5 Fakten über die Trennung zwischen der orthodoxen und der katholischen Kirche

Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche (Patriarch Kirill) trifft zum ersten Mal das Oberhaupt der katholischen Kirche (Papst Franziskus). Kuba, 2016

Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche (Patriarch Kirill) trifft zum ersten Mal das Oberhaupt der katholischen Kirche (Papst Franziskus). Kuba, 2016

Maurix/Gamma-Rapho via Getty Images
Die Trennung zwischen der Westkirche und der östlichen Orthodoxie liegt fast tausend Jahre zurück. Was war der Grund für diese Spaltung?

Als offizielles Datum des „Großen Schisma“ gilt das Jahr 1054. Der Streit zwischen dem westlichen Christentum, angeführt vom Papst, und dem östlichen Christentum unter dem Patriarchen von Konstantinopel begann jedoch schon früher. Zu dieser Zeit gab es christliche Kirchen nicht nur in Palästina, Rom (und fast ganz Europa), Griechenland und Byzanz, sondern auch in Armenien, Georgien, Ägypten, Syrien - und sogar in der alten Kiewer Rus. Man kann ahnen, wie unterschiedlich sie waren. Ost und West waren, was ihre Kulturen, Traditionen (und sogar das Klima) betraf, sehr weit voneinander entfernt und von unterschiedlichen Weltanschauungen und Lebensweisen geprägt. Sie verstanden einander nicht. Daraus entwickelte sich eine so erbitterte Konfrontation, dass die Kirchen sogar gegenseitige Kirchenbanne verhängten, die erst 1965 wieder aufgehoben wurden. Es ist offenkundig, dass die Differenzen zwischen den beiden Kirchen tiefe geistige und ideologische Wurzeln hatten, die theologisch bis heute nicht abschließend ergründet wurden.

Wir werden die formalen Widersprüche an der Oberfläche beschreiben.

1. Teilung des Römischen Reiches

Ein Fresko, das das Erste Konzil von Nicäa im Sixtinischen Salon des Vatikans darstellt.

Wie kam es überhaupt dazu, dass die christliche Kirche in eine westliche und eine östliche Kirche geteilt wurde? Die erste Antwort lautet: Die Teilung des Römischen Reiches war der erste Schritt in Richtung Kirchenspaltung. Zu Beginn des vierten Jahrhunderts beendete Kaiser Konstantin I. die Verfolgung der Christen und erlaubte ihnen die offizielle Ausübung ihres Glaubens. Er berief auch das erste ökumenische Bischofskonzil ein, auf dem das christliche Glaubensbekenntnis, dessen Kern die Wesensgleichheit von Gott dem Sohn, Gott dem Vater und dem Heiligen Geist ist, sowie die grundlegenden christlichen Kanons verabschiedet wurden.

Konstantin verlegte auch die Hauptstadt des Römischen Reiches nach Konstantinopel, um besser vor Angriffen der Barbaren auf Rom geschützt zu sein. Im Kampf um die Macht teilten die Nachkommen Konstantins das vereinigte Reich in ein Westreich mit Zentrum in Rom und ein Ostreich, dessen Zentrum Konstantinopel bildete. Byzanz bekam dann einen eigenen Bischof, der allerdings weiterhin dem Papst unterstellt war. Aber im V. Jahrhundert nahm der byzantinische Bischof den Titel des Ökumenischen Patriarchen an. Er erkannte zwar die Oberhoheit des Papstes an, betrachtete sich aber dennoch als unabhängig.

2. Anspruch des Papstes, Vorrang als Führer des Gesamtkirche zu haben

Nachdenklicher Kardinal, 1904.

Der Papst betrachtete sich als uneingeschränkter Hierarch der gesamten christlichen Kirche. Er leitete diesen Anspruch zum einen aus dem Primat von Rom, der ehemaligen Hauptstadt des Reiches, und zum anderen aus dem vermeintlich direkten Erbe des ersten Papstes, des Erzapostels Petrus, ab. Rom verstand seine Vorrangstellung jedoch nicht als Patriarch im Sinne eines „ersten unter Gleichen“, sondern wollte die einzige zentrale Leitungsinstanz sein. Nicht nur Konstantinopel, sondern auch die anderen Kirchen des Ostens - Antiochia, Jerusalem und Alexandria - lehnten dies prinzipiell ab. Sie erkannten den byzantinischen Ökumenischen Patriarchen an, wollten aber dem Papst nicht die Rolle des alleinigen Oberhaupts der gesamten Kirche zuweisen. So wurde beispielsweise die Kirche von Alexandria der Überlieferung nach vom Apostel Markus gegründet, und ihr Einfluss erstreckte sich auf ganz Ägypten. Gleichzeitig trug das Oberhaupt der Kirche den Titel des Papstes und des Patriarchen (und fungierte oft als Vermittler bei Streitigkeiten zwischen Rom und Konstantinopel).

3. Streit um den Heiligen Geist und das Brot für die Sakramente

Die Filioque-Lehre, aus dem Hochaltar der Kapelle Saint-Marcellin, Boulbon, Frankreich (Fragment).

Eine der ersten und wichtigsten theologischen Kontroversen betraf die Heilige Dreifaltigkeit. Der Selige Augustinus entwickelte als Theologe und Bischof in Nordafrika die „Filioque“ genannte Lehre, wonach der Heilige Geist aus Gott dem Vater und Gott dem Sohn hervorgeht. Diese Lehre wurde von der lateinischen Westkirche akzeptiert, von der Ostkirche jedoch abgelehnt. Denn nach der älteren biblischen Tradition stammt der Heilige Geist nur vom Vater (wie auch der Sohn). Die östlichen Hierarchen sahen in der Filioque eine Verzerrung des Neuen Testaments und eine Geringschätzung der Rolle des Heiligen Geistes. Daher vertrat die Orthodoxie den Anspruch, die korrektere Lehre („Orthodoxie“ bedeutet übersetzt „richtige Lehre“) zu sein.
Die Aufnahme der Filioque in das offizielle Glaubensbekenntnis durch Rom im frühen elften Jahrhundert gilt als eine der wichtigsten Ursachen für die Kirchenspaltung.

Darüber hinaus kam es zu verschiedenen liturgischen Kontroversen zwischen Ost und West - zum Beispiel darüber, welches Brot für das wichtigste Sakrament, die Eucharistie, verwendet werden sollte. Die Ostkirche bevorzugte gesäuertes Brot, die Westkirche ungesäuertes. Die östlichen Christen verurteilten den Gebrauch von ungesäuertem Brot - als Rückkehr zum Judentum. Dieses „tote“ Brot schien nur den Leib Christi zu bezeichnen, nicht aber seinen Geist.

4. Der Kampf um Ländereien und das „Große Schisma“

Pope Leo IX receives a message from the Emperor (Relic of the Holy Blood of Jesus from Weingarten Abbey).

Im Grunde genommen war die christliche Kirche nie vollständig geeint (oder nur in ihren ersten Anfängen). Die Uneinigkeit und die Auseinandersetzungen zwischen den Bischöfen von Rom und Konstantinopel ließen trotz der ökumenischen Konzile und der Versuche, die Kirche zu vereinen, nicht nach. Während man sich im Osten zu den Dogmen des ökumenischen Konzils bekannte, war Rom allen möglichen neuen Einflüssen ausgesetzt – unter anderem denen der Deutschen und Franken. So eroberten die Normannen Teile Süditaliens, das im Einflussbereich Konstantinopels gelegen hatte. Sie ersetzten die griechischen Kirchenriten durch lateinische.

Der byzantinische Patriarch Michael Kerularius in Konstantinopel reagierte darauf durch Schließung „lateinischer“ Kirchen, außerdem begannen die Vollstrecker des patriarchalen Willens, ungesäuertes Brot für die Gottesdienste (Hostien) zu vernichten. Kerularius wollte auch, dass der Papst den Patriarchen als gleichwertig anerkannte. 1054 weigerte sich Papst Leo IX. und schickte seine Gesandten nach Konstantinopel, um die Frage zu klären. Er übergab sogar ein gefälschtes Dokument, das belegen sollte, dass Kaiser Konstantin selbst dem Papst die ungeteilte Macht über die gesamte christliche Kirche übertragen hatte (der Papst rechnete auch mit byzantinischer Militärhilfe gegen die Normannen).

Der Patriarch erkannte die Fälschung und wies den Papst zurück, woraufhin die päpstlichen Gesandten gegenüber dem Patriarchen einen Kirchenbann aussprachen, worauf der Patriarch mit einem Kirchenbann in Bezug auf den Papst konterte...

5. Die alte Rus wählte das östliche Christentum

Die Taufe von Olga in Konstantinopel.

Fürstin Olga von Kiew gilt als die erste russische Herrscherin, die sich zum Christentum bekannte. Ihr Enkel Fürst Wladimir bekehrte 988 bereits ganz Russland zum Christentum. In den Chroniken wird detailliert beschrieben, wie er sich für seinen Glauben entschied und wie Gesandte der verschiedenen Religionen zu ihm kamen und ihn zu überreden versuchten, sich für ihren Gott zu entscheiden. Es kamen sowohl Gesandte des Papstes als auch „griechische Philosophen“ aus Konstantinopel. Und angeblich sagten Wladimir die liturgischen Regeln der ostchristlichen Kirche am meisten zu.

Höchstwahrscheinlich wollte sich Wladimir nicht dem alleinigen Einfluss des Papstes unterwerfen. Die Rus unterhielt mit Byzanz schon seit Langem vielfältige Beziehungen im Handel und in der Politik. Das byzantinische Christentum schien in dieser Hinsicht Vorteile zu bieten. Im Jahr 988 eroberte Wladimir das byzantinische Korsun (heute Chersones auf der Krim) und verlangte als Gegenleistung für den Frieden die Schwester des Kaisers, Zarewna Anna, zur Frau. Dieser stimmte, die Invasion Wladimirs in Konstantinopel fürchtend, zu, stellte aber die Bedingung, dass Wladimir sich zum Christentum bekenne. Wahrscheinlich verstand der Kaiser, dass es so möglich ist, den Nachbarn zu „zähmen“, der Byzanz schon wiederholt angegriffen hatte. Zusammen mit der Zarewna Anna kamen die byzantinischen Geistlichen und Kirchendiener in die Rus und begannen, die Russen zum Christentum zu bekehren, sie trieben die Alphabetisierung voran und lehrten das Gesetz Gottes.

Im Jahr 1054, dem Jahr der Trennung der beiden Kirchen, gab es in der Rus noch keine Autokephalie (kirchenrechtliche Unabhängigkeit der Nationalkirche) und nicht einmal eigene slawische Bischöfe. Diese waren alle Griechen, von Konstantinopel geschickt. Daher war die junge russische Kirche immer noch sehr abhängig von Ostrom - und verfolgte ihren eigenen Weg der „Orthodoxie“ weiter.

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