Andrej Ostermann
Der gerissene und ehrgeizige Westfale Andrej Ostermann begann seine glanzvolle Karriere bereits unter Peter dem Großen, doch seinen Höhepunkt erreichte er nach Peters Tod, als zwei politische Fraktionen aufeinandertrafen. Die erste unterstützte Peter II., den jungen Enkel des Verstorbenen; die zweite, angeführt vom Günstling Peters I., Alexander Menschikow, setzte sich für die Ehefrau des Verstorbenen Katharina I. ein.
Menschikow gewann die Oberhand und übernahm praktisch die Regierungsgeschäfte. Er förderte Ostermann, der einst seinen anderen Gönner für ihn verraten hatte: Der Deutsche wurde zum Mitglied des Obersten Geheimen Rates (eines Gremiums, das für besonders wichtige Staatsangelegenheiten zuständig war) ernannt und schließlich Erzieher von Peter II. Nach dem Tod Katharinas I. trat der 11-jährige Peter dennoch das Erbe des Throns bei geleichzeitiger Regentschaft des Obersten Geheimen Rates an. Menschikow beabsichtigte, ihn mit seiner Tochter zu verheiraten, um seine Position zu stärken.
Die Beförderung des Karrieristen Ostermann erwies sich jedoch als Fehler. Sobald das Zerwürfnis mit Peter II. und die Krankheit Menschikows dies zuließen, entthronte der Westfale zusammen mit anderen Höflingen seinen Gönner und sorgte für dessen Verbannung nach Sibirien. Ostermann konnte seinen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte ausbauen, aber auch der Kampf um den Einfluss auf den jungen Peter II. spitzte sich zu. In dieser Situation zog der Deutsche es vor, als „Arbeitstier“ und „grauer Kardinal“ im Obersten Geheimen Rat zu bleiben.
Unter den Angehörigen des Hofes und der Diplomatie war der vorsichtige Ostermann für seine Fähigkeit bekannt, in heiklen Situationen Krankheit vorzutäuschen. Diese Taktik ermöglichte es ihm, während des nächsten Monarchenwechsels an der Macht zu bleiben. Als Peter II. den Folgen einer plötzlichen Erkrankung erlag, wählte der Oberste Geheime Rat einen neuen Erben. Er entschied sich für die „bequeme“ Nichte Peters I., die Herzogin von Kurland, Anna Iwanowna. Die Politiker wollten ihre Macht mit Hilfe eines Forderungskatalogs - der sogenannten „Konditionen“ - einschränken.
Ostermann war an der Ausarbeitung des Dokuments beteiligt, konnte sich aber der Unterschrift entziehen. Der Deutsche nahm die Rolle des Beobachters ein - und das aus gutem Grund: Die Kaiserin zerriss die Konditionen und errichtete damit ihre Alleinherrschaft. Ostermann, der zuvor mit ihr korrespondiert und sie möglicherweise heimlich in ihrem Machtkampf unterstützt hatte, erholte sich schließlich.
Ernst Johann Biron
Die Regierungszeit von Anna Iwanowna wird von einigen Historikern in Anspielung an die Machtstellung ihres „Lieblings“ Ernst Johann Biron als „Bironowschtschina“ bezeichnet. Er folgte der Zarin aus Kurland an den Hof und übte während der 10 Jahre ihrer Regentschaft einen großen Einfluss auf sie aus. Sie überhäufte ihren Günstling mit Ehrungen, und alle Dinge des Staates, so die Zeitgenossen, liefen durch seine Hände - während Anna Iwanowna selbst relativ wenig Interesse an ihnen hatte.
Der Historiker Klutschewski glaubte, dass die Zarin den Russen nicht traute und sich deshalb mit Ausländern umgab: „Die Deutschen strömten nach Russland, wie Abfall aus einem undichten Sack, klammerten sich an den Hof, belagerten den Thron, besetzten alle lohnenden Stellen in der Verwaltung.“ Manche Geschichtskundige halten jedoch die Erzählungen über die „Dominanz der Ausländer“ für unbegründet, da schon unter Peter I. fähige Leute aus dem Ausland nach Russland kamen.
Auch die Macht Birons ist umstritten: Manche Stimmen behaupten, die eigentliche Macht habe Ostermann und ein anderer Deutscher, Christofor Minich, besessen. Ostermann blieb dem Thron nahe: Er wurde in den Grafenstand erhoben und war praktisch für die Außenpolitik zuständig. Das Ministerkabinett wurde auf seinen Vorschlag hin und unter seiner ständigen Mitgliedschaft zum obersten Staatsorgan.
Als Anna Iwanowna jedoch von einer Krankheit heimgesucht wurde, setzte sie Biron als Vormund ihres Nachfolgers, des kleinen Iwan Antonowitsch, und somit als Reichsregenten ein. Zeitzeugen berichteten, dass er die Zarin förmlich darum anflehte, da er um seine Stellung nach ihrem Tod fürchtete - und das nicht zu Unrecht, wenn man bedenkt, wie viele Feinde er am Hof hatte.
Christofor Minich
Der Aufstieg des aus Oldenburg stammenden Ingenieurs Minich fiel in die Regierungszeit Peters des Großen. Unter seinem Enkel Peter II. wurde Minich zum Gouverneur und Statthalter von St. Petersburg ernannt. Er erwies sich als hervorragender Verwalter und leistete der Stadt, die zu dieser Zeit ihren Status als Hauptstadt eingebüßt hatte, auf jede erdenkliche Weise Unterstützung. Danach wurde er in den Grafenstand erhoben und Generalgouverneur von Ingermanlandia, Karelien und Finnland.
Unter Anna Iwanowna stand Minich Ostermann und Biron nahe und festigte seine Stellung am Hof. Der Deutsche wurde Generalfeldmarschall, leitete das Militärkollegium, führte mehrere Reformen in der Armee durch und erhielt als Befehlshaber und Teilnehmer an mehreren Kriegen eine Reihe von Auszeichnungen. Das „Triumvirat“ seiner Landsleute wurde jedoch schnell durch die ständige Rivalität um die Gunst der Zarin zersetzt, und die Deutschen begannen, Intrigen gegeneinander zu schmieden.
Nach dem Tod von Anna Iwanowna führte der beiderseitige Hass von Minich und Ostermann und ihr Neid auf Biron zu einem neuen Putsch. Nach nur wenigen Wochen führte Minich eine Verschwörung gegen den Regenten an, zerrte ihn nachts buchstäblich aus dem Bett und übergab die Macht an die Mutter des Thronfolgers Anna Leopoldowna. Ursprünglich zum Tode durch Vierteilen verurteilt, ging Biron in die ewige Verbannung nach Sibirien.
Minich selbst legte alle Ämter nieder. Laut dem Historiker Nikolai Pawlenko hielt er die neuen Machthaber für undankbar und trat zurück, in der Erwartung, dass Anna Leopoldowna ihn bitten würde, zu bleiben. Damit hatte er sich jedoch, da er nicht mit der Einmischung Ostermanns gerechnet hatte, verkalkuliert. So war der Westfale Ostermann das letzte Mitglied des Triumvirats, das seine Stellung im Machtgefüge des russischen Throns beibehielt.
Aber auch dies war nicht von langer Dauer: Etwas mehr als ein Jahr verging, und Elisabeth Petrowna, Tochter von Peter I. und Katharina I., kam an die Macht. Ostermann und Minich wurden vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde in beiden Fällen durch die Verbannung ersetzt.
Ironischerweise ging Ostermann nach Beresowo, wo seinerzeit Menschikow inhaftiert war, und Minich nach Pelym, wo Biron seine Strafe absaß, die er ihm zu verdanken hatte. Ostermann starb im Exil, während Biron und Minich schließlich rehabilitiert wurden. Letzterem gelang es sogar, an einem weiteren Staatsstreich teilzunehmen - allerdings stellte er sich auf die Seite von Peter III., der mutmaßlich einer Intrige seiner Gattin Katharina II. zum Opfer fiel.