Warum wird diese Stadt die „südliche Hauptstadt“ Russlands genannt?

Geschichte
BORIS JEGOROW
Rostow am Don, eine der größten Städte des Landes, wird auch als „Tor zum Kaukasus“ und als „russisches Chicago“ bezeichnet.

In Russland gibt es neben Moskau die so genannte nördliche und südliche Hauptstadt. Niemand bezweifelt, dass es sich bei der ersten Stadt um St. Petersburg handelt, aber über die zweite gibt es keinen Konsens. Es gibt mehrere Städte, die sich um diesen ehrenvollen Titel bewerben. Die Mehrheit neigt jedoch immer noch eher dazu, Rostow am Don den Siegeslorbeer zuzugestehen.

Die Stadt liegt an den Ufern des Flusses Don, etwa 50 Kilometer vom Asowschen Meer entfernt. Heute zählt sie mehr als 1,1 Millionen Einwohner (damit übertrifft sie ihre nächsten Konkurrenten – Sotschi und Krasnodar). Außerdem ist Rostow am Don seit dem Jahr 2000 das Verwaltungszentrum des Südlichen Föderationskreises (das ganze Land ist in acht Föderationskreise unterteilt), zu dem drei Republiken, drei Regionen, das Gebiet Krasnodar und die Stadt föderaler Bedeutung Sewastopol gehören.

Die Geschichte der heutigen Großstadt Rostow am Don begann mit einer kleinen Grenzzollstelle, die 1749 durch einen Erlass der Zarin Elisabeth Petrowna an der Grenze zum Russischen Reich errichtet wurde. Zwölf Jahre später wurde hier mit dem Bau einer Festung begonnen, die nach dem Heiligen Demetrius von Rostow benannt wurde.

Die Gesamtlänge der Befestigungsanlagen der Zitadelle betrug 3,5 Kilometer. Zu verschiedenen Zeiten dienten hier die besten Befehlshaber der russischen Geschichte: Generalissimus Alexander Suworow, der nie eine Schlacht verlor, und der unbesiegte Admiral Fjodor Uschakow. Die Festung selbst war nie an militärischen Operationen beteiligt.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war eine ganze Stadt um die Festung herum gewachsen und wurde als Rostow bekannt. Aufgrund der Verwechslung mit dem altrussischen Rostow-Welikij, das im Norden Russlands liegt, wurde dem Namen der südlichen Stadt jedoch der Zusatz am Don hinzugefügt.

Die meisten Routen, die in die südlichen Regionen des Reiches führten, verliefen über Rostow am Don. Im Jahr 1875 wurde hier der größte Bahnhof der Region eröffnet, der als Tor des Kaukasus bekannt wurde. Bald wurden der Stadt selbst dieses Prädikat verliehen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Rostow am Don auch das russische Chicago genannt, weil es zu dieser Zeit zu einem der führenden Industriezentren des Reiches geworden war. In der Stadt waren etwa 140 Unternehmen tätig, von denen ein Drittel im Besitz ausländischen Kapitals war.

All diese Errungenschaften wurden durch den Bürgerkrieg, der 1917 in Russland ausbrach, zunichtegemacht. Während des blutigen Konflikts diente Rostow am Don lange Zeit als eine der wichtigsten Hochburgen der Weißen Bewegung. Erst im Frühjahr 1920 wurde die Stadt von der Roten Armee besetzt.

Während des Zweiten Weltkriegs wechselte Rostow am Don mehrmals die Seite. Am 21. November 1941 wurde die Stadt von Einheiten der deutschen 1. Panzerarmee eingenommen, aber am 29. November schlugen sowjetische Truppen den Feind aus der Stadt. Es war der erste große Sieg der Roten Armee in diesem Krieg.

Nach dem katastrophalen Scheitern der sowjetischen Offensive bei Charkow im Mai 1942 startete die Wehrmacht eine Großoffensive in Richtung Don, Wolga und Kaukasus und nahm die Stadt am 24. Juli wieder ein. Rostow am Don wurde erst nach dem sowjetischen Sieg bei Stalingrad am 14. Februar 1943 endgültig befreit.