Deutsche und andere Ausländer, die zur Gründung des Russischen Reiches beitrugen

Russia Beyond (Photo: Public domain; Fjodor Alexeew/Das Staatliche Historische Museum)
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts zerschlug Peter der Große das mächtige Schweden und führte Russland in den Kreis der europäischen Großmächte. Auch Ausländer leisteten ihm dabei Hilfe.
  1. Jacob Bruce / Jakow Brjus

Jakow Brjus.

„Der ehrlichste und gebildeteste Mann“, so urteilte Sir Charles Whitworth, britischer Botschafter in Russland, über Jacob (James) Bruce, einen der engsten Vertrauten von Zar Peter I. Als Nachfahre einer alten Dynastie schottischer Könige machte sich Bruce als Mathematiker, Astronom, Diplomat, Ingenieur und Übersetzer verdient.

Der Lebensschwerpunkt des Schotten lag jedoch im Bereich der Artillerie. Er stellte während des Großen Nordischen Krieges gegen Schweden (1700-1721) die gesamte Artillerie der russischen Armee unter sein Kommando und verhalf ihr zu einer ganz neuen Qualität.

Bruce entwickelte neue Waffentypen, verbesserte ihre Zuverlässigkeit, Kraft, Mobilität und Reichweite. Dabei verlor er eine angemessene Wartung und kompetente Ausbildung der Artilleristen nicht aus dem Blick.

Bereits 1702 gelang die Belagerung der schwedischen Festung Nöteborg, gefolgt von der Einnahme von Nyenskans, Dorpat und Narva. Das schlagkräftige Feuer der Artillerie von Bruce war einer der Schlüsselfaktoren für den Sieg der russischen Armee in der Schlacht von Poltawa im Jahr 1709, die für den weiteren Kriegsverlauf entscheidend war.

Zwölf Jahre später leitete Jacob Bruce zusammen mit Andrej Ostermanm die russische Delegation bei den Verhandlungen mit den Schweden in Nystadt. Gemäß den Bedingungen des Friedensvertrags erhielt Russland „einen vollständigen und absoluten Dauerbesitz“ von Ingermanland, Livland (Mittel- und Nordlettland), Estland und dem südöstlichen Teil Finnlands. Im selben Jahr 1721 wurde Peter I. zum Kaiser von ganz Russland ausgerufen.

  1. Georg Wilhelm Henning

Georg Wilhelm Henning.

Der 1697 nach Russland eingewanderte deutsche Ingenieur stellte sich in den Dienst des Kriegsgottes, der Artillerie. Er bildete die Artillerie in den Schlachten gegen die Schweden aus und war auch persönlich an der Einnahme von Wyborg und mehreren anderen schwedischen Festungen beteiligt. 

Zar Peter I., der Hennings herausragendes Organisationstalent erkannte, beauftragte ihn mit dem Bau von Geschütz- und Schießpulverfabriken in St. Petersburg und Karelien.

Zufrieden mit den Ergebnissen der geleisteten Arbeit schenkte der Autokrat Henning sein mit Diamanten verziertes Porträt und schickte ihn in den Ural, wo er die Industrie voranbringen sollte. Dort restaurierte und modernisierte der Deutsche nicht nur die Produktionsstätten, sondern baute innerhalb von zwölf Jahren neun neue Werke von Grund auf neu auf und beteiligte sich an der Gründung von so bedeutenden regionalen Zentren wie Perm und Jekaterinburg.

  1. Patrick Gordon

Patrick Gordon.

Als Gordon 1661 in den Dienst des Vaters von Peter I., Zar Alexei Michailowitsch, trat, war er bereits ein erfahrener Militär. Der Schotte hatte an mehreren Feldzügen unter polnischer und schwedischer Flagge teilgenommen.

Während der Machtkämpfe zwischen Prinzessin Sophia und Zarewitsch Peter im Jahr 1689 unterstützte der Kommandeur des 2. Moskauer (Butyrsky) Wahlregiments Gordon Letzteren nachdrücklich und sorgte so für einen unblutigen Sieg. Von da an genoss der Schotte das uneingeschränkte Vertrauen des künftigen russischen Zaren.

Peter träumte davon, eine schlagkräftige neue Armee zu schaffen, die in der Lage wäre, den Armeen der führenden europäischen Mächte die Stirn zu bieten, wofür Gordons Wissen und Erfahrung sehr nützlich waren. Als brillanter Militärexperte beriet er den Zaren nicht nur in militärischen Fragen, sondern bildete auch die nach westeuropäischem Vorbild gebildeten Semenovsky- und Preobrazhensky-Regimenter aus, die auf seine Anregung hin Garderegimenter genannt wurden.

Gordon selbst führte seine Truppen während der Asow-Feldzüge gegen die Türken in den Jahren 1695 und 1696 in die Schlacht, doch die wichtigste Schlacht, in der sich seine Truppen bewährten, sollte er nicht mehr erleben. Der „Taufpate“ der russischen Garde starb 1699 im Alter von vierundsechzig Jahren kurz vor Beginn des Großen Nordischen Krieges gegen Schweden.

  1. François Le Fort (Franz Lefort)

Franz Lefort.

Der Sohn eines Genfer Kaufmanns war einer der engsten Vertrauten und Freunde von Zar Peter I. Er teilte mit dem Autokraten die Vision eines europäisierten Russlands und unterstützte ihn aktiv in diesem Prozess.

Le Fort warb die besten militärischen und zivilen Fachkräfte Europas für den russischen Dienst an und erklärte ihnen, dass „uns die Gnade Gottes eine Regierung beschert hat, die Ausländern gegenüber so wohlwollend eingestellt ist, wie keine zuvor." Er war der Begründer der russischen Marine und einer neuen Armee nach europäischem Vorbild. Auf Wunsch des Zaren wurde Le Fort in den Rang eines Generals und Admirals erhoben.

Er starb plötzlich im Jahr 1699 im Alter von nur dreiundvierzig Jahren. „Er allein war mir treu. Auf wen kann ich mich jetzt noch verlassen?“, soll der zutiefst betrübte Peter angesichts des Todes seines Weggefährten geklagt haben. Heute ist einer der ältesten Stadtteile Moskaus – Lefortowo – nach dem Genfer benannt.

  1. Heinrich Johann Friedrich Ostermann

Heinrich Johann Friedrich Ostermann.

Der in Bochum geborene Heinrich Johann Friedrich (Andrej Iwanowitsch) Ostermann war ein außergewöhnlicher Mensch. Er beherrschte Deutsch, Niederländisch, Latein, Französisch und Italienisch sicher und erlernte die russische Sprache mit großer Leichtigkeit, als er 1704 in den Dienst von Peter I. berufen wurde.  

Ostermann stieg vom einfachen Dolmetscher für einen Botschaftsauftrag zum Leiter der russischen Delegation (zusammen mit Bruce) in den Friedensverhandlungen mit den Schweden in Nystadt im Jahr 1721 auf. Peter I., nach dem jahrelangen Krieg erschöpft, war zu weitreichenden Zugeständnissen bereit (u. a. zur Rückgabe des besetzten Wyborgs an den Feind). Ostermann jedoch setzte mit seiner Beharrlichkeit einen Friedensvertrag mit Schweden zu den für Russland günstigsten Bedingungen durch.

Der zufriedene Zar erhob Ostermann in den Grafenstand. Der Diplomat leistete Peter auch 1723 gute Dienste, als er ein äußerst lukratives Handelsabkommen mit Persien abschloss. Er beriet den Herrscher außerdem in der Innenpolitik.

Nach Peters Tod im Jahr 1725 bestimmte Ostermann weiterhin die Außenpolitik der Regierung und führte eine umfassende Reorganisation der Marine durch. Seine privilegierte Stellung verlor der Deutsche im Jahr 1740 mit dem Tod von Kaiserin Anna Iwanowna, die ihn begünstigt hatte.

Während der Herrschaft von Jelisaweta Petrowna wurde Ostermann des Hochverrats angeklagt und zur Hinrichtung durch das Rad verurteilt. Kurz vor der Hinrichtung wurde die Todesstrafe schließlich in eine Verbannung in den Ural umgewandelt, wo Ostermann fünf Jahre später, im Jahr 1747, starb.

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