Beim letzten Versuch die Nördliche Seeroute zu kartieren, stießen russische Forscher auf ein paar isolierte arktische Inseln. Als der Archipel schließlich kartiert wurde, galt er als die letzte geografische Entdeckung von großer Bedeutung.
Hunderte von Jahren träumten russische Entdecker davon, eine kürzere Route vom westlichen Teil Russlands in den Fernen Osten zu finden. Der neue Seeweg versprach, den extrem langen Seeweg über den Indischen Ozean zu verkürzen, erwies sich jedoch aufgrund der rauen Wetterbedingungen in der Arktis als äußerst schwierig zu kartieren.
Der Eisbrecher Vaigach, auf dem Koltschak 1909-1910 über die Südsee in die Arktis segelte.
GemeinfreiIm Jahr 1910 startete Russland eine wissenschaftliche Expedition zur Erschließung des Nördlichen Seewegs. Zwei Schiffe nahmen an dieser Reise teil.
Das erste Schiff war die „Waigatsch“, ein Eisbrecher, der 1909 speziell für diese beschwerliche Expedition gebaut worden war.
Russische Eisbrecher und Erkundungsschiffe Taimyr und Waigatsch beim Bekohlen des Emmahafens 1913.
GemeinfreiDas andere Schiff war ein 1.200 Tonnen schwerer eisbrechender Dampfer mit dem Namen „Taymyr“, benannt nach einer Halbinsel im hohen Norden Russlands. Beide Schiffe galten zum Zeitpunkt der Expedition als die stärksten Eisbrecher der Welt.
Die beiden Schiffe stachen 1910 in See, aber sie fuhren nicht von Anfang an den Nördlichen Seeweg entlang. Stattdessen reisten die Expeditionsmitglieder auf der langen Strecke von St. Petersburg über den Suezkanal und den Indischen Ozean nach Wladiwostok.
Erst als die Eisbrecher Wladiwostok erreichten, begannen sie, ihr Hauptziel zu verfolgen: die Erkundung der arktischen Küste Russlands, die Kartierung all dessen, was sie unterwegs entdeckten, und die Suche nach der dringend benötigten arktischen Passage, die vom Osten in den Westen Russlands führt.
Tschuktschen-Männer in Port Deschnew, die einen Umiak an den Strand bringen; im Hintergrund die Landzunge von Kap Deschnew.
GemeinfreiDie Expedition bewegte sich Schritt für Schritt nach Westen. Im ersten Jahr erreichten die Eisbrecher nur das Gebiet in der Nähe des tschuktschischen Dorfes Uelen, das an der südöstlichen Küste der Tschuktschensee in der Nähe von Kap Deschnjow liegt.
Als die Besatzungen einen Überblick über die Navigation in der Arktis hatten, wagten sie sich im folgenden Jahr noch weiter vor. Schließlich gelangten die Eisbrecher erst zur Mündung des Flusses Kolyma und später zur Mündung des Flusses Lena. Dies war das erste Mal in der Geschichte, dass Schiffe von Wladiwostok aus, die Mündung der Lena in die Laptewsee erreichen konnten.
Nach einigen Jahren in der Arktis drang die Expedition noch weiter nach Westen vor und stieß am 10. August 1913 auf bisher unerforschte Inseln.
Schema der Reise der Hydrographischen Expedition in den Arktischen Ozean im Jahr 1913.
GemeinfreiDie Expedition erkundete die Westküste die Laptewsee und wollte weiter nach Westen, doch der Weg war durch dickes, festes Eis versperrt. Auf der Suche nach einer freien Passage befahl der Expeditionsleiter den Schiffen, nach Norden zu steuern.
Hier erblickte die Mannschaft zum ersten Mal die Inselgruppe, die später als „Sewernaja Semlja“ („Nördliches Land“) bekannt werden sollte. Dies war die letzte große geografische Entdeckung in Russland.
Karte der arktischen Region mit den Schifffahrtswegen der Nordostpassage, der Nördlichen Seeroute und der Nordwestpassage sowie mit der Bathymetrie.
GemeinfreiÜber den unwirtlichen arktischen Inseln wurde die russische Flagge gehisst. Bald darauf erschien der Archipel zum ersten Mal auf Landkarten als „Kaiser-Nikolaus-II-Land“.
Hissen der russischen Flagge am Kap Berg (80°1'31" N 99°21'39" E) auf der Insel der Oktoberrevolution, Sewernaja Semlja, durch das Expeditionsteam von Boris Wilkitsky. Damals glaubte man, dass Sewernaja Semlja eine einzige Insel sei.
GemeinfreiAls die Bolschewiki in Russland an die Macht kamen, benannten sie die Inselgruppe in „Sewernaja Semlja“ um.
Boris Wilkizki, der Leiter der Expedition, war ein überzeugter Monarchist. Er floh nach der Russischen Revolution aus Russland und sprach sich gegen eine politisch motivierte Umbenennung der von ihm entdeckten Inselgruppe aus.
Boris Wilkizky.
Gemeinfrei„Die Jahre werden vergehen, die Schrecken der Revolution und des Bürgerkriegs werden vergessen sein, die Jahre der sowjetischen Sklaverei werden in der Geschichte verblassen; die Namen, die über die Weite Russlands verstreut sind, werden verschwinden, so wie die Straßen und Fabriken, die nach Trotzki benannt wurden; Leningrad wird den Namen von Peter dem Großen wiedererlangen, so wie andere Städte ihre historischen Namen wiedererlangen werden; das Land wird wieder den Namen des Zaren tragen, so wie es sich von Rechts wegen gehört“, schrieb Wilkizki aus dem Exil.
Doch der Name der letzten großen geografischen Entdeckung blieb „Sewernaja Semlja“.
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