1576 erteilte Iwan der Schreckliche die Erlaubnis für Deutsche, sich entlang dem Moskauer Fluss Jausa niederzulassen. Um die dort errichtete Michael-Kirche herum, wo heute die Radio-Straße nahe der U-Bahn-Station Baumanskaja verläuft, ließ er die deutsche Siedlung aufbauen.
Wegen fehlender Direktkontakte zwischen den Zaren und den deutschen Monarchen und seltener Besuche deutscher Delegationen aus dem Ausland waren Leibärzte, Künstler und Hofgesandte in Moskau die Hauptakteure der deutsch-russischen Diplomatie des 17. und 18. Jahrhunderts. In den 1670er Jahren waren in Russland mehr als 18.000 Zugereiste aus westlichen Staaten ansässig, die man wegen der ersten deutschen Ausländer pauschal „Deutsche“ nannte. 3.000 davon lebten in der deutschen Siedlung in Moskau und stammten aus verschiedenen Fürsten- und Herzogtümern.
1644 bekam der Hamburger Peter Marzelius und seine Kinder die Erlaubnis, entlang der Flüsse Scheksna, Kostroma, Вага und an anderen Orten Manufakturen zu bauen und die produzierten Waren zu vertreiben.
Ein anderer, der Lübecker Johann von Gohren, monopolisierte faktisch für eine Zeit lang den Waffenhandel mit Russland und verkaufte an Moskau rund 2.400 Musketen und mehr als 300 Geschütze. Was die Preußen angeht, gewährte man denen im damals größten Hafen Russlands Archangelsk freien Handel, der dann auf ganz Russland ausgeweitet wurde. Es gehörte selbstverständlich zum guten Ton auch bei den Diplomaten Grigorij Kotostschichin, Afanasij Ordin-Nastschokin, Andrej Kurbskij, Wassilij Golizyn sowohl den Teilnehmern der „Großen Gesandtschaft“ Franz Lefort, Fjodor Golowin und Prokopij Wosnizyn Freundschaft mit Deutschen zu pflegen, auch wenn Geschäftsleute damals die besseren Kontakte unterhielten.
Seit dem 18. Jahrhundert erweiterten sich jedoch die Beziehungen so sehr, dass die Mehrheit der russischen Monarchen entweder eine deutsche Cousine oder Nichte hatte. Der letzte russische Monarch Nikolai II. war zu 95 % Deutsche.
Ende Juli 1698 trafen sich in der heute ukrainischen Stadt Rawa-Ruska zwei große, kräftige, und ambitionierte junge Männer. Der 26-jährige russische Zar Peter und der 28 Jahre alte Kurfürst von Sachsen August der Starke schlossen ein Bündnis gegen Schweden und tauschten als Zeichen der Freundschaft ihre Hüte und Säbel. Genau diesen Säbel musste aber August sieben Jahre später an Karl XII. abgeben, als er Leipzig an die schwedische Armee verlor. Im Nordischen Krieg, 1700-1721, stärkte die fast 80.000-Mann große preußische Armee von Friedrich Wilhelm I. Russland den Rücken. Auch nach dem Ausstieg aus der Kriegskampagne blieb Friedrich Wilhelm treuer Freund von Peter und ein Heiratsvermittler für dessen Gefolge.
1711 heiratete Peters Sohn Alexej die Prinzessin Charlotte Braunschweig-Wolfenbüttel. Kurz davor wurde Anna Iwanowna, Zarin von 1731 bis 1741, die Frau des Herzogs Friedrich Wilhelm Kettler. Diese Heiratspolitik führte dazu, dass die russischen Herrscher des späten 18. Jahrhunderts in deutschen Ländern lebten und nach Russland zurückgebracht werden mussten.
Zar Peter III. und die spätere Zarin Katharina II. (gebürtige Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst), die ihre Kindheit auf deutschem Boden verbrachten, errichteten beim Reichstag des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation Botschaften und Konsulate in Lübeck, Kiel, Frankfurt, Augsburg, München und Leipzig. Friedrich II. handelte Hand in Hand mit Katharina bei der Aufteilung Polens und begrüßte Russlands Vermittlung im österreichisch-preußischen Konflikt um Bayern.
Die Frau von Nikolaus I., Alexandra Fjodorowna, war Wilhelm Friedrichs III. älteste Tochter Charlotte und Schwester des späteren Königs Friedrich Wilhelms IV., was nicht zuletzt die „freundliche Neutralität“ gegenüber Russland im Krimkrieg erklärt.
Wie stand Russland zur Gründung des Kaiserreichs Deutschland?
Im Januar 1871 sprach Reichskanzler Otto von Bismarck sich für die Schließung der Dardanellen für Militärschiffe aus, was das Schwarze Meer für Russland zum Binnenmeer werden ließ. Russland revanchierte sich, indem es gegenüber Preußen 1866 im Preußisch-Österreichischen Krieg und 1870/71 im Deutsch-Französischen Krieg Neutralität wahrte und so die Deutschen bei der Einigung unterstützte.
In diesen Verhandlungen waren zwei erstklassige Diplomaten federführend – Kanzler Otto von Bismarck und Kanzler Alexander Gortschakow.
Russland brauchte einen starken gleichberechtigten Partner. Die Realpolitik Bismarcks ist heute noch ein Begriff in der Diplomatie und basierte darauf, dass Deutschland das Gleichgewicht in den Beziehungen zwischen den europäischen Großmächten hielt.
Trotz der freundschaftlichen Beziehungen trafen die beiden Partner in zwei grausamen und verheerenden Kriege im 20. Jahrhundert aufeinander. Zweimal begann Deutschland den Krieg gegen Russland – ein Schock für das ungetrübte Verhältnis der beiden Staaten. Diese konnten Jahrzehnte später unter großem Aufwand und dank rücksichtsvoller Diplomatie zwischen der UdSSR und der BRD wiederhergestellt werden.