert wurde. Die Konstruktion wurde vereinfacht und die vorderen Bremsen wurden zuverlässiger gemacht. Der „ZIS-8“ hatte ein kleines Fenster zur Anzeige der Liniennummer über der Windschutzscheibe. An den Seiten des Fensters befanden sich zwei Lampen, die den Farbcode der Strecke anzeigten, um sie von weitem erkennbar zu machen. Der „ZIS-8“ erwies sich als praktisch und einfach zu produzieren, so dass er auch in anderen Städten der UdSSR eingesetzt wurde.

„Ikarus-180“

Die „Ikarus“-Busse aus Ungarn waren in der UdSSR sehr beliebt. Sie kamen Ende der 1960er Jahre auf den Markt, aber nur die größten Modelle waren in Moskau im Einsatz. Einer von ihnen war der „Ikarus-180“ - der erste Ziehharmonikabus der Sowjetunion. Er hatte nur 37 Sitzplätze, konnte aber dank seiner zweiteiligen Konstruktion insgesamt 169 Fahrgäste befördern. Sein Dieselmotor war eine Sensation im Vergleich zu anderen sowjetischen Bussen mit benzinbetriebenen Motoren. 

Trolleybusse

„LK“

1933 gab es in Moskau die ersten Oberleitungsbusse. Das Modell wurde „LK“ genannt, nach Lasar Kaganowitsch, dem Mann, der die Idee hatte, Moskau mit elektrischen Verkehrsmitteln auszustatten. Der erste Oberleitungsbus der Hauptstadt hatte ein hölzernes, mit Metall überzogenes Fahrgestell. Er hatte zwei Türen, die vom Fahrer und vom Schaffner manuell geöffnet wurden. Es gab gepolsterte Sitze mit Heizungen und Gepäcknetzen. Die Fahrerkabine war jedoch nicht beheizt und das hölzerne Fahrgestell knarrte während der Fahrt fürchterlich. 

„YaTB-3“

Der 1939 erschienene „YaTB-3“ war das ungewöhnlichste der Moskauer Obus-Modelle, da er ein Doppeldecker war. Er war das sowjetische Gegenstück zu einem englischen Modell, das 1937 für die Hauptstadt der UdSSR gekauft worden war. Er bot Platz für 100 Personen. Alle Oberleitungsseile mussten einen Meter höher gelegt werden, und die Stromabnehmer der üblichen Modelle wurden oft tiefer gelegt. Der „YaTB-3“ war für große Fahrgäste unbequem, da die Decken sehr niedrig waren. Außerdem war es auf dem zweiten Deck nur möglich, sitzend zu fahren - zusätzliche stehende Fahrgäste konnten den Schwerpunkt verlagern, was die Standfestigkeit des Busses gefährdete. Die Zahl dieser Obusse ging immer mehr zurück, bis sie 1953 endgültig aus dem Verkehr gezogen wurden.    

„MTB-82“

Der „MTB-82“ erschien 1946 erstmals in Moskau. Er hatte ein universelles Fahrgestell, das als Trolleybus, Straßenbahn oder Bus eingesetzt werden konnte. Es war aus Aluminium gefertigt und mit demselben Metall verkleidet, so dass es nicht knarrte. Die Türen hatten einen pneumatischen Antrieb. Außerdem konnten alle Teile leicht repariert werden. Der „MTB-82“ konnte 100 Personen befördern . Doch seine Größe war ein Problem.  Er war breiter als alle anderen Obusse, so dass die Fahrer oft gegen vorbeifahrende Fahrzeuge und Laternenpfähle stießen. Bis 1972 war er in Betrieb.